ready for departure
Mein digitaler Flugplatz

7 Navigation

Wer von A nach B fliegt, der muss - nicht viel anders als beim Auto fahren - ungefähr wissen, was dazwischen so kommt. Oder halt blindlings dem GPS vertrauen. Das kann man im Flugzeug zwar auch, aber wenn das GPS dann mal den Dienst quittiert, kann man nicht mal kurz anhalten und eine Karte studieren. Also macht man das als Pilot halt einfach von Anfang an richtig und mit dem nötigen Ernst. Das bedeutet in erster Linie viele Striche auf Karten zu zeichnen und Entfernungen zu messen. Es bedeutet aber auch, das alte Geographiewissen neu aufzufrischen. Oder exzessiv Google Maps zu verwenden. Die Fragen, welche in diesem Thema ominpräsent sind lauten z.B. "Woran erkenne ich denn Gossau?!", "Wie sieht denn der Leistkamm aus nördlicher Richtung aus?", "Wie sieht die Autobahnabzweigung beim Meldepunkt Zulu ausserhalb von St.Gallen aus?". Aber auch "Wenn's mich total vom Kurs bläst, was sind markante Punkte in der Umgebung?". Ich bin jedenfalls froh in einer Zeit das Fliegen zu lernen, in welcher jederman hochaufgelöste 3D-Satellitenaufnahmen zur Verfügung stehen... Das Ziel von dem Kapitel ist, dass der Fluglehrer mir ungefähr den Auftrag gibt "Flieg nach Wangen-Lachen, lande dort mal und flieg dann weiter nach St.Gallen. Dort auch rasch landen, mir einen St. Galler Biber kaufen und zurück nach Mollis fliegen." - während er in Mollis auf sein Biberli wartet. Ein Meilenstein? Eher ein Meilenberg.


20.09.19 Lektion 7.1a)

Auf dem Vorfeld ist der Teufel los, alles Flugzeuge stehen draussen, auswärtige Flugzeuge werden rangiert (unter Einspruch vom heraneilenden Piloten und Beschwichtigungen von den Rangierverantwortlichen) und mittendrin der altbekannte Security Officer Schnauz in modischem Leuchtgelb. Geschäftig aussehend husche ich an ihm vorbei und breite schon mal meinen Papierkram im Bürocontainer aus. Heute wird ein bei den Molliser Piloten beliebter "Alternate"  (so nennt man die Ausweichflugplätze) angeflogen. Denn der übliche Alternate in Wangen-Lachen kann im Herbst/Winter gerne mal im Nebel versinken und ist dann nicht mehr erreichbar bzw. geschlossen. Gut, gehen wir mal dieses Bad Ragaz anschauen. In Wangen-Lachen hat mir das kleine Quartiersträsschen gereicht, das in Bad Ragaz ist nur gerade 5 Meter kürzer. Aber dafür noch 7 Meter schmaler. Und in vorausschauender Weise hinter einem Hügel, wo einer sein Haus drauf gestellt hat. Meine Flugplanung wird lobend zur Kenntnis genommen, denn ich habe für die gewählten Flughöhen über dem Walensee nicht einfach eine Zahl genommen, die hübsch aussieht sondern auch ausgerechnet, wie hoch ich fliegen muss um bei einem Motorausfall trotzdem trockenen Fusses eine Notlandung hinzupfeffern. Ich alter Streber, der an seinem Leben hängt.

Schon sind wir also über Walenstadt und ich mache meine Ankündigung am Funk "Bad Ragaz Aerodrome, HB-WYG, Position Walenstadt, 4000 ft for landing via Sector West". Ich bekomme eine Bestätigung, denn da hockt offenbar tatsächlich einer dort, der das ganze managt. Ich sinke ab auf 2600 Fuss und gliedere mich in die Platzrunde ein. Bzw. der Fluglehrer steuert das für's erste mal - ich rüttle ein bisschen am Stick mit und irgendwie passt es dann. Und dann geht's los.

Volentgeographie LSZE So daneben war ich ja nicht mal...

"Oh, es weht ein Westwind" merkt der Fluglehrer an. Falsch gedacht. Denn als wir in den Downwind drehen, welcher auf der Bündner Seite des Rheins verläuft, geraten wir von der ehemaligen Festung Tschingel in heftiges Flakfeuer. Zumindest fühlt es sich für mich so an. Es holpert, rumpelt, rüttelt, schüttelt und - was am prekärsten ist - es absinket. Das macht es natürlich nicht einfach so, sondern weil ich zu geizig bin mit dem Schubhebel und mich zu sehr dem Neuarrangieren meiner Bandscheiben erfreue. Der Empfehlung "Ja, gib halt Full Power..." folge ich und schon steige ich wieder auf 2600. Der Beschuss hat aufgehört, wir drehen in die Base und ich nehme die Ruine auf's Korn, welche Orientierungspunk ist. Irgendwann finde ich dann den Abstand genug gering und will nach rechts in den Final drehen. Geht nicht. Ist aber kein technisches Problem, denn der Fluglehrer zeigt dem Hasenfuss nur, dass er noch ein bisschen näher an's Bauwerk heran muss. Dann endlich die Kurve nach rechts und schon wieder ein Hindernis. Der eingangs erwähnte Typ bzw. sein Haus auf dem Hügel. Und weil er's mega super findet, hat der auch noch einen Kran dort aufgestellt - weil er baut. Vielleicht will er den landenden Piloten in Zukunft High-Fives vom Dachfenster aus geben, ich weiss es nicht. Wir düsen am Kran vorbei und müssen wegen dem Hügel und dem Kran nochmals steiler absinken. Ich gebe auf und füge mich den Steuerimpulsen vom Meister und natürlich gelingt's. Full Power und wieder hoch, wir üben das noch drei mal. Hochziehen muss man übrigens auch beherzt, denn es hat eine Starkstromleitung die nicht wahnsinnig weit entfernt steht. Über dem Autobahnkreuz geht's dann wieder in den Wirkungsbereich der Flugabwehr, die wieder anfängt Luftlöcher zu schiessen. Diesmal erwischt sie uns und mein Kopf begrüsst das Kabinendach. Aha, der Gurt müsste noch ein bisschen enger geschnallt werden. Ich halte den Rand, auch wenn ich kurz vor einer Captain Haddock Gedenk-Fluchtirade stehe und mich frage "Warum tue ich mir den Scheiss eigentlich an?!". Die Energie nutze ich  aber ganz getreu dem Motto "Aviate -Navigate - Communicate" für's Fliegen. Wieder zu tief, aber diesmal gehe ich in die Offensive und lasse den Motor ackern. Sprichwörtlich schiesse ich über's Ziel hinaus und steige über die 2600 Fuss weg, wo ich eigentlich langsam sinken müsste. Gottseidank haben wir den Westwind, der drückt uns im Final dann wieder soweit runter, dass der Touch and Go gelingt. Die dritte Volte und der Touch and Go sind dann besser, auch das Abwehrfeuer hat abgenommen und beim vierten Anflug (bei welchem mir auf einmal zwei Verfolger im Nacken hängen) passt dann vieles gut zusammen. Wir landen, machen den nachfolgenden Fliegern Platz und zuckeln auf die Wiese, das sogenannte "Grass Parking".

Antonov 2 in Bad Ragaz Das Dickerchen hat Sonnenbrand am Bauch

Ich steige aus und bin erstmals baff. Da steht eine Antonov-2. Eine blechgewordene sowjetische Gigantomanie und wenig überraschend der grösste Doppeldecker der Welt. Ein Flugzeug für - naja - Liebhaber. Ich bin einer davon. Zuerst verzückt über den Anblick bin ich gleich darauf ein bisschen beschämt. Irgendwer musste das Fünf-Tonnen-Monster hier landen und ich schwitze mich halb tot mit der 2-Personen-Puderdose hier? So geht's mir übrigens ständig in der Aviatik. Ich platze fast vor Stolz über etwas, dass ich (gut) hinbekommen habe und 3 Sekunden später wird mir gezeigt/gesagt/bewusst, dass das eigentlich nichts spezielles war. Egal, Mund abwischen und zum C-Büro schlurfen. Auch hier ist viel Betrieb. Festbänke werden hervor gekramt - morgen sei Flugtag der Aero Swiss. Denen gehört die Antonov und noch zwei weitere Ost-Mühlen. Wir gönnen uns etwas zu trinken und schauen dem emsigen Volk bei der Arbeit zu. Eine einmotorige Cessna, die gleich nach uns gelandet ist, komme von Denver, Colorado. Schon wieder bin ich baff. Erstens aus Respekt vor dem Piloten (das sind immerhin mehr als 8000 Km!) und zweitens vor dem Tank der Maschine (auch wenn der sicher nicht serienmässig ist). Von Non-Stop wird gar gemurmelt, aber das kann ich auch beim Schreiben beim besten Willen nicht glauben.

Ja, ich bin effektiv ein kleiner Fisch im Fliegerteich. Vielleicht noch nicht mal ein Fisch, sondern eher Plankton. Ehrfürchtig nuckele ich mein Cola und dann wird's auch schon wieder Zeit für den Rückflug. Vor dem Runup des Ventilators ermahnt mich der Fluglehrer noch, dass die Drehung am Pistenrand dann ganz genau sein müsse, weil wenig Platz vorhanden sei. Klar, mache ich. Immerhin mit dem Herumrollen will ich den "Grossen" zeigen, dass sie irgendwann in ferner Zukunft mit mir rechnen müssen.
Ja. Genau. Den Wendekreis eines Flugzeugträgers mache ich und holpere prompt über die Piste hinaus. Die Schamesröte steigt mir in's Gesicht. Auflinieren, Full Power, schnell weg. Über Walenstadt ist die Gesichtsfarbe wieder in eine gesunde Informatikerblässe übergegangen und ich konzentriere mich auf den Rückflug. Es bleibt genügend Zeit den einsetzenden Herbst zu bewundern und dem Lauf der Natur zu fröhnen. Meine 4000 Fuss halte ich im Vergleich zum Hinflug recht gut. Das erkenne ich daran, dass ich keine Ermahnungen höre und mich nur selten an der geforderten +/- 100ft Grenze bewege. Die Funkerei um Mollis herum ist ebenfalls "à point". Auch der Anflug via Kerenzerberg und über den Overhead sitzt. Einziger Kritikpunkt: Ich habe beim absinken zuviel Leistung herausgenommen, welche ich danach im Downwind wieder setzen musste. Aber die Base passt, der Final auch und die Landung; ja auf die bin ich auch zwei Tage später beim Schreiben noch stolz. Ich halte mir die Ohren zu, wenn der Fluglehrer an der noch was verbesserungswürdig findet. Tut er nicht. Die war schlicht und ergreifend gut. Nicht geschoben, nicht aufgeschlagen, nicht erzwungen - im Ferienflieger nach Mallorca hätte garantiert einer geklatscht.

Ein Hamburger mit Pommes und Bier Ä Gruäss id Chuchi!

Auch beim Debriefing hagelt es nicht übermässig viel Kritik. Wie üblich haben die angesprochenen Punkte ihre Berechtigung, aber alles in allem komme ich gut weg. Heute wird dann wohl auch einer der letzten Tage sein, an welchem ich beim Flugzeug waschen nicht vor mich hinfluchen werde. Die Temperaturen gehen wieder runter, ich zieh mir schon mal meine Jacke an bevor ich den nassen Lumpen schwinge um die Artenvielfalt an den Flügelkanten, Radkästen und Propellerblättern zu dezimieren.
Da die Eltern heute nicht zu hause sind, muss ich mich selbst um's Essen kümmern. Bzw. ich beauftrage andere dafür. Im Aviatico gibt's bei Raphi und Karin- extra für mich, weil ich mich angekündigt hatte - Hamburger, Pommes und ein Panix. O-Ton Raphi: "Zwar ohne Ei, aber dafür zwei Stück Fleisch". Falls grad ein Geistlicher mitliest: Die beiden müssen bitte heilig gesprochen werden. Dazu noch eine Mini-Airshow, denn nach und nach kommen die "Ausflügler" zurück. Auch ein gelber Gletscherflieger, dem ich noch ein bisschen länger nachschaue. Nächstes Jahr sollte es dann hoffentlich klappen mit dem Gletscherflug.
Andere gehen am Freitag für's Klima demonstrieren. Ich verbrenne Benzin und esse Fleisch - und fühle mich dabei gar nicht mal schlecht, sorry Greta. Aber am Montag bin ich dann wieder mit dem Velo unterwegs und esse auch mal einen Salat. Versprochen.





24.09.19 Lektion 7.1

Wieder mal ein Überlandflug - also automatisch auch mehr Vorbereitung als üblich. Striche auf Karten ziehen, Nav-Flugpläne schreiben, Weight&Balance Calculations machen, Streckenwetter prüfen... Ein (für mich noch) riesiger Aufwand also. Lohnen tut es sich aber allemal, denn nichts ist ärgerlicher, als wenn man sich künstlich Stress bereitet indem man Frequenzen nicht aufgeschrieben hat oder nicht weiss, wo die vorgeschriebenen Meldepunkte sind. Wobei ich glaube, dass der Fluglehrer mich dann nicht mal starten lassen würde. Aber ich war ja ein guter Streber und hab mich sehr gut vorbereitet, der Fluglehrer lobt mich schon mal dafür. Wir düsen also los in Richtung Linthebene und hüpfen über den Ricken. Dort ein Novum - der Fluglehrer rödelt am Funkgerät herum. Ich vermute schon einen simulierten Funkausfall und scanne zur Sicherheit mal die Felder unter uns, wer weiss wo auf einmal sonst noch der simulierte Wurm drin ist... Aber Schwein gehabt, er stellt lediglich "Zurich Information" auf 124.7 MHz ein. Zurich Information - das lerne ich eine Woche später aus dem Funktheorie Ordner - ist ein Flight Information Servie (FIS) der vom Flight Information Center (FIC) in Zürich angeboten wird. Da hocken ein paar Leute am Radar und schauen sich die Flugbewegungen im Luftraum der Schweiz an. Gut, nicht den ganzen Luftraum. Sie teilen sich die Arbeit mit "Geneva Information", welche den westlichen Teil des Luftraumes überwachen. Zurich Information bietet Beratung, Empfehlung während dem Flug (also z.B. wenn ich während des Fluges eine rapide Wetterverschlechterung feststelle und mich frage, ob ich zu Flugplatz XY ausweichen kann) ausserdem erwähnen die, wenn Gefahrengebiete "aktiv" sind auf meiner Route (z.B. wenn Panzer am rumballern sind) usw. Was aber im Moment für mich am nützlichsten ist, ist der Alarmdienst. Und der funktioniert so wie eine überaus besorgte Mutter/Grossmutter/Freundin/wasauchimmer: Ich fliege von A nach C, via B. Zurich Information sage ich dann via Funk "Ich bin bei A auf 4000 Fuss, meine Route führt nach B und C". Als Antwort höre ich dann "Hoi HotelBravoWhiskeyYankeeGolf, toll! Gute Reise, pass aber auf, es ist kalt! Melde dich dann bitte bei B, sobald du dort bist." Also sinngemäss. Wir sind ja immernoch in der Luftfahrt und da tönt das ganze dann schon ernsthafter, abgekürzter und so. Und weil ich das grad am lernen bin, gebe ich's hier einfach mal noch rasch zum Besten:

"Zurich Information, Hotel Bravo Whiskey Yankee Golf, Remos GX, VFR from Mollis to St.Gallen, Ricken 5000 feet, routing via Wil, Gossau, St.Gallen."

und nach ein paar Sekunden kommt dann die Antwort:

"Hotel Bravo Whiskey Yankee Golf, QNH 1012, Squawk 7000, Next report Wil"

Kurze Erklärung; das "QNH" ist der aktuelle Luftdruck (damit mein Höhenmesser gleich "geeicht" ist wie der aller anderen Flieger um mich herum) der "Squawk" ist der Transpondercode. Eine vierstellige Zahl, die sowohl ich im Flieger sehe (und selbst einstellen kann) und auch der Radarbedienstete in Zürich. Ich bin also ein grüner Töggel auf dem Radar und drunter steht dann z.B. eben 7000 (nebst zwei, drei anderen wichtigen Angaben). Wenn viel los ist, also vor und hinter mir nochmals 3 andere Hobbypiloten nach St.Gallen gurken, kriegen wir alle unterschiedliche Codes, damit der vor dem Radar nicht ins Schleudern gerät. Und eben, ich soll mich dann über Wil melden. Dort werde ich dann artig melden, dass ich jetzt über Wil bin und den Auftrag erhalten, mich über St.Gallen wieder zu melden.
Der Sinn hinter dieser ganzen Sache ist, dass Zurich Information immer weiss wo ich ungefähr bin. Verschwinde ich auf einmal vom Radar, aber melde meine Position munter weiter bin ich noch am Leben (Dann hat mein Transponder wohl den Geist aufgegeben). Bin ich auf einmal still und melde meine Position nicht, mein grünes Alter-Ego auf dem Radar bewegt sich aber immer noch (eingermassen gleichmässig!), dann bin ich höchstwahrscheinlich auch noch am Leben (aber mein Funkgerät hat das zeitliche gesegnet). Wenn aber der grüne Töggel weg ist und ich auch nicht mehr auf der Frequenz antworte, ist wohl etwas im Argen. Sprich, ich habe meinen Vogel in's Gemüse geschossen. Dann schickt Zurich Information die Bluthunde der Rega los - klar, zwischen St.Gallen und Wil wird ein Flugzeugabsturz vermutlich schon noch von dem ein oder anderen gesehen. Aber gerade im Gebirge kann der Service nützlich sein. Wenn mir ein Teil vom Seitenruder in den Rücken drückt und mir gleichzeitig der heisse Vergaser den Bart ankokelt möchte ich schon, dass die Welt davon erfährt und mir zu Hilfe eilt.

Aber wir fliegen ja noch frisch, fröhlich und froh und schwenken grad über Wil in Richtung Gossau. Hier sieht's dann schon langsam überall gleich aus und die Berge kann man nicht mehr zur Orientierung verwenden. So fühlen sich also alle Piloten nördlich der Alpen... Naja, genau dafür hat man ja den Navigationsflugplan. Dort macht man sich Notizen im Sinne von "wenn ich 10 Minuten lang auf 10 Grad fliege, müsste ich um 14:45 über dem Autobahnkreuz von Wil sein." So hangelt man sich in unbekanntem Gelände von Punkt zu Punkt. Und das klappt - die richtige Vorbereitung vorausgesetzt - recht genau.

Mittlerweile sind wir über Gossau. St.Gallen Altenrhein möchte, dass jeder, der zu Ihnen kommt sich hier schon mal meldet. Wir melden uns bei Zurich Information ab und ich mache mich daran, St.Gallen meine Ankunft zu melden. "St.Gallen Tower, HB-WYG, Gossau 5000 Feet, Information Mike, for landing". Die "Information Mike" ist ein Tonband, welches man im Vorfeld auf einer speziellen Frequenz abhören muss. Im Fachjargon heisst das Tonband "ATIS", Automatic Terminal Information System. Darauf hört man den aktuellen Luftdruck, die in Verwendung stehende Piste usw. Der geneigte Leser kennt die Beschreibung noch von meinem Bericht der ersten Alpenüberquerung. Eine Stimme schwallt mir Infos entgegen, mein Zwischenspeicher quillt aus den Ohren ich bitte den netten Herr rechts neben mir, sich der Dame anzunehmen. Natürlich nicht freiwillig, aber ich habe die Trulla nicht verstanden und gelobe mir im gleichen Moment, den verdammten Voice Ordner in den kommenden Tagen vorzunehmen. Die Dame wünscht, dass wir "Zulu" melden. Zulu ist ein Punkt, kurz vor Einflug in die Kontrollzone (CTR) von St.Gallen. Den habe ich mir auf Google Maps schon mal ausgekundschaftet und so tue ich wie mir geheissen wurde: "H-YG, Zulu 4000 Feet". Stille. Langsam kommt die unsichtbare Grenze des Luftraums näher. Ohne Freigabe darf man da aber nicht rein fliegen, sonst rasten ein paar Leute aus, die mir dann nach der noch nicht einmal vorhandenen Lizenz trachten. Gut, eigentlich kommt dann mein Fluglehrer dran - aber irgendwie hänge ich ja auch ziemlich von seiner Gunst ab. Wir orbiten also nach links (ein Vollkreis, aber "Orbit" tönt halt schon geiler, oder?) in der Zeit findet mein Nebenmann aus mir nach wie vor unerfindlichen Gründen eine andere Frequenz, auf welcher dann St.Gallen antwortet. Und bevor jetzt jemand ruft "Hast halt eine falsche Frequenz gehabt, du Flugschüler!": Nein. Die war korrekt. Im Nachhinein finde ich dann noch heraus, dass die Reservefrequenz auch auf den Karten für die Flugvorbereitung vermerkt gewesen wäre. Naja, Problem gelöst, Freigabe für den Einflug in die CTR erhalten und schon sind wir über dem Bodensee. Schön hier. Bisschen flach, wenn man den Säntis im Rücken hat, aber sonst ganz hübsch. Wir sind im Downwind auf Runway 28 und haben uns für einen zusätzlichen Touch and Go angemeldet. Also schön den versetzten Aufsetzpunkt in's Visier nehmen und kurz den Boden küssen. Trocken heisst's von nebenan "Verfehlt.". Jaaaa, schon klar. Er ist da immer ein bisschen pingelig. Ich habe aber das Gefühl, dass das schon recht nah am richtigen Ort war und bin insgeheim ein bisschen zufriedener mit mir, als er es wohl ist. Nach der Platzrunde, in der irgendeiner auf der Frequenz einen "Stuck Micro Button" hatte (also den Sendeknopf des Mikrofons unabsichtlich konstant gedrückt, was zu einem konstanten Rauschen auf der Frequenz führt) und sich Fluglehrer und Tower darüber echauffiert  hatten lande ich dann - offenbar wieder daneben - auf der Piste und taxele mühelos von der Piste weg. Wir handeln mit dem Tower aus, dass wir gerne vor dem Restaurant parkieren würden, da wir eh nicht lange bleiben und uns wird der Wunsch gewährt.

Bei Kaffee und Nussgipfel lüfte ich meinen Kopf und dann geht's schon ans bezahlen der Landetaxen. Wobei, zuerst kommt wieder jemand der Stress macht. Ob denn unser Fliegerchen bald wieder weg sei - der Tankwart möchte seinen LKW dort abstellen. Links oder rechts davon geht nicht, aus Gründen. Den Kaffee auf Ex hinter die Binde, den Wirt bezahlen und raus in die Abflughalle. Ein bisschen wichtig komme ich mir dabei schon vor, denn St.Gallen ist ein "Regional Airport", von dem auch Linienverkehr startet und landet. Da stehen also effektiv ein paar Leute mit Koffern und Feriengesichtern an denen ich mich in's Pilotenséparée vorbei begebe. Gut, die meisten davon werden insgeheim gehofft haben, dass dieser Bartli mit dem Totenkopf auf der Jacke und den abgelatschten Converse nicht "ihren" Flieger pilotieren wird. Die Landegebühren sind dann, im Vergleich zu den anderen von mir angeflogenen Plätzen, auch relativ hoch - so um die 25.- pro Landung glaub ich. Das liege aber durchaus im Rahmen, schliesslich hockt da ja auch einer im Turm und will für seine tolle Aussicht bezahlt werden. Zurück im Flieger hören wir rasch das ATIS ab. Es trägt immer noch den Code "Mike", so genau nehmen die das mit der Aktualisierung hier nicht. Am Funk anmelden und das Rollen zu Pistenkopf 28 erbitten. Erlaubnis erteilt, der Tankwart mutiert zum Marshaller und winkt uns um seinen Lastwagen herum. Wir winken zurück und holpern in Richtung Runup der Runway 28. Dort mache ich meine Checks und dann geht's nochmals ein paar Meter zum Holding Point. An dem holde ich, bis eine Cessna Citation die in Gegenrichtung auf Runway 10 gelandet ist den Backtrack gemacht hat. Als die Weg ist, geht's wieder raus auf den Bodensee. Nach dem Climbout und dem Crosswind gehe ich nicht in den Downwind, sondern in Richtung "Echo" - ein Ein- und Ausflugpunkt im Osten des Flugplatzes. Dort angekommen geht's dann nach rechts und "runter" durch das Rheintal. Im warmen Vorabendlicht, welches den einsetzenden Herbst und die unterschiedlichsten Rottöne in den Wäldern in goldenes Licht taucht (Gott, kann ich lyrisch schreiben...) geht es dann über Grabs nach rechts in Richtung Alt St. Johann wo ich mich am Leistkamm vorbei wieder in bekanntere Gefilde schiebe. Heute gibt's kein Feierabendbier, der Fluglehrer muss noch an eine Sitzung mit anderen "Head of"s und Flight Instructors der Flugschule - und so bleibt das putzen und versorgen des Fliegers meine letzte Amtshandlung für heute. Der nächste Termin ist dann erst wieder im letzten Oktoberdrittel - dazwischen finden SPHAIR-Kurse statt, die ich wiederum für die Theorie nutzen werde. Das Programm tönt aber wieder ganz cool - wir machen die zweite Alpeneinweisung, diesmal mit einer Landung im Gebirge, sprich Samedan. Hoffen wir mal, das bis dahin der Schnee noch nicht eingesetzt hat :-)



KW 41 Theorieferien

Ferien beim Streber zu Hause

Weil ich noch viel zu viel Ferientage habe und die noch irgendwie loswerden muss, habe ich mir eine Woche frei genommen und mir zum Ziel gesetzt, den Voice Ordner (~260 Seiten) durch zu ackern. Wie's halt so ist, wenn man im "Home-Office" sitzt, überall gibt's was zu tun. Altglas entsorgen, Einkaufen, Staubsaugen, Bilder gerade richten etc. Aber dennoch habe ich es geschafft! Der Ordner ist durchgelesen, einiges scheint gar hängen geblieben zu sein. Und zur Belohnung ging's dann am Freitag nach Luzern in's Verkehrshaus wo grad die Air- and Space Days waren. Damit ich in ein Museum pilgere braucht's eigentlich gar nicht viele Gründe - aber wenn dann der Fokus auf der Luftfahrt liegt, ist die Sache eigentlich recht schnell klar.

Was gab's zu sehen? Den üblichen Krempel vom Verkehrshaus, den ich schon Jahre nicht mehr gesehen habe (Seilbahnen, Lokomotiven, Autos und und und). Aber was halt wirklich spannend war, waren die Cockpits der DC-3 und der Coronado. Und die aufgehängten Flugzeuge in der Halle. Und die aufgesäbelten Motoren. Eine F-104 stand auch draussen herum und ein ehemaliges Wasserflugzeug der Mission Air Fellowship (Gläubige Christen, die in Afrika, Asien und Südamerika medizinische Hilfe aus der Luft leisten - soweit ich das Flyer entnehmen konnte) ebenso. Alles in allem also richtig viel nerdiges Zeug, das mich aber wahnsinnig interessiert. Ein kurzer Schwatz mit einem Sprecher von Aurora Swiss, die von Boeing aufgekauft wurden und die gerade ihre Drohne (die als Lufttaxi für Personen dienen soll) in den USA testen gab's genau so wie eine Schnellbleiche im Hobby der Amateurfunker - ja, der erklärende Funker hatte einen Schnauz und ein beiges Hemd. Und bei der Lindt musste ich natürlich noch einen Schoggiflieger giessen und wieder mal merken, dass ich immer noch ein grauenhafter Grobmotoriker bin. Ganz zum Schluss mussten wir natürlich noch durch den Souvenir Shop und da habe ich mich doch spontan verliebt in den PC-6 von den Flying Bulls. Aber die käufliche Liebe war dann mit ihren 100.- deutlich über meinem "Spätkindlichen-Staubfänger-Impulskauf-Budget", also blieb sie in der Vitrine stehen. Falls irgendeiner von euch Lesern so eine hat und sie für 50.- loswerden will, da wäre ich schon eher dabei ;-)

Aber genug der Worte - weil's im letzten Beitrag keine Fotos gab, gibt's diesmal dafür sechs.




23.10.19 Lektion 7.1 b)

Eigentlich wäre ja heute das Engadin auf dem Plan. Eigentlich. Aber wie schon bei meinem allerersten Schnupperflug meint es der Föhn nicht so gut mit den Fliegern. Und die, die es dennoch wagen dem windigen Feind zu trotzen, die werden geschüttelt - nicht gerührt. Aber der Reihe nach. Zuerst muss ich ja noch von Jona nach Mollis fahren. Das bedeutet im Herbst in der Regel, endlich mal aus der Nebelsuppe heraus zu kommen. Heute war dann auch so ein Tag, Jona hatte die Schlafmütze auf und bei der Linthebene war's dann schon eher eine Nebelskimaske. So tief heruntergezogen, dass man die Spitzen der Strommasten neben der Autobahn nur noch erahnen konnte. Ja geil, dachte ich mir. Föhn oben, Nebel unten... und in Mollis dann ein feuerspuckender Drache in der Mitte?

Doch als ich dann die Autobahnausfahrt in's Glarnerland unter den Pneus hatte, erfüllte der Anblick mein Herz mit kindlicher Freude. Sonnenschein für alle. CAVOK. Zufrieden mit dem Grossteil der Welt kam ich dann beim Hangar an und bereitete Yankee Foxtrott auf den Ausritt vor. Futter war genug im Tank, noch kurz den Sattel in die hinterste Position verschieben (ich bin halt ein relativ langer Lulatsch) und schon klingelt das Handy. Der Fluglehrer irrt durch den Nebel in Reichenburg und spielt schon mit dem Gedanken zur Umkehr. Ich kann ihn nach bester Tourismusbüro-Manier überzeugen, dass es sich dennoch lohnt. Auch vom Föhn merkt man nicht viel. Sogar ein leichter Nordwind weht am Boden. Perfect Conditions!



Auf dem Vorfeld machen sich ungefähr 350 Jahre menschliche Erfahrung auf, die Trinidad der Fluggruppe Mollis zu einem Rundflug zu besteigen. Also zwei ältere Ehepaare. Stolz auf den am vergangenen Weekend auf Hochglanz polierten Flieger, ziehe ich Yankee Foxtrott vor den Hangar. Sie sieht richtig schmuck aus in der strahlenden Sonne - was auch die Rundflüger finden und sofort die Fotoapparate zücken. 

Zweiter Akt, Aufzug Fluglehrer. Nach kurzem besprechen befinden wir beide die Föhnwinde und deren Böen im Gebirge als zu riskant. "Er wird's ja wohl wissen..." denke ich mir, da mein Erfahrungsschatz für Föhn in der Fliegerei bei 0 ist und ich bislang nur den Geschichten und Mutmassungen meiner Lehrer glauben kann. Alternativprogramm (welches wir schon gestern kurz am Telefon besprochen haben): Landetraining in Mollis, Lachen und Hausen am Albis. Find ich auch ok - wieder mal ein neuer Platz, das schafft Abwechslung. Zuerst also ein paar Volten in Mollis. "Voll easy" denk ich mir. Aber ich merke ziemlich bald, dass man in einem fluglosen Monat ziemlich viel verdrängt oder vergisst. So fühlt sich die erste Platzrunde dann auch an. "Wieviele rpm sind's schon wieder im Downwind?", "Wann/Wo kommt das mit den Landeklappen auf 15°?" usw. Machen wir's kurz und bedienen uns der positiven Sprache: Die Verbesserungen bis zur fünften Platzrunde waren sehr steil. Zeit für's Zmittag!

Im Aviatico gibt's Kalbsragout im Jus mit Polenta - als grossen Polentafreund freute mich das natürlich ungemein. Da es noch nicht 13.00 Uhr ist, gibt's noch einen Espresso und ein paar Blicke auf die Webcams von Lachen und Hausen. Könnte besser sein, aber die Sonne wird die letzten Nebelschwaden vielleicht noch wegbrennen. Wir machen nochmals zwei, drei Landungen in Mollis, tanken und gehen dann mal schauen. Soweit mal der Plan. Immer noch ein frisches Nordlüftchen, nix da mit Föhngebläse. Also wieder los, Runway 01 und ab in die Platzrunde. Auf dem Crosswind finde ich, dass unser Flugzeug irgendwie falsch fliegt. Der Berg vor mir müsste eigentlich nach rechts wandern - aber er bleibt wo er ist. Mein geistiges Stirnrunzeln wird von rumpeln und schütteln jäh unterbrochen. Der älteste Glarner hat uns gefunden. Verdutzter Blick zum Windsack auf dem Fluplatz - Nordwind? Ohje, das Glarnerland hat sich gespalten. Unten Nordwind, darüber Südwind. Und als Löwenzahnsamen dazwischen: Yankee Foxtrott.
Gut, so ein paar Holperchen gehören halt dazu, das ist die rauhe Natur und der Bartli (der sich ja insgeheim als kanadischer Buschpilot in spe sieht - aber nicht weitersagen!) lässt sich von den Sperenzchen von Mutter Natur nicht beeindrucken. Stimmt schon, allerdings nur gerade mal so die ersten 20 Sekunden des Downwinds. Danach war ich dann schon recht beeindruckt.
Ich versuche zwar Höhe, Speed und Position miteinander abzustimmen, aber den Föhn interessiert das nicht. Obwohl die Fluglage stimmt, sind wir mit einem mal 300 Fuss höher als wir eigentlich sein sollten. Gut, das kompensiere ich halt, indem ich am Ende der Base schon mal in den Leerlauf gehe. Die Idee ist wohl nicht schlecht, aber dennoch schiebt uns der Föhn unbeeindruckt von meinem Gefummel in Richtung Pistenschwelle. Wir sind zu hoch und zu schnell: "Hotel Yankee Foxtrott Go around (high)". Das "High" habe ich zwar nur gedacht und nicht gesagt. Ich war halt ein bisschen abgelenkt. Raus aus dem Crosswind, der uns wieder weit in den Norden schieben will und die Nase in den Wind gestellt. Wir rumpeln die Hälfte des Dowwinds an Netstal vorbei und dann entschliesst sich der Fluglehrer zur Einflussnahme: "My Controls, wir machen einen nonstandard approach" oder sowas in der Art. Ich kucke links aus dem Fenster, erspähe das Haus von Mama und Papa denke mir; "Hey, wenn's uns jetzt zerbröselt sind wir immerhin schon bei meinen Eltern zu Hause.".
Nun, zerbröselt hat es uns ja offensichtlich nicht, denn sonst könntest du hier nicht weiterlesen. Bis kurz vor's Gate, also dem Moment wo ich dann das Aufsetzen initiiere behält der Fluglehrer die Kontrolle. Dann übernehme nochmals ich und im leichten Nordwind ist die Welt dann auch wieder nicht mehr so feindlich wie 500 Fuss weiter oben. Die Landung ist nicht schlecht, wenn man bedenkt wo wir noch vor ein paar Sekunden herumwirbelten. Der restliche Flugtag wird vom Föhn ebenso weggeweht und ich bin um die erste Erfahrung reicher, was Föhn für die Fliegerei mit so einem leichten Puderdöschen wie der Remos bedeuten kann. Respekt, Mutter Natur - für so 'ne alte Schachtel hast du recht Pfeffer im Hintern.

Ich hatte zwar zum ersten mal meine GoPro dabei, aber aufgrund falscher Montage sieht man da recht wenig "schlaues". Deshalb hier ein Video von zwei anderen Kerlen, die in einer ähnlichen Situation waren. Falls du dich also fragst, wie solche Turbulenzen in einem kleinen Flugzeug aussehen, kuck dir mal den Teil zwischen 05:10 und 08:10 an. Scheint auf den ersten Blick nicht so wild, aber angenehm ist es definitiv nicht - vor allem, wenn man es nicht kennt oder erwartet:


Und damit schliesse ich dann die heutige Berichterstattung auch. Worauf du dich in Zukunft also freuen kannst bzw. worauf du dich einfach einstellen musst: Ich werde mich an Videos versuchen. Mal schauen was draus wird ;-)



29.10.19 Lektion 7.1 a)

Neuer Merksatz: "Ist alles rot, macht Sichtflug tot."

Für heute wäre eigentlich der Flug in's Engadin nochmals angedacht gewesen. Heute hat uns dann aber die tiefe Wolkendecke einen Strich durch die Rechnung gemacht. Geflogen ist heute nur, wer dafür bezahlt wurde und den Instrumentenflug beherrschte... Wir haben's dann einfach gelassen und hoffen auf nächste Woche. Rechts siehst du das sogenannte "GAFOR Schweiz". Das steht für "General Aviation Forecast" - also die Wettervorhersage speziell für die Hobbyflieger. Die Karte kann online abgerufen werden (kostenpflichtig) und beschreibt primär die Sichtverhältnisse auf vorgegebenen Routen. Also z.B. gibt's eine Wettervorhersage für die Route 81 "Zürich - Weesen". Jede Route hat eine fixe Bezugshöhe (hier 1600ft) und wird in drei Zeitabschnitte (auf dem Bild 06:00 - 12:00 UTC) unterteilt. Letztere werden mit einer kleinen Box dargestellt, welche je nach Wetter am jeweiligen Zeitpunkt vier mögliche Buchstaben/Farben haben kann:

  • OSCAR (Open), grün = Keine wettermässige Behinderung
  • DELTA (Difficult), gelb = In Sichtnavigation trainierte Piloten können noch fliegen
  • MIKE (Marginal), orange = In Sichtnavigation sehr gut trainierte Piloten mit genauer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse können noch fliegen
  • X-RAY (Closed), rot = Sichtflug nicht möglich

In der nebenstehenden Grafik sehen wir also: Die Schweiz ist mehr oder weniger dicht. Also vom Wetter her. Überall Schietwetter, höchstens im Süden wird's gegen Mittag besser. Wir bleiben also am Boden und ich bastle mir wieder einen Merksatz/Schüttelreim/Kalauer für zukünftige Lernutensilien. Liebe Leute beim BAZL, wenn ihr die haben wollt: Ich verlange nicht viel für diese einfachen aber einprägsamen Sätze, die jedem Flugschüler helfen können. Diese geistreichen Erkenntnisse sprudeln einfach so aus mir raus. Fragt doch die Leute, die mich schon ein paar Monate oder Jahre kennen. Die können ein Lied davon singen ;-)

Weitere Ideen, aber noch nicht ganz spruchreif:

  • Ist das Böxli grasig grün, wird der Flug sicher recht schün
  • Schwarzes "D" auf gelbem gelbem Grund; nach dem Flug ist dein Popo wund
  • Ist das Böxli orange, bestell dir lieber noch eine Schoggi Melange

Naja. Da ginge sicher noch was mit dem entsprechenden Anreiz.


05.11.19 Lektion 7.1 c)

Um die Spannung gleich vorne weg zu nehmen - auch heute wurde es nix mit Samedan. Wetter und so. Aber auch im Glarnerland sah's eigentlich nicht so gut aus. Tiefe Wolken und Regen - nach kurzem Telefonat mit dem Fluglehrer haben wir uns aber dennoch entschieden, uns in Mollis zu treffen. Zumindest den Flug in's Engadin vorbesprechen liegt ja bei jedem Wetter drin und Kaffee gibt's im Aviatico auch.

Aber - oh Wunder - das Wetter änderte sich kurz nach unserer Ankunft in Mollis genug, dass wir einen Flug nach Wangen-Lachen oder Hausen am Albis wagen konnten. Ich habe mich dann spontan für Hausen entschieden, denn da war ich noch nie und den Flug hatte ich schon vorbereitet. Dazu gehört unter anderem die Berechnung von Treibstoffverbrauch, Distanz, Flugdauer, Start- und Landestrecke, prüfen der lokalen Verhältnisse am Zielflugplatz (Anflugrouten, Beschaffenheit der Piste usw.). Kurzum; Ich wollte den gestrigen Abend nicht sinnlos verblubbert haben. Und wie im vorletzten Bericht schon angedroht: Ich hab die Action Cam dabei gehabt, sie richtig befestigt und was soll ich sagen - ich bin ein bisschen stolz auf mein Erstlingswerk. Aber dazu später mehr.

Wir starten seit langem wieder mal über Piste 19, denn der Wind hatte sich grad dazu entschieden aus dem Süden zu husten. Habe ich schon lange nicht mehr gemacht, aber der Start gegen den Glärnisch finde ich persönlich jedes mal wieder toll. Auch weil man dann beim Start so schön auf mein "altes" zuhause in Netstal kucken kann: Mama&Papa, the sky is watching you ;-)
Gleich ausgangs Glarnerland wieseln wir zwischen ein paar Wölkchen durch und in der Linthebene bessert sich das Wetter weiter. Kurz vor Rapperswil passiert dann einer der Momente, die mich wieder daran erinnern, warum ich denn eigentlich fliegen lernen will: Grandiose Landschaften, Wetterkapriolen, Sonne und Regen - einfach toll. Auch der Fluglehrer erfreut sich am Wetter und langsam verstehe ich die Meinung vieler Piloten, dass stahlblauer Himmel eigentlich langweilig ist... Wir schlenkern über den Inseln Ufenau und Lützelau, damit ich durch's rechte Fenster die beiden im schönsten Sonnenlicht anschauen kann. Und schon kommen wir in eine Regenwand - im Gegensatz zu früheren Flügen stört mich das aber irgendwie nicht. Ich freue mich, denn irgendwie gehört das genau jetzt genau dort hin.
Nahe Horgen suchen wir auf der linken Seite die "Schnabellücke" - genau wie auch die Schnittlauchinsel ist das zwar ein lustiger Name, der irgendwie nicht so recht offiziell klingen will. Aber das Problem haben noch ganz viele andere Ort- und Flurnamen der Schweiz (Der Arschwald, die Stingglöcher, das Chrottenloch, die Drägglochfurgglen, der Obernäggeler usw. - und da sind wir noch nicht mal aus dem Kanton Glarus raus...). Wer noch mehr staunen, die Stirn in Runzeln legen oder schmunzeln will: Liste mit zig verwegenen Orts-/Flurnamen und Koordinaten im Kt. Glarus.
Aber wir waren ja bei der Schnabellücke, die es offiziell gibt - und sie ist unser Tor nach Hausen am Albis. Über Hausen merke ich dann wieder mal, wie praktisch Berge und Täler zur Orientierung sind... Hier sieht alles gleich aus. So ein bisschen wie ein Bild von Jackson Pollock, nur mit Häusern anstatt Farbe. Hier ein Hof, dort ein Weiler, da ein Wäldchen und das ganze wieder von vorne. Den Flugplatz erkenne ich nach gefühlten 20 "Da. Direkt voraus. Die Piste. Dort...", ich geb spontan dem Regen die Schuld aber im Nachhinein merke ich, dass ich bislang eigentlich fast nur grosse Pisten (Mollis, Locarno, St.Gallen) oder zumindest exponierte Plätze (Wangen Lachen) angeflogen bin. Irgendwann erspähe ich dann die Piste und wir sind schon mehr oder weniger direkt darüber. Wir fliegen durch Regenbänder den Downwind der Runway 09 hinab, schlängeln uns an den Lärmschutzgebieten vorbei und sind schon im Final. Der klappt gut, entweder hab ich's langsam drauf oder der Fluglehrer hatte solche Angst, dass der den Stick geführt hat und ich die Bewegung nur imitiert habe. Ich klopfe mir geistig auf die Schulter und denke ersteres wird schon stimmen. Während dem Taxi zum Standplatz merken wir, dass es zeitlich eng werden könnte, wenn wir nach dem Start noch einen Touch&Go einschieben wollen. Abenddämmerung ist heute um Punkt 17:00, bis dahin müssen wir also wieder zurück in Mollis sein - und jetzt ist schon fast halb fünf. Wir hetzen also in's C-Büro, ich bezahle den Grossteil der fälligen Landegebühr in Bar (Die Bargeldlosgesellschaft hat noch keine Jünger in Hausen gefunden...) und die übrigen drei Franken steuert der Pilot-in-Command bei. Schnell wieder raus, Checks runter orgeln und ab auf die Piste 27. In der Hektik ging dann auch das einschalten der GoPro vergessen, aber vor dem Touch&Go fiel's mir zum Glück wieder ein. Und den Rest des Fluges enthalte ich dir jetzt einfach vor. Jetzt hast du einen Grund um den ersten Video der Bartli Productions zu schauen ;-)


Kurze Manöverkritik zum Video: Ich hab's natürlich noch am gleichen Abend zusammenbasteln müssen/wollen. Ich habe keine Erfahrung mit Videos (ausser als Konsument) und entsprechend mager ist auch der künstlerische Aspekt. Bei der Musik musste ich mich aus alten illegalen Downloads bedienen (was der alte Herr Youtube bemerkt und mir klipp und klar untersagt hat, mittlerweile ist also lizenzfreie Musik auf dem Video). Und als das Kind dann morgens um 02:10 auf die Welt gekommen ist, war's dann halt schon auch so ein Vatergefühl: Egal wie zerknautscht und traurig das Ding ausschaut, es ist mein Ding. Und jetzt kann ich in's Bett. Ich hoffe mit der ganzen Filmerei wird's ein bisschen wie mit dem Flugzeug landen: Irgendwann kann man's dann schon.

Und hier kommst du in's Spiel. Mit dem fleissigen Lesen meiner Inhalte - die völlig kostenloses "Infotainment" darstellen, mehr oder weniger einmal wöchentlich, frei Haus, frisch auf den Tisch - hast du dein Unterbewusstsein langsam aber stetig in die Lage eines Schuldners manövriert. Ha. So macht's halt jeder gute Dealer; er füttert seine Junkies kostenlos an. Nur will ich von dir nicht dein Geld, sondern deine Meinung. Ich würde mich also freuen, wenn du mir Feedback zum Thema Video geben könntest. Und das ist einfacher als je zuvor, denn mir reichen bis auf weiteres die nachfolgenden vier Fragen (die du anonym beantworten kannst):

Der Video ist...

  zu kurz!   zu lang!   genau richtig!

Gefällt dir die Hintergrundmusik?

  Ja   Nein   Naja... Es geht grad so...

Wo soll der Fokus der Videos liegen?

  Auf den angeflogenen Plätzen   Auf der Landschaft zwischen den Plätzen   Von beidem etwas - so wie jetzt

Mehr Beschreibungen oder lieber weniger?

  Mehr Beschreibungen!   Weniger Beschreibungen!   Passt im Moment schon

Danke für deine Antworten!

Und wenn du mir noch mehr Feedback geben willst, ist das ähnlich einfach. Denn ich vermute mal schwer, du kennst mich persönlich. Also: Direkt ansprechen, Whatsapp, E-Mail, Feedbackformular oder jetzt ganz neu (Oh wie geil, ich kann so einen klassischen Youtube-Influencer-Satz sagen!) "Schreib's in die Kommentare und lass ein Like und Abo da.". Meinen Youtube-Account findest du hier: Bartli's Channel

In dem Sinne, tschüss und bis zum nächsten mal wenn es wider heisst: Bartli steigt auf. Oder so.


20.12.19 Lektion 7 irgendwas

Keine Ahnung, was heute auf dem Programm gestanden wäre. Mal sicher nicht Samedan, denn die Alpen sind schon seit Tagen in den Wolken oder werden "geföhnt". Und sagen wir mal so, heute morgen war's auf dem Balkon bei mir zuhause 15°C und meine Chilischoten standen im 45° Winkel im Wind. Entsprechend deutlich war dann auch die Absage vom Fluglehrer - zuviel Wind, lohnt sich nicht. Darum wieder mal ein bisschen Theorie für dich. Heute: Die Wind Barbs - die Fähnchen im Wind

Bevor wir loslegen nochmals kurz zum auffrischen bezüglich Knoten und Füsse:

1kts/h = ~1,9Km/h
1000ft = ~300 Meter

Ein Teil der wettertechnischen Flugvorbereitung ist natürlich der Wind. Wer bis hier hin gelesen hat, der kennt schon mein ambivalentes Verhältnis zu Mutter Natur's Flatulenzen. Wind ist eine tolle Sache, aber wie auch beim Kafi Schnaps führt zuviel davon zum Absturz. Heute haben wir eine ausgeprägte Föhnlage. Der Normalbürger erkennt dies daran, dass ihm die Weihnachtsbeleuchtung vom Dach entgegen kommt und Piloten schauen sich dazu gerne Striche auf der Landkarte an - eben die Wind Barbs Chart. "Barb" kommt aus dem englischen und heisst soviel wie Haken, Stachel oder so. Oben links steht wie immer bei solchen Grafiken die Gültigkeit, Herausgabedatum und so weiter.
Die Wind Barbs sind diese schwarzen Striche mit den blauen Besen dran, die Mitte der schwarzen Striche stellt den Ort der Messung dar. Unten links siehst du die Legende für die jeweilige Höhe. Der unterste Besen stellt also die Windverhältnisse auf 2000 Fuss dar, der zweite auf 5000ft usw.
Die Anzahl "Borsten" steht für die Stärke. Eine Borste steht für 10 Knoten, zwei für 20 usw. Eine Dreieckige Borste (z.B. auf 5000ft nördlich der Romandie) bedeutet 50kts. Es gibt auch halbe Borsten, die stehen dann entsprechend für 5kts.
Der Wind bläst aus der Richtung, in die der Besen zeigt. Stell dir also einen Kompass dort vor, wo sich Besen und schwarzer Strich berühren. Generell sind sich die Windrichtungen in grösserer Höhe immer recht einig, da keine lokalen geographischen Erscheinungen wie Städte, Täler oder Berge die Winde beeinflussen. Eigentlich logisch, oder?
Auf dem aktuellen Chart sehen wir also, das der Wind so ziemlich überall um die Schweiz herum aus Südwesten kommt. Und das ziemlich stark, vorallem dort, wo die Alpen keinen natürlichen Windfang bilden. In der Westschweiz auf 1'500m schon mit 100Km/h - und in den Alpentälern (also Mollis) wird's definitiv auch nicht so richtig muckelig sein. Warum man bei viel Wind nicht fliegt? Das Fliegen an sich ist dann recht unangenehm und wird zum Kampf - aber irgendwann will man ja wieder landen. Und je näher man dem Boden kommt umso gewichtiger werden Böen dann bei der Berechnung der Chancen auf eine Landung, bei der man nachher selbst aus dem Flugzeug steigen kann. Da bleibt man heute also lieber am Boden, lernt Theorie oder schulmeistert auf seinem Blog dem Leser was vor.


So, das war's von mir vor Weihnachten - ein grosses Danke an dich, meinen Leser. Danke für's Lesen meiner Beiträge, das schauen der Videos, die direkten Feedbacks oder Mails zu den Inhalten. Egal ob du selbst Pilot bist, in der Ausbildung steckst, einfach Aviatik-Interesse hast oder dir mein Schreibstil gefällt. Nicht zuletzt für dich betreibe ich diesen Zusatzaufwand hier überhaupt. Also denn, schöne Festtage, seid nett zueinander - "HB-Marco, leaving frequency."



27.12.19 Lektion 7 Irgendwas

Heute wäre eigentlich fliegen angesagt gewesen, ein paar Landungen in Lachen hinzwiebeln. Aber machen wir's kurz: Regen, Wind, Wolken - es wurde nix draus. Aber weil ja grad Weihnachten war, habe ich mich auch noch selbst beschenken müssen. Ja, die GoPro8 war eigentlich schon mein Weihnachtsgeschenk an mich selbst. Aber das habe ich halt zu früh gekauft, das "Beschenkt-Werden"-Gefühl ist also schon verblasst. Darum habe ich mir einen Ruck gegeben und mir die PC-6 (über die ich irgendwo weiter oben in diesem Kapitel schon berichtet habe) bestellt. Und weil ein Fliegerchen alleine einfach traurig aussieht, habe ich ihm noch 3 Kumpels bestellt. Nebst der Porter sind jetzt irgendwo auf der Welt noch eine Sea Fury, eine Fairey Swordfish und eine C-47 im Anflug auf mein Wohnzimmer.

Und da hat's den alten Modellbauer wieder mal in den Fingern gejuckt. Nur einfach in's Regal stellen will ich sie nicht. Die brauchen Tarmac unter ihren Pneus. Eins führte zum anderen und noch am gleichen Tag stand ich im Coop Bau und Hobby ("da müsste ich ja eh mal noch hin die Tage...") und hab dann fast alles gefunden, was ich für meinen Wohnzimmer-Flugplatz brauchte. Gut, ich musste am nächsten Tag dann nochmals hinfahren, weil ich ja keinen Einkaufszettel brauchte am Vortag. Aber nach zwei mal fahren, hatte ich dann all das beisammen, was mir der Coop beisteuern konnte. Also ein paar Acrylfarben, Pinsel, Sprühkleber, Klebeband, Fensterfarbe und - wichtig für meinen Plan - Schleifpapier mit unterschiedlicher Körnung. Und am zweiten Tag dann noch ein zugeschnittenes Brett als Basis, ein Teppichmesser und ein Snickers (Quengelware an der Kasse funktioniert!).

Es geht also los. Kurz überlegen, wie der Flugplatz denn aussehen soll. Eigentlich keine Frage, ich will ein Stück Mollis nach Jona bringen. Also mit der Map der schweizerischen Eidgenossenschaft (die Bilder von Google sind scheisse, da die den Flugplatz im Schatten fotografiert haben) einen Ausschnitt bestimmen und die Masse auf den Masstab 1:72 herunterrechnen. Das musste nicht so genau sein, weil ich A) kein so genauer Mensch bin, B) eh nicht so genau schneiden werde und C) keine Sau das stören wird.

Der Ausschnitt war schnell gefunden; ein bisschen Vorfeld vom Ecoflight Hangar und die Intersection Charlie. Passt perfekt auf 75x40cm. Ein bisschen abmessen und zeichnen auf dem Brett und dann geht's an's Schleifpapier. Das wird nämlich für die Betonplatten vor dem Ecoflight Hangar und als Rollweg benötigt. Die Betonplatten sind zunächst noch so pastelltürkis, werden aber nach dem Aufkleben grau bemalt. Die Fensterfarbe dient dann aufgrund ihrer Konsistenz als Fugenspachtelschmatze oder wie das Zeug heisst. Zuerst aber einigermassen modellgetreu abmessen und ausschneiden, dann mit Sprühkleber drüber (Notiz an mich: Nächstes mal das gleich von Beginn weg auf dem Balkon machen) und auf die Platte drauf drücken. Klappt gut und so ganz genau müssen die ja auch nicht sein. Der Platz hat in echt auch schon ein paar Jahrzehnte auf dem Buckel und sieht nicht mehr so ganz taufrisch aus.

Nächster Punkt ist die graue Farbe. Ich befinde, dass der Farbton schon aus der Tube recht betonplattig aussieht und fange mit der Tupferei an (Notiz an mich selbst: Auch das könnte man nächstes mal direkt auf dem Balkon machen. Ist einfach weniger mühsam als mittendrin den Raum zu wechseln.). Auch das klappt wunderbar. Nach dem trocknen kommt dann die Fugenschmatze drauf - sieht richtig gut aus. Während das alles noch trocknet kümmere ich mich schon mal um den Taxiway, also den Teer vor dem Apron. Den gibt's leider nur in pechschwarz, aber irgendwie passt das schwarz auch zum eher dunklen Grau der Betonplatten - es hat halt vorhin grad geregnet. Gut, die Entscheidung wär auch getroffen. Das zuschneiden ist ein bisschen doof, denn das Schleifpapier gab's nicht in 100x100cm. Also gibt's hier ein Flickwerk. Ich bete den Sprühkleber an, dass der magische Klebefähigkeiten hat und sich dann nicht auf einmal irgendwelche Wellen in der Taxiway bilden. Und auch hier wieder mein Mantra zur Beruhigung: "Der Platz ist alt, die Strasse wurde schon paar mal geflickt, das ist alles Patina. Passt schon. Und so richtig ausgeleuchtet wird das dann ja auch nicht."

Mittlerweile ist 18:00 Uhr, der Magen meckert. Der Tisch ist aber voll mit allem möglichen Gerümpel, also esse ich halt mit dem Teller auf dem Schoss. Halb so wild, gibt eh nur n Sandwich. Acrylfarbe schmeckt übrigens nicht so richtig (Notiz an mich: Nächstes mal Hände waschen vor dem Brot schneiden, auch wenn die Farbe schon trocken zu sein scheint.), vielleicht liegt's aber auch nur am grauen Farbton. Graues Essen schmeckt ja generell nicht.
What's next? Ahja, Bodenmarkierungen. Endlich kommt Farbe auf die Sache! Die Holding Line bei Intersection Charlie, sowie die rote und weisse Linie zwischen Apron und Taxiway sind noch einigermassen einfach; sie brauchen lediglich je zwei Streifen Klebeband. Harziger wirds bei der gestrichelten Linie (Holding Line) und der gebogenen Centerline. Viel Geschneide auf dem Schleifpapier, Markierungen mit Bleistift - das hatte ich nicht bedacht. Die Klingen vom Messer und die Bleistiftspitzen gehen runter wie Osterhasen in der Sonne. Aber ich komme zu einem Ende, alles ist einigermassen abgeklebt. Die Farbe wird angerührt (und ich muss wieder feststellen, dass die Farbe ab Tube eigentlich schon recht stimmig ist). Dennoch will ich das gelb noch eine Idee wärmer haben. Dümmste Idee seit langem. Ich mische ein bisschen rot rein. Zuviel. Nochmals ein bisschen gelb. Zu wenig. Vielleicht noch weiss? Nein, das passt überhaupt nicht. Evtl. halt ein Klecks schwarz? [...] Am Ende habe ich dann genug gelbe Farbe, um die richtige Centerline in Mollis selbst nochmals nach zu ziehen. Egal, jetzt passt's ja. Die vier Striche bei der Intersection gehen recht gut von der Hand. Bisschen Tupfen, bisschen streichen, bisschen warten. Bisschen fluchen und nochmals tupfen. Es zieht sich. Weiter mit der Centerline. Mehr fluchen. Realisieren, dass es schon verdammt blöd ist, dass ich die nicht auch mit Klebeband gemacht hatte, da die Farbe ja jetzt unten drunter läuft. Nochmals fluchen. Kaffee holen. Ich wähle die Flucht nach vorne und male einfach nach bestem Gewissen durch. Kann man danach vielleicht wieder mit der Allzweck-Ausrede "Patina" retten. Das wird aber eh nicht mein Problem sein, sondern das vom Zukunfts-Marco. Nachdem die gelbe Farbe getrocknet ist, kommt dann noch die rote und die weisse Linie drauf. Die gehen dann wieder problemlos, wie zu erwarten war. Nachdem dann das Klebeband ab ist, werden noch ein paar Fehler ausgebessert, pardon, Patina hinzugefügt. Eine Füllstelle da, eine ausgebrochene Farbstelle dort. Das ist dann alles nicht mehr so ganz modellgetreu. Ich kucke mir zwar Fotos vom Platz an, aber jeden Riss und jeden Fleck habe ich dann halt auch nicht fotografiert. Ich ziehe nach Gutdünken mit der Fensterfarbe ein paar Fugen auf die Strasse. Und dann bemerke ich auf den Fotos Reifenspuren. Die müssen natürlich auch noch drauf, wär doch gelacht wenn ich das nicht irgendwie schaffe.

Mal ein bisschen durch den Fundus (auch bekannt als "Wohnung") wühlen, irgendwo findet sich doch sicher ein Lego-Pneu oder ein Spielzeugauto. Fehlanzeige. Meine Star Wars Lego haben keine Räder und bei einem Spielzeugradlader ist der Reifen zu gross. Ausserdem sind die Spuren von Flugzeug- und Traktorenpneus. Die haben beide recht eigene Profile. Kurz keimt die Idee auf, nochmals in den Coop zu rennen und Lego und Spielzeugtraktoren zu kaufen. Aber nein, das wäre dann schon ein bisschen zuviel des Guten. Da gibt's sicherlich eine Alternative. Ich finde sie wieder im Alkohol, genauer gesagt in Form eines Korkzapfens. In diesen schneide ich rundherum ein Profil, tupfe schwarze Farbe drauf und voilà: Ein Flugzeugpneu. Mit sehr welligem Profil. Egal, passt jetzt schon und besser wird's eh nicht. Kurz versuche ich das noch mit einem Traktorenpneu, aber das geht komplett daneben. Spontan befinde ich Traktorenpneuspuren als auch nicht mehr als sooooo relevant und generell überbewertet. Was aber dann doch auch recht gut geht sind eingeritzte und gefaltete Schwämmchen. Keine Ahnung welche Fahrzeuge solche Spuren machen, aber sieht nicht schlecht aus. Zum Schluss soll noch der "Dreck der Jahrzehnte" drauf. Also mit dem grossen Pinsel ganz wenig schwarz aufnehmen und grosszügig Striche verteilen. Auf der Taxiway fahren ja auch Velos, Autos usw. hoch und runter. Und hin und wieder soll's ja auch Leute geben, die die Strasse des Nachts als Rennpiste nutzen. Jaja, das gibt viel Abrieb und Flickschustereien.

"R2D2, ich hab dir gesagt dass es hier nicht nach Yavin geht!" - "Piepdüdeldüü!"

Das Projekt neigt sich dem vorläufigen Ende zu. Was noch offen ist, ist die Wiese, ein Kanaldeckel und eine Krähe (die Nüsse vor die Sea Fury schmeissen will). All das habe ich separat in einem Modellbauladen bestellt. Und als weiteres Detail, das Schild vor der Runway. Da muss ich noch überlegen, wie ich das schlau hinbekomme. Und natürlich die Protagonisten selbst, die Flugzeuge! Was ich an Flugzeugen rumstehen habe in der Wohnung hat entweder keine Räder oder ist zu klein. Also muss für das letzte Foto Mollis zu einem temporären Ausweichstützpunkt der Rebellen umfunktioniert werden, auf welchem grad eine T-47 Airspeeder und ein T-65B X-Wing der Rogue Squadron einen Zwischenstopp machen. Die sind zwar auch ein bisschen gar klein, haben aber immerhin ein "Fahrwerk". Die werden dann zeitig wieder einen Todesstern zu sprengen haben oder ihre Basis auf Hoth verteidigen müssen. Und sonst werden sie dann vom Leuchtstift verjagt (Ouh, der müsste eigentlich auch noch drauf...)

Nachtrag 1)

Die Porter ist gelandet - kam von Dortmund und geriet wohl in Turbulenzen. Auf jeden Fall hat sie ein Propellerblatt und eine Flügelstrebe eingebüsst. Aber Sekundenkleber hilft hier Wunder. Ein paar Tage später landeten dann auch die C-47 und die Sea Fury, welche Ihre Reise in China begannen. Überraschenderweise kamen die aber unversehrter an (die Sea Fury hat ihr Spornrad eingebüsst, die C-47 ist komplett heile), obwohl der Weg um einiges weiter ist. Soviel zu "China Qualität". Weniger toll ist der Verbleib der Swordfish - vermutlich ist die schon am Boden zerschellt, jedenfalls kommt von der kein Signal. Ich muss mich da mal noch mit dem örtlichen Flugplatzbetreiber in Verbindung setzen ;-)


Nachtrag 2)

Die Swordfish scheint nicht am Boden zerschellt - zwei Wochen nach der Bestellung kommen auf einmal Delivery Notifications aus China. Geduldig warten ist weiterhin angesagt... Aber dafür kann ich bei den Detailarbeiten weiteren Erfolg vermelden. Wiese, Kanaldeckel, Krähen, Schild und sogar der Leuchtstift sind jetzt auch vertreten. Beim Leuchtmäntelchen-Vorfeld-Pitbull habe ich mich bei einer richtigen Leuchtweste bedient - authentischer geht's nun also wirklich nicht.







08.01.20 Lektion 7.2 (endlich!)

Irgendwo über Tiefencastel

Das Wetter hat es endlich gut gemeint mit uns - Samedan stand auf dem Programm! Bei bestem Wetter ging's gleich nach dem Mittag in Mollis los in Richtung Walensee. Kurz nach Walenstadt dann auch schon das erste Novum für mich - Kontaktaufnahme mit Zurich Information. Das sind die Jungs und Mädels in Zürich, die - wenig überraschend - Informationsdienste für alles was +/- östlich von Bern fliegt leistet. Man meldet sich bei denen per Funk an, erzählt ein bisschen von sich (was für ein Flugzeug man fliegt, wo/wie hoch man ist und wie die Route so aussieht). Die sehen mich dann auf ihrem Radar und sagen mir, wann ich mich das nächste mal melden soll. Falls ich also zwischen zwei Meldepunkten auf einmal nix mehr sage bzw. den zweiten Meldepunkt nie melde, gehen die irgendwann davon aus, dass ich dort am Boden liege und organsieren den Besenwagen. Klappt aber dank Theorie lernen schon recht gut und es geht weiter Richtung Landquart, Küblis und Arosa.
Die Bergwelt ist absolut phänomenal - auch wenn bei Schnee alles anders aussieht als im Sommer. Ein toller Fleck um fliegen zu lernen. À propos Fleck - das Bündnerland wäre ein Blinder in meinen Geografiekenntnissen. Zumindest im Winter. Keine Ahnung wie ein verschneites Küblis oder Arosa von oben aussieht bzw. in welcher Richtung das liegen sollte. Aber zum Glück habe ich ja einen Nav-Flugplan mit Kursangaben, ein GPS, eine Karte und einen Fluglehrer. Alles zusammen bringt mich wieder auf den richtigen Weg und schon liegt Arosa unter uns. Auf 10'000 Fuss überfliegen wir die Bergkette und sind nur kurze Zeit später schon über Bergün. Langsam wird's Zeit, sich mal mit Samedan auseinander zu setzen. Wir hören das ATIS ab und sagen Zurich Information bis auf weiteres Tschüss, denn wir wollen ja jetzt mit den Leuten vor Ort reden. Wir wechseln die Frequenz und erklären dem "Tower" von Samedan unser Begehr. Die Anführungszeichen sind berechtigt, denn ein richtiger Tower mit Air Traffic Control und allem drum und dran steht dort nicht. Es ist eine sogenannte Fluginformationszone. Es hockt zwar einer am Funk, aber der informiert halt eben auch nur, welche Piste in Betrieb ist, wie das Wetter ist usw. Jedenfalls erteilt er keine Landefreigaben. Zumindest habe ich das so interpretiert am Funk. Kurz vor dem Albula wurde es dann aber schwierig mit Multitasking, denn Urs - ich schreibe den Namen ab jetzt einfach, weils nicht so distanziert klingt wie "der Fluglehrer" - merkte an, dass wir vermutlich gleich in Turbulenzen kommen werden. Ich solle den Gurt straffen und bereit sein. Ja toll. Wie bereitet man sich auf etwas vor, das man nicht einschätzen kann? Auf alle Fälle nicht mit Aufmerksamkeit am rauschenden Funkgerät, zumindest nicht bei mir. Und tatsächlich, wir kommen in die Rotoren von Piz Üertsch und Co. Hoch, runter, schaukeln - war alles dabei.

Wer erkennt den gebückten Bartli neben Yankee Foxtrott?

Als die Schaukelei nachgelassen hat, merkt Urs an, dass wir Höhe vernichten müssen. Allenfalls werde uns ein "Direct Approach" angeboten - also aus dem Tal raus und in einer Rechtskurve in den Final einbiegen, ohne vorherige Platzrunde. Da muss man schon entsprechend tief aus dem Tal herauskommen, dass man das schafft. Ich versuche die Forderung in die Tat umzusetzen, mache das aber entweder zu zögerlich oder zu langsam und den Flugplatz vermute ich auch noch weiter weg, als er eigentlich ist. Auf alle Fälle kommen wir aus dem Tal heraus, der Mann im Turm bietet uns prompt den Direct Approach an und Urs sagt zu. An dem Punkt rattert mein Kopf, der Flieger wird auf die Piste 21 ausgerichtet aber nach meinem Gusto sind wir ein Tick zu hoch. Gut, vielleicht auch 3, 4 Ticks. Auch Urs empfindet so und meldet dem Turm, dass wir noch einen Orbit machen. Also einen Vollkreis, in welchem wir Höhe abbauen. Gesagt, getan und schon sind wir in einer erfreulicheren Position und können die Landung auf dem höchstgelegenen zivilen Flugplatz Europas in Angriff nehmen. Den Aufsetzpunkt verfehle ich dann zwar, aber dafür war die Landung doppelt so sanft wie sonst.

Bei der Einmündung zum Apron wartet dann sogar ein Follow-Me Car, welchem ich zu folgen habe. Er führt uns auf das sogenannte "Snow Parking", eine platt gewalzte Abstellfläche aus Schnee. Nach dem Follow Me Car übernimmt ein Marshaller, welcher mich auf meine endgültige Position winkt. Auch das ein Novum und echt cool. Da müssen Leute tatsächlich in der Kälte arbeiten, damit ich meinem Hobby fröhnen kann. Motor aus, Türen auf und schon schallt uns ein "Willkomma!" entgegen - der Marshaller macht seinen Job offenbar gerne, vermute ich. Das erste wäre geschafft - Zeit für einen Kaffee und eine Nusstorte. Den Kaffee trinken wir im Beizli vor Ort, die Nusstorte kommt in's Handgepäck.


Weil dunkelgrün auf Weiss noch nicht so gut sichtbar ist: Leuchtweste!

Es herrscht reges Treiben auf dem Flugplatz - unsere Remos scheint zu den günstigsten Flugzeugen auf dem Platz zu gehören; Gulfstream, Citation und Falcon dominieren das Bild, die Düsensänften der Reichen, Schönen, Eingebildeten und Arroganten. Gut - die letzten drei sind einfach Behauptungen, aber zumindest "reich" dürfte auf alle zutreffen. So fühle ich mich dann auch ein bisschen deplatziert mit meinem Rauschebart und dem Palästinenserschal... Und auch das Grenzwachtkorps, welches mit seinen Hunden bereit steht hat bei mir sicherlich zwei, drei Sekunden länger gekuckt als bei der Oligarchen-Tante, die sich drei Nerze um den Hals geschlungen hat. Aber ich verbuche das unter "kostenlose Trainingsmassnahme" für das Korps, deren Feindbild muss ja auch hin und wieder mal geeicht werden. Im C-Büro werde ich 25.- los und kriege gezeigt, dass nicht alle Menschen Ihren Job mit so viel Herzblut und Freude machen, wie der Marshaller von gerade eben. Augen zu und durch, ab in's Beizli zum aufwärmen.

Das Beizli ist, wie auch schon damals in Locarno, unter der Woche der offizielle Pensionierten-Stammtisch. Ein kurzes " 'zi mitenand", zwei Kaffee bestellen und aufwärmen. Dann Manöverkritik, was gut und was nicht so gut war und noch eine WC Pause. Irgendwie scheint der ganze Bereich hier ein grosses Containerdorf zu sein, das fällt mir auf dem Weg auf's WC auf. An den Wänden hängen diverse Bilder aus der Anfangszeit der Fliegerei in der Schweiz. Männer wie Comte, Mittelholzer und Co. sind darauf verewigt. Es sind sehr spannende Bilder, aber weil's kalt ist und das Tageslicht nicht mehr ganz so lange bei uns sein wird, breche ich die Bewunderungstour dann doch ab.





Die Geister-Remos von Samedan.

Wieder draussen bei Yankee Foxtrott mache ich einen folgenschweren Fehler - ich mache mit der GoPro noch einen 360-Clip, winke den Passanten und denke mir, dass ich die Kamera bis zum Start nochmals ausschalte um Batterie zu sparen. Nach den Checks, dem Abhören des ATIS und der Clearance vom Tower rollen wir an den Anfang von Runway 21. Der Start erfolgt in Richtung Silvaplana, was genau auf unserer Route liegt. Ein bisschen nervös bin ich, denn im Rückspiegel steht schon eine Citation hinter uns, die wohl kurz Kaviar in Novosibirsk kaufen gehen muss. Also husch husch, rauf auf die Piste und Full Power. Im Steigflug merkt Urs dann an, dass ich die Cooling Flap für's Öl noch geschlossen habe. Was am Boden zwar eine gute Idee war, ist mittlerweile nicht mehr so eine gute Idee, denn das Öl hat langsam genug warm. Kurze Überlegung, warum dem so ist - ich habe den Climb Check vergessen. Scheisse. Eigentlich wär's ja ein mega kleiner Check und auswändig kann ich ihn auch. Nur dran denken müsste ich... Kommt auf die "unbedingt verbessern Liste", Seite 36. Wir fliegen über Silvaplana hinweg in einer Kurve über Sils, denn wir wollen/müssen zuerst Höhe gewinnen um über den Julier zu kommen. Auf der Passhöhe sinniere ich ein bisschen vor mich hin, was ich denn jetzt noch so vergessen haben könnte. Und da durchfährt mich der Blitz: Die GoPro. Shit. Der Start im Winterwunderland und all die teuren Jets... Gnaaaaah. Gut, jammern nützt nichts - filme ich halt ab Bivio, ist ja auch schön. Vielleicht hat uns ja die Webcam vom Flugplatz per Zufall erwischt. Und das hat sie in der Tat, wie du rechts im roten Kreis vielleicht erkennen kannst ;-)


Mmmmhhhh....

Wir melden uns bei Zurich Information an, damit die uns wieder auf dem Radar haben. Es geht über wunderschöne verschneite Gipfel und Täler. Tiefencastel und Breil liegen bereits hinter uns und dann kommt ein vertrauter Anblick, das Glärnischmassiv. Da lacht das Herz. Ich kenne mich mit einem mal wieder perfekt aus, im Kopf rattern die vielen Fotospots durch, wo ich schon hoch gekraxelt bin.
Aber um dort hin zu kommen, müssen wir erst noch den Kistenpass queren. Klappt perfekt, schön im 45° Winkel angeschnitten und schon sind wir im Glarner Hoheitsgebiet. Und weil's so schön war, fliegen wir noch über den Muttsee und schlüpfen zwischen Nüschenstock und Kärpf hindurch in Richtung Schwanden. Weiter geht's nach Glarus und dort - nach einem von mir vorgeschlagenen und von Urs goutiertem 360 Turn - in angemessener Höhe nach Mollis auf die Piste 19. Arglistig wie er ist, befiehlt Urs einen Go Around. Flugzeug und Körper gehen in den Steigflug, der Geist hat aber aufgesetzt und befindet sich schon am zurückrollen zum Hangar. Ich steige zuwenig schnell und irgendwie drifte ich nach links weg. Das ist ja mal ganz was neues und ist mir noch nie passiert. Häää?
Im Debriefing lerne ich dann, dass das erste Anzeichen einer Sauerstoffunterversorgung waren. Grund dafür ist, dass wir halt doch eine knappe halbe Stunde über 10'000 Fuss unterwegs waren - und dort oben ist die Luft dünner. Da steigt das Flugzeug schlechter und die Birne baut dann auch merklich ab. Ein komisches Gefühl, wenn man meint, man sei voll da aber dann quasi bei vollem Bewusstsein totalen Mist fliegt... Darum gibt's auch eine Regel, dass man Sauerstoff mitführen muss, wenn man länger als 30 Minuten in dieser Höhe unterwegs sei.
Weiter geht's zur normalen Landung und dem Debriefing im Ecoflight-Container. Wow - ein ereignisreicher Tag geht langsam zu Ende, viele viele neue Eindrücke habe ich gewonnen. Und eine Nusstorte gekauft. Und wieder einen Video für dich gebastelt, viel Spass!




Flug 7.1 d)

Es stand seit langem wieder mal Wangen-Lachen auf dem Programm - mit der Aussicht, dass ich allenfalls sogar selbst zwei, drei Landungen hinpfeffern könnte. Aber alles der Reihe nach. Beim Briefing gab's recht wenig zu besprechen, die Planung stimmte, der Weg war bekannt und das Wetter sah für die kommenden paar Stündchen auch gut aus. Dann also nicht lang palavern sondern raus via Piste 01, rasch zwei Touch&Go Landungen in Mollis machen und dann raus Richtung Wangen-Lachen. Da ab nächster Woche das WEF ist, fliegt ein bisschen mehr teurer und spezieller Krempel durch die Luft als sonst. Das beginnt schon im Sector North über Ziegelbrücke, als uns von Zürich her eine C-130 Hercules kreuzt. Weder am Boden noch in der Luft habe ich so ein Ding jemals gesehen (ausser vielleicht mal in einem Museum) und doch rangiert es in meiner ellenlangen "Dieses Flugzeug finde ich auch noch cool: "-Liste im oberen Viertel. Das FLARM, also das Kollisionswarngerät, piepst munter drauf los. Es hat einen Hubschrauber links unter uns entdeckt und ich erspähe ihn ebenfalls. Dann noch einer rechts von uns. Mein Genick holt alles raus, was an Eulen-DNA drin ist. Dann geht's an die Checks, die ich extra nochmals gebüffelt habe. Der Descent Check sitzt, yeah! Wangen-Lachen aufrufen und Ihnen unsere Position und meine Absicht melden? Locker, yeah! Dann kommen wir in den Stau. Vor uns einer, hinter uns einer, unter uns einer und alle wollen sie nach Wangen-Lachen. Eine davon ist nicht allzuweit vor uns im "Sector South", sie vermeldet in breitestem St.Galler-Englisch "sektoh saus". Aber sie fliegt nicht in die Platzrunde ein, sondern düst einfach über den Platz hinweg um Übungen zu machen. Dummerweise habe ich aber Ihre Fährte aufgenommen und fliege ihr nach anstatt meinem eigenen Programm zu folgen. Entsprechend komme ich ein bisschen daneben in die Platzrunde, was ich aber dann aber doch noch einigermassen ausbügle - mit entsprechendem Beratungsaufwand von Urs rechts neben mir. Ab hier zerbröselt dann die Aufgabe. Auf dem Downwind zu nah am Rapperswiler Ufer, zu früh und zu eng in die Base eingeschwenkt, der Final zu hoch - Go Around. Das wiederholt sich dann noch vier mal, wobei eine Steigerung durchaus feststellbar ist. Aber noch weit weg von Solo-Landungen. Ich bin hässig. Nicht weil ich ständig meinen Aufpasser neben dran hatte und nicht alleine ran durfte, nein. Richtig angefressen bin ich, weil's ja eigentlich nicht wirklich ein neuer Platz ist. Die Voltengeographie ist auch bekannt. Keine Ahnung was bei mir los war. Hirn schon im Wochenende offensichtlich. Egal. Aufstehen, Krone richten, 60.- blechen und zurück nach Mollis.

Nächste Woche gibt's keinen Termin - im Büro liegt genug Arbeit für einen Monat und die Jungs und Mädels dort möchte ich ja auch irgendwie zufriedenstellen. Schliesslich ermöglichen die mir durch Lohn und Flexibilität meine PPL.


Übrigens;
Wer an dieser Stelle nach meinem Gletscherflugbericht sucht, ist hier völlig falsch. Der hat nämlich eine eigene Seite gewidmet bekommen: Weiter zum Gletscherflug!

Und wer keine Lust auf  Fotos und Videos von Landungen mit einer Super Cub auf Glarner Gletschern hat dem ist eh nicht mehr zu helfen. Aber für eine Therapie ist es nie zu spät: Weiter zu Kapitel 8