Die Basics sind durch - Taxi, Start, Platzrunde, Notfall, Landen. Das deckt eigentlich schon ziemlich viel ab, was man so braucht um ein Flugzeug zu beherrschen. Zeit also, das auch mal im tiefen Schwimmbecken und ohne Schwimmflügel zu beweisen. Der erste Alleinflug steht als Krönung dieser Stufe an.
07.11.18 Lektion 4.1 - 4.2
Es geht Schlag auf Schlag, den Wochenrhytmus bin ich mir schon gar nicht mehr gewohnt. Entsprechend komme ich auch ein bisschen in's Wirbeln mit Tagebuch ausfüllen ;-) Heute gab's nochmals Aufgewärmtes aus den letzten Lektionen. Also Volten (eigentlich ja "Platzrunden", denn "Volten" ist so die inoffizielle schweizerdeutsche Eigenbezeichnung dafür). Gespickt mit Engine Failures, Zero Flaps Landungen, Vollkreisen im Downwind, verlängerter/verkürzter Downwind. Alles in Vorbereitung auf den grossen Tag nächste Woche mit dem allfälligen ersten Alleinflug. Auf den komme ich am Schluss aber nochmals zu sprechen.
Zu Beginn war ich noch ein bisschen wackelig unterwegs, speziell was den Bereich "Base/Final" anbelangte (die letzte Kurve, bevor man die Piste vor sich sieht). Ich flog eine tendenziell zu lange Base (für einen Schüler) und musste dann jeweils zurück auf meine Ideallinie eilen. Wobei "eilen" nicht das richtige Wort war - ich liess mir zu viel Zeit und mein geometrisches Verständnis verwirrte den Fluglehrer. In Textform ist das schwierig zu beschreiben, darum wieder mal eine Grafik.
In rot ersichtlich ist die normale Platzrunde, wie sie auch ich fliegen sollte. In gelb sieht man meinen eigenen Weg - zu lange. Der Grund? Zu schnell in die Base geschossen, entsprechend zu langes warten, bis die max. Geschwindigkeit zum vollen Ausfahren der Flaps erreicht ist. Würde ja grundsätzlich kein Problem sein, aber wenn man da (wie ich) sehr dezent und gemütlich reagiert, wird ein Fluglehrer ein bisschen ungehalten. Ich bin dann halt doch erst spät wieder so richtig schön über dem Platz. Wer sich selbst aus der Base katapultiert hat, der soll seinen Bock so zügig und direkt wie möglich wieder ausbügeln (grün). Das hilft einem aber effektiv was - die Korrektur ist dann kurz und schmerzlos vorbei und man kann sich um den korrekten Gleitweg kümmern. Variante "Marco" bedingt stetiges korrigieren und beobachten - gerade bei einem Flugschüler eher nicht so sinnvoll, da hat man in dieser Flugphase eh schon genug um die Ohren.
Jetzt kommt jedoch noch ein "Aber": Die "alten Hasen" vom Flugplatz Mollis machen Ihre Base häufig ein bisschen länger. Voll bewusst. Und zwar aus Lärmschutzgründen. Die rote Linie pfeffert sich da nämlich schön über die Mattstrasse und deren Anwohner, wobei sich die "grosszügige" Variante an der Bahnlinie orientiert. Bei den Remos GX macht das aber keinen Unterschied - die sind so leise, dass das fast niemand mitbekomme (wobei das natürlich ein Pilot sagt, der jahrelang mit einem Jet unterwegs war). Irgendeiner wird sich sicherlich finden, der sich über den Fluglärm aufregen kann. Der kann dann ja eine Petition für den "Bühler'schen Base Extend" bei der Gemeinde oder wo auch immer einreichen.
Und irgendwo in diesen Touch-and-go Übungen ist es dann passiert: Die perfekte Landung. Ich hab so gut wie keine Korrekturen vom Meister neben mir bemerkt, da streiften die zarten Rädchen von Yankee Foxtrott sanft über den Boden und schmiegten sich sogleich dem Teer an. Das Vorderrad konnte sich der Symphonie aus Zuneigung und Physik nicht entziehen und gab sich der Kuschelei ebenfalls hin. Nur um Sekunden später wieder der Romanze entrissen zu werden. "Go.", Vollgas, "rotate." - vorbei der Moment. Nach zehn Sekunden entfuhr mir "Woooaaah, war das die geilste perfekte Landung seit ewig oder was?!" worauf der Fluglehrer lapidar sagte "Ja, die war wirklich super. Halt. Sie war gut. Geht sicher besser. Zu früh gelobt wird nicht.". War mir in dem Moment aber so egal, ich war wortwörtlich im Himmel.
Einen kurzen Schockmoment gab's dann noch bei einem "engine failure" kurz nach dem Start. Theoretisch in einer Höhe, in welcher ich gesagt/geplant hatte, den Flieger in die Linth oder auf ein Feld zu setzen. Völlig baff, dass wir den Motorausfall auf dieser Höhe (~180m über Boden) effektiv üben war dann meine enorm hilfreiche und fachkundige Aussage auch "äääh... und jetzt?!". Vor dem geistigen Auge sah ich schon die Eichhörnchen durch den Flieger huschen und Äste die mir im Bart hingen.
Um's gleich vorneweg zu nehmen: Nein, das Flugzeug haben wir nicht in's Wasser oder in die Botanik geschossen. Es hat noch gut gereicht eine Steilkurve zu "reissen" und wieder auf den Platz zurück zu kommen. Mir erschliesst sich bislang noch nicht so ganz der Sinn davon, einem Flugschüler bei zu bringen, wie er auf unterschiedlichen Höhen reagieren muss nur um's dann kurz darauf doch wieder anders zu machen. Vielleicht "es liegt noch viel mehr drin, als in den Sicherheitsmargen abgedeckt ist."? Dem Vater mit dem kleinen Spross auf dem Flugplatz hat's jedenfalls gefallen. Der hat uns auf unsere "Showeinlage" angesprochen und meinte, dass das schon sehr brutal ausgesehen hat und ob das ganze ein Notfall gewesen sei. Kann ich zwar nur von drinnen nachvollziehen, aber so wenig Himmel habe ich beim Landeanflug noch selten gesehen. Ich nehme aus dieser Einlage mit: Wenn man die Autonummern noch nicht lesen kann, reicht's noch um aus der Platzrunde auf den Platz zurückzukommen. Bis es dann halt mal nicht mehr reicht.
Das Debriefing klingt wie immer: Grundsätzlich gut, hier und da noch Luft nach oben. Wenn die Tagesform nächste Woche stimmt und der Checkflug zufriedenstellend ist, darf ich mal alleine los auf die Platzrunde. Falls jemand noch Nervosität haben möchte, einfach rasch bei mir anrufen - ich hab ca. 1.90m davon gratis abzugeben.
13.11.18, Lektion 4.3 - 4.4
Es wird nichts draus. Regen und Föhn ist zuviel für den ersten Soloflug. Oder für überhaupt einen Flug mit Teilnahme von mir. Wir verschieben auf Übermorgen.
15.11.18, Lektion 4.3 - 4.4
Ob ich ein bisschen nervös bin? Vielleicht...
0700 Wettercheck via Webcam: Alles noch Schwarz. Daneben mal noch kurz Airport NOTAM (alles grün), DABS (wenig Militär in der Nähe) und das Meteo-Wetter checken (die ganze Alpennordseite liegt im Nebel, nur ein Kanton wagt Widerstand zu leisten). Das kommt gut! Dann um 1025 die erlösende Nachricht via Whatsapp vom Fluglehrer: Die Webcam verspreche Gutes - 1315 Treffen beim Hangar. |
Und tatsächlich. Das Wetter hält, wir starten zu Flug 4.3 - der Checkflug, bei welchem ich unter kritischem Auge das Erlernte vorführe. Klappt auch ziemlich gut, mit Ausnahme der letzten ~20 Höhenmeter. Das geometrische Zusammenspiel von Aiming Point, Gate und Power Off will noch nicht so ganz recht. Entsprechend sind die Landungen dann nicht ganz so butterweich wie gewünscht. Aber immerhin kann ich die Procedures und Checks wie ein Mantra runter rasseln. Nach dem Ende von 4.3 meint der Meister dann, dass er nochmals dabei ist beim nächsten Flug. Na toll. Nix mit erstem Alleinflug. Nochmals zwei Touch and Go Landungen und bei der dritten wird's eigenartig. "Fahr mal raus zum Hangar, aber lass den Motor laufen." Es beginnt in mir zu kribbeln. Nervöse Blicke nach ersten Anzeichen eines sich lösenden Gurtes des Fluglehrers oder einer verräterischen Mimik. Nichts. Gut, zum Hangar rollen. Dann die Erlösung: "Ich steig aus, du bleibst drin und gehst jetzt alleine. Ok?" Kackt der Bär in den Wald? Ist der Papst katholisch? Gehört Nordirland zu Irland? Natürlich! "Ja klar, geil!". Eine mahnende Anmerkung noch zum Schluss "Aber auch wenn der Tank fast voll ist: Nur Platzrunden, gell?" "Mal schauen...".
Der Fluglehrer wechselt vom Flieger zum Auto, denn er will meine Landungen vom Touchdown Point aus begutachten. Ein kurzer Funktest (er bleibt weiterhin mit mir in Kontakt via Handfunkgerät) und los geht's. Wobei, nein, eigentlich nicht. Zuerst watschelt noch ein Fussgänger am Handy vor mir durch. Dann landet noch ein Heli. Genügend Zeit um mich zu beruhigen und nochmals die Procedures bis zum Start durchzugehen. *Landing Light für's Tax nicht vergessen.* *Funken nicht vergessen.* *Auf dem Backtrack dem Fluglehrer winken nicht vergessen, um cool zu wirken*. Gut alles klar, "Mollis Aerodrome, Hotel Bravo Whisky Yankee Foxtrott, ecoflight Hangar, Taxi to intersection Charlie.". Ich taxle 20 Meter gerade aus, melde dann artigst, dass ich nun an den Holdingpoint holpern werde. Keine Einsprachen. Keine Anmerkungen. Stille (mal abgesehen vom grossen Ventilator einen Meter vor meiner Nase). Ein mulmiges Gefühl beschleicht mich. Ist aber sofort wieder weg, denn ich kann Krähen anmeckern, die Nüsse vor meinen Flieger werfen. Die Checks am Holding Point mache ich so gewissenhaft wie lange nicht mehr, jedes Schalterchen bekommt einen mahnenden Blick von mir. Und jede Zahl auf dem Display wird ermahnt, korrekt zu sein. Auflinieren, durchatmen, Power rein, ab geht's.
Beim Rest passiert eigentlich nichts Neues - soll ja auch nicht. Beim zweiten Go Around kreuzt dann zwar noch ein Vogel meine Flugbahn, aber dem weiche ich gekonnt aus. Auch der incoming traffic (ein Hubschrauber aus dem Klöntal) weicht mir brav aus, meldet gar, dass er mich gesehen hat (was ich von mir nicht behaupten kann, da er die Sonne im Rücken hatte). Die Landungen gehen recht gut von der Hand, auch wenn man merkt, dass ich noch einiges zu lernen habe. Aber hey, every landing that you can walk away from is a good landing :-).
Böse Zungen behaupten übrigens, dass ich gefilmt habe während dem Flug und dass man dabei sieht, dass ich 100 Fuss zu hoch geflogen bin. Alles erstunken und erlogen. Fake News. Aber der Fluglehrer hat meine erste Landung auf Video festgehalten. So unspektakulär die auch aussieht - das erste Mal bleibt einem in Erinnerung.
14.12.18, Lektion 4.5
Heute steht lediglich eine Lektion an - wird ja dank dem Glärnisch und Wiggis sonst schon schnell dunkel, aber im Winter ist's nochmals ne Spur früher. Um 1305 steh ich also im Hangar und fädle meine dick eingepackten 1,87cm durch ein Labyrinth aus Flügeln und Propellern vorbei in den Bürocontainer/Cafeteria/Administrationshöhle im "ersten Stock" - dieser Raum ist alles in einem, kann aber wenig (vom IT-Standpunkt aus) und bietet ebensowenig Platz. Aber zum hinsetzen, palavern und briefen reicht es allemal. Und wer gelenkig ist, kann sich sogar noch einen Kaffee machen. Ich jammere hier also eigentlich auf hohem Niveau, aber da mittlerweile offenbar nun doch der ein oder andere mitliest der's kennt, wollte ich schon zu Beginn fesselnd berichten.
Die heutige Lektion hat die Festigung des Erlernten zum Ziel. Das bedeutet eigentlich wieder Soloflug, aber da seit meinem ersten Soloflug doch schon wieder ein Monat vergangen ist, macht's Sinn, dass der Fluglehrer nochmals mitkommt und Qualitätskontrolle betreibt. Die Pause von einem Monat liegt an der Abwesenheit meines Fluglehrers, da er Militärpiloten im Simulator zeigen musste, wie man eine Challenger (Nein, nicht das Space Shuttle. So einen hier) fliegt. Wobei das ja eigentlich nur ~2 Wochen gedauert hätte, aber er musste sich danach noch eine Plombe ausbeissen und so fiel dann der Termin auch in's Wasser. An dieser Stelle muss ich allerdings kurz eine Pause einsetzen und dem guten Herr Fluglehrer den Rücken stärken. Seinen Schilderungen zufolge lesen seine Söhne hier auch mit und nehmen meine Texte als Basis für schändliche Anschuldigungen gegenüber ihm - gut, offenbar bestätige ich hier nur das, was er zu hause eh immer unterstellt bekommt. Aber da ich ja irgendwie ein bisschen von seiner Gunst abhänge: Söhne! Es ist ein reumütiges "Sorry" fällig. Ganz nebenbei, das kommt im Dezember sowieso immer gut an ;-) Und falls irgendwer bis hierhin das Gefühl bekommen haben sollte, dass mein flugtechnischer Meister Yoda in irgendeiner Weise nicht hochkarätig sein sollte, so kann ich nur sagen, dass dieser Eindruck in keinster Weise stimmt. So, genug Lobhudelei für heute - back to flying business.
Ich entstöpsle Yankee Foxtrott von der Standheizung (tolle Sache, wenn man denn gerne auf dem Boden herumrutscht und schwarze Finger cool findet), welche bewirkt, dass das Öl schon von Anfang an schön flutscht und nicht erst auf Betriebstemperatur kommen muss. Ökologisch sinnvoll und zeitsparend - normalerweise gibt's diese Kombo eher selten. Weil's im Hangar, im Vergleich zu draussen, schön muckelig warm ist (gefühlte 9°C), mache ich die Checks an Ort und Stelle und spendiere noch einen Dezi Öl. Getankt wird dann aber an der frischen Luft (auch damit Yankee Foxtrott durchlüften kann - irgendwo leckt da eine Benzinleitung, denn er/sie riecht immer wie ein Kanister Bleifrei).
Draussen steht schon Publikum bereit, allerdings nicht für mich. Vier Herren betrachten einen schwebenden Lärmmacher (neudeutsch: Hubschrauber), alle in Jacken mit der Aufschrift "PILOT" auf dem Rücken. Joa, das muss dann halt schon sein. Der Pöbel soll ruhig wissen, gegen wen er ggf. seine Stimme zu erheben gedenkt. In üblicher Marco-Manier wird um das Flugzeug herumgeschlurft, der Tankdeckel geöffnet und der Fluglehrer fängt mit der Betankung an. Auf dem Weg zum Tankfass nicke ich den Herren wohlwollend zu, doch aufgrund fehlender Aufschrift auf dem Rücken erkennt man mich nicht als stammeszugehörig an. Lag vielleicht aber auch an meiner ausgesprochenen Schlurfigkeit und meinem "Kufiya" (besser bekannt als "Arafat-Schal", "Küchentuch", "Hippie-Lumpen" usw.). Man verschone mich bitte mit Belehrungen über die Kombination eines solchen Schals mit einem Bart und dem Wunsch ein Flugzeug zu befehligen.
Es geht also los und ich mache mich nicht mal schlecht. Am Anfang noch ein bisschen holprig, aber gegen Ende immer besser. Der seit Tagen geübte "engine failure" hat der Fluglehrer natürlich auch eingebaut und anstatt einem "Ha! Ich hab's gewusst, dass du das machst!" murmle ich "engine failure - fuel valve open, fuel pump on, carb heat on, ignition." - für den Unwissenden: Das widerspiegelt das korrekte Verhalten, wenn der Propeller aufhört sich zu drehen. Da wir eh simulieren, simulieren wir den Worst-Case, der Prop springt also nicht mehr an. Ich ziehe Yankee Foxtrott also im zweiten Drittel des Downwinds nach links und merke schon bald, dass eigentlich beinahe eine komplette Platzrunde drin gewesen wäre und ich ein bisschen gar früh den rettenden Flugplatz angesteuert habe. Aber hey, lieber zu früh dort als zu spät. Nach drei Touch and Go Landungen folgt eine komplette (bei welcher ein Graureiher und ich zur selben Zeit am selben Ort sein wollten - ich hab mich aber durchgesetzt) und wir machen das Debriefing. Aufgrund einer guten Steigerung über den Verlauf der letzten halben Stunde darf ich nun noch sechs Landungen alleine hinlegen. Das altbekannte Grinsen kommt wieder hervor, genau wie auch das "Äh... echt jetzt? Nur ich alleine? Muss das nicht per Lautsprecher, Sirenen und Feuerwerk all den allenfalls Gefährdeten mitgeteilt werden?". Nix da, ich kann das. Ich zuckele also los, mache meine Checks und fühle schon fast ein bisschen den Hochmut den man wohl spürt, wenn man eine Jacke mit Berufsbezeichnung auf dem Rücken trägt.
Drei von fünf Platzrunden sind wie aus der Theorie, bei zweien baue ich meinen persönlichen Flavor ein. Bei einer lausche ich dem Funkspruch eines Helikopters über Schwanden zu lange und vollführe deshalb in der Base den "Bühler'schen Base Extend" (vgl. 07.11.18 Lektion 4.1 - 4.2) und bei einer anderen komme ich zügig in den Final und rumple den Flieger einen Hauch zu archaisch in den Boden. Letzteres hat der Fluglehrer bemerkt und mahnt via Funk zur Besserung, was ich - ohne den Funkknopf gedrückt zu halten - mit "Ja, hani dängg au gschnallt. Bi ja drbi gsi..." quittiere. Offiziell tönte es: "Verstandä, Yankee Foxtrott".
Das Debriefing klang dann recht gut - den Monat Pause merkt man, aber die Steigerung während der Lektion ebenso. Ich attestiere mir dasselbe, verschreibe mir Übung und gelobe mehr Feinfühligkeit mit dem Flugzeug. Danach folgt noch ein Ausblick auf die kommenden Lektionen (der Jahresabschluss folgt am Dienstag, sofern das Wetter mitspielt, mit dem vorläufig letzten Soloflug). Danach gibt's wieder mehr traute Zweisamkeit, es stehen Überlandflüge an. Da kommt ungleich mehr Planungsaufwand in's Spiel, aber das tönt trotzdem spannend. Endlich mal wieder was anderes als Rechtecke über Netstal zu fliegen.
Und ich hab mir dann auch noch gleich ein Weihnachtsgeschenk gegönnt. Im Frühling werde ich mit dem Fluglehrer die Gletscherfliegerei erschnuppern. Das dann natürlich nicht mit den Remos GX sondern mit der roten Piper Cub, welche mit Schneeschuhen ausgestattet ist. Macht auch für das Tagebuch Sinn, damit die anderen Bereiche nicht komplett verwaisen.
18.12.18 Lektion 4.6
Heute stand der Jahresabschluss an. Der vorläufig letzte Alleinflug, der letzte in diesem Jahr und obendrein der letzte von Kapitel 4 - ich bin ein Freund von sauberen Abschlüssen. Und trotz eigentlichem "Es darf möglichst nichts neues geben, damit das bereits bekannte gefestigt wird" gab's zwei grosse Änderungen. Zum einen hat's im Glarnerland geschneit und zum anderen hat der Wind gedreht. Letzteres bedeutet, dass nicht mehr gegen den Uhrzeigersinn geplatzrundet wird, sondern mit dem Uhrzeigersinn. Entsprechend gibt's die Ouvertüre wieder mit dem Fluglehrer, was erneut einstimmig beschlossen wird (bei 0 Enthaltungen).
Der Schnee bzw. die 5 cm die davon noch auf den Wiesen und an den Pistenrändern liegen sehen hübsch aus und geben dem ganzen Winterflug einen würdigen Rahmen. Der Holdingpoint ist zwar nur sehr rudimentär freigeräumt, aber dank fachkundigem Zirkeln vom Fluglehrer können wir den Flieger gut wenden. Los geht's also auf Piste 19, "Hotel Yankee Foxtrott, Lineup and Takeoff Runway One Niner for Circuits".
Coole Sache, mal alle Gebäude, Bäume und Felsen von der anderen Seite aus zu sehen. Im Grossen und Ganzen auch gar nicht sooo schwierig, wenn man denn die relevanten Anhaltspunkte vom Fluglehrer gezeigt bekommt. Um's kurz zu machen: Nach zwei Runden sitzt das schon genug, dass ich mich alleine daran versuchen kann. Ein Special Guest trifft ein, das Gesicht hinter einem Fotoapparat verborgen - Papa Bühler überprüft den Fortschritt seines Sprösslings. Freut euch, ihr müsst mal keine Selfies mehr ankucken!
Die übliche Ermahnung vom Meister keinen Mist zu bauen, den Schneehaufen gekonnt auszuweichen und sich Mühe zu geben wird gesprochen (und hey, das braucht's bei mir halt hin und wieder) und ich holpere los. Beim Holding Point passiert es dann - ich zirkle zu ungenau und fahr mich im Schnee fest. Kurz Vollgas. Der Flieger bewegt sich keinen Zentimeter. Immerhin, der Propeller hat den Schnee nicht berührt, nur halt eben das rechte Hauptfahrwerk hat sich festgefahren. Einige Flüche werden in den Schnee gerufen, im Panik-Modus per Funk der Meister um Rat gebeten. Sekunden später dann der pragmatische Einfall "dieses Leichtgewicht kann ich ja eigentlich auch selbst aus dem Schnee ziehen". Gesagt, getan, dennoch kommt der Fluglehrer angefahren und inspiziert kurz mein Werk. Alles ok - wieder einsteigen und dann ab die Post. Nach vier Runden gibt's den Ruf zurück an den Adlerhorst zur Zwischenbesprechung und Trinkpause (für den Flieger und für mich). Eigentlich alles soweit in Ordnung für's erste mal auf der "auf rechts" geflogenen Platzrunde. Na dann, spulen wir doch die letzten vier Runden noch rasch runter. Ein Helikopter mischt sich spontan noch in mein Vorhaben ein, da an dessen Turbine Basteleien statt finden und immer mal wieder ein paar Testflugminuten um den Flugplatz herum nötig sind. Im Gespräch mit dem Fluglehrer meint dessen Pilot, dass er dabei aber auf mich acht gebe - schampar nett. Und da fängt's an...
Während dem Steigflug in die zweite Platzrunde plappert irgendjemand in charmantem Schweizer-Englisch in die Flugplatzfrequenz. Verstanden habe ich nicht viel, ausser, dass er irgendwo im Norden herumgurkt. Ich ignoriere ihn also gekonnt und melde auf der selben Frequenz, dass ich nun im Downwind sei. Erneut ein Ersuchen von ihm, diesmal ein Radio Check. Ich Depp bestätige natürlich (und voller Stolz, mich als funktionierender Teil der Gesellschaft der Luftfahrer einbringen zu können), ihn zu hören. Er sei ortsunkundig und fragt aufgrund schlechter Wetterverhältnisse an, ob er denn hier in Mollis landen dürfe. Mein Theoriewissen schlägt an, der Bauch schlägt dagegen - Ratlosigkeit mischt sich mit wilder Vermutung und Fachwissen auf einem Blatt Papier. Ich warte ab und hoffe, dass irgendwer, der die Antwort kennt, in die Bresche springt. Hörbar verwirrt hakt er nach ein paar Sekunden nach und mir wird's zu bunt. Ich switche auf Schweizerdeutsch und erkläre ihm rasch, dass ich hier grad lerne zu fliegen und ich versuchen werde einen Wissensträger ausfindig zu machen. Er dankt artig und verbleibt freudig wartend. "Hotel Yankee Foxtrott für VORNAME FLUGLEHRER, chasch du bitte uushälfä?". Stille. Irgendein Statik-Gerausche. Ich murmle in meinen Bart, ob denn wohl irgendeiner da unten noch wach sei, grad nicht im Kaffee sitzt und per Zufall auch gerade noch Lust auf einen Schwatz hat. Und der Helikopter flattert ja auch noch irgendwo herum. Und bei der Linth-Air hocken ja auch Leute am Funk. Nach einer gefühlten Ewigkeit meldet sich dann der Fluglehrer und erklärt dem kreisenden Ortsunkundigen die Welt von LSMF. Ich blende die beiden aus, da ich mich auf die perfekte Landung konzentrieren möchte. Irgendwann haben die beiden sich dann offenbar geeinigt und der Besucher meldet hörbar glücklich, dass er sich in dem Fall nun in den "Daunwind sero wan" begebe. Ihr kennt das, oder? Wenn man so richtig das Lächeln durch's Telefon hört? Genau so. Wer jetzt aber bis hier hin aufgepasst hat merkt: Der Typ fliegt in die falsche Richtung. Er wird früher oder später dem Autor entgegenkommen. Und da Mama Bühler keinen Feigling erzogen hat, wird er dann zuerst ausweichen müssen.
Ich kucke also hastig in den Dowind 01 und tatsächlich, da zieht er hin. Bevor ich mein Kapitän Haddock Gefluche zu Ende gebracht habe um Luft für einen gesalzenen Funkspruch zu holen weist ihn mein Fluglehrer darauf hin. Und das in einer, sagen wir mal, politisch korrekteren Art und Weise als ich das gemacht hätte. Ob er denn mit dem Platz vertraut sei und sich bewusst sei, dass er verkehrt herum fliege. Kurze Stille. Wieder rauschende Statik (vermutlich aufgrund eines spontanen Handgemenges des Piloten mit seinen Unterlagen). Die Sekunden vergehen, ich melde zur Untermauerung des eben Gesagten, dass ich mich im Final auf RUNWAY ONE NINER befinde. Es zeigt Wirkung, der Fremdling zieht nach links weg und meldet, dass er mal noch in Wangen-Lachen nach dem Wetter schauen werde. Jawoll, gewonnen. Ich überlege mir (analog den Jagdfliegern) eine Mooney links auf "meine" Tür zu malen um die Verteidigung des Flugfeldes gegen fremde Invasoren zu dokumentieren. Keine Angst, lieber Flugschul-Chef, ich hab die Idee mittlerweile wieder verworfen. Aber die Flugplatzgegner könnten mir also schon mal einen ausgeben, wenn ich mich schon so für sie einsetze.
Ansonsten passiert nicht mehr viel - reicht aber auch wieder für einen Tag und dem Tagebuch hat's wieder Stoff gegeben. Ab nach Hause, es gibt selbst gemachtes Tatar vom Fotografen :-)
Fazit Kapitel 4
Wieder ein Kapitel abgeschlossen und diesmal hatte es natürlich das grosse Highlight drin mit dem Alleinflug. Auf die eine Art hat das riesigen Spass gemacht, da hier eine grosse Verantwortung auf den eigenen Schultern lastet und man nach jedem Flug richtig stolz auf die eigene Leistung ist. Auf der anderen Seite sind die Soloflüge recht einsam. Wer mich kennt, der weiss, dass ich ein redseliger Zeitgenosse bin der immer irgendwas zu kommentieren hat. Das fehlt dann halt schon ein bisschen. Und bevor mich jetzt dann die Angebote à la "Ich kann schon mal mitkommen, imfall!" erreichen: Ja, ihr dürft dann mal mitkommen. Aber erst, wenn ich offiziell fertig bin mit der Ausbildung. Bis zu dem Zeitpunkt darf das nur der Fluglehrer wagen.
Im nächsten Kapitel stehen Überlandflüge an, es wird also nochmals eine Ecke komplexer. Insbesondere der Planung wird sich dabei stärker gewidmet. Schliesslich muss man da unter anderem das Wetter, den Treibstoffverbrauch, die Flugplätze und zig weitere Sachen mit ein planen. Dazu braucht's dann aber langsam mal die Theorieprüfung (so ab Kapitel 6, 7 definitiv) und die Befähigung zur Radiotelefonie (nein, das ist nicht ein Songwunsch beim Wunschkonzert). Bei der Theorie hänge ich aber im Zeitplan im Moment noch hinterher. Entsprechend muss ich mich halt einfach noch mehr dazu zwingen. Gestern habe ich mich z.B. der Meteorologie gewidmet und dort die Wölkchen gelernt (und da gibt's einige. Nette und fiese.), von sich jagenden Warm- und Kaltfronten gelesen, welche zu einer Zyklone führen (genau, eine Zyklone. Nicht ein Zyklon. Letzteres sind die tropischen Wirbelstürme im indischen Ozean. Eine Zyklone ist nach meinem jetzigen Erkenntnisstand einfach mal "Scheisswetter") und last but not least auch noch gelernt, dass man im Schneesturm nur schlechte Sicht hat. Von "ultrasaumässigkomplex" bis zu "irgendwielogisch?" ist also auch da wieder mal alles dabei.
Ob's immer noch Spass macht? Klar! Nur der dicke Theorieteil hängt einem immer so im Nacken und der kann mit einem aufopfernden einmaligen Gewaltakt an einem Sonntagnachmittag nicht gestemmt werden. Geduld, Durchhaltewillen und viele leerstehende Gehirnzellen sind gefragt.
Weiter geht's mit einem kurzen UnterBruch.