ready for departure
Mein digitaler Flugplatz

19.10.22 - Der Bücker Flug

Als treuer Leser hast du evtl. noch das Foto im Kopf, welches mich in einem gelben Doppeldecker zeigt. Damals, als ich meine erste Graslandung in Lommis hinter mich gebracht hatte und  mich Urs voller Stolz in den Hangar geführt hat, wo zwei oder drei Bücker standen. Ja, damals hatte er mir versprochen, dass er mich da mal mitnehmen werde. Und er hat's auch zwei, drei mal versucht - leider immer, als ich schon verplant war. Aber jetzt hatte es endlich geklappt. 

Ich fuhr also gegen Mittag von Rappi in Richtung Fehraltorf, wo ich mich mit Urs zum Zmittag treffe. Trotz Umleitungen komme ich relativ pünktlich an und das obwohl ich von der geplanten Route abweichen musste und eigentlich keine Ahnung hatte, wie ich den Flugplatz finden sollte (klar, ich hätte das GPS mal anwerfen können. Hätte. Können.). Urs hat bereits einen Tisch im Visier und die Vorbesetzerin räumt sogleich das Feld. Sie lässt uns aber noch kurz Ihren Hund da, bis sie vom WC zurück ist und uns dann den Tisch endgültig überlässt. Wir schmöckern durch die Speisekarte und entscheiden uns für etwas Kleines. Das Tagesmenü (Chili Cheese Dog mit Pommes) tönt zwar auch verlockend, aber könnte sich im Verlaufe des Nachmittages noch rächen. Wir gehen kein Risiko ein und bleiben bei alt Bewährtem: Einem Plättli mit Landjäger, Käse, Brot und Garnitur. 

Wir sprechen über die letzten Ferien von Urs, meinen letzten Flug und überhaupt über alles, was man halt so spricht wenn man sich ein paar Monaten nicht mehr gesehen hat. Irgendwann sind die beiden Plättli leer, unser Bücker kommt von seinem Flug zurück und wir brechen auf zur Piste. Also Urs bricht mehr zur Piste auf als ich, denn er kümmert sich um die Betankung. Ich dagegen steige die Treppe zum "Tower" hinauf, vor welchem es ein paar Gartenstühle und eine Aussichtsplattform hat. Dort schaue ich ein paar Minuten dem Flugbetrieb zu und lasse mir die Herbstsonne in's Gesicht scheinen. 

Wegen grosser Nachfrage ausverkauft?

Irgendwann ist dann HB-UVH vollgetankt und Urs ruft mich zu sich. Bevor's los geht muss ich mich noch einkleiden. Eigentlich habe ich alles dabei, aber eine Haube muss ich noch haben - so eine sexy Lederkappe halt. Optional gäb's auch noch eine Fliegerbrille, aber ich bleibe bei meiner normalen Sonnenbrille. Im Schrank der "Swiss Oldies", so heisst der Verein, welchem die beiden Bücker gehören, hat's auch noch ein Fächli welches mit "Kotztüten" beschrieben ist. Es ist leer. Könnte ein schlechtes Zeichen sein...
Egal, es ist Zeit zum Fliegen. Urs holt sich noch seine Jacke, ich gehe schon mal auf Tuchfühlung mit Victor Hotel. Ich schmeiss mich in meine Kluft; Schal umbinden und rein in die Lederjacke. Auf der Terasse der Beiz scharen sich die Leute - der gelbe Flieger fällt auf. Schon kommt Urs und weist mich ein, wie ich mich in den vorderen Sitz zu schlaufen habe. Gar nicht so einfach, aber unter Anleitung geht's dann doch recht gut. Als ich drin bin, merke ich, dass man hier noch weniger Bewegungsfreiheit hat als in Breezer, Remos und Co. Aber um mit der GoPro an einem Selfiestick herumzufuchteln reicht es zum Glück noch. Den Fünfpunkt-Gurt kriege ich zum Glück auch noch zu. Und heute sollte der auch einigermassen stramm sitzen, schliesslich sitzen wir in einem Flugzeug, welches für Akrobatikflüge zugelassen ist. 

Legenden unter sich

Schon geht's los, der Motor lässt den Propeller drehen und sofort drückt es im Gesicht und dröhnt in den Ohren. Auch das Noise Canceling Headset vermag keine Wunder zu vollbringen. Ich sitze halt knapp zwei Meter hinter einem 180 PS Lycoming Motor und dazwischen steht nur ein 30x20 cm Plexiglasscheibchen. Aber genau das will man ja mitunter auch in so einem Flieger. Mir gefällt's jedenfalls schon richtig gut und wir sind noch nicht mal einen Meter gerollt. Das holt Urs aber sofort nach und wir stellen uns beim Holding Point an der Piste 30 auf. Der Wind dreht aber kurz darauf und so entscheidet sich Urs, dass Piste 12 uns besser passt. Wir drehen auf die Piste ein und schon geht's los. Meine GoPro fest umklammert führt uns die Route über den Pfäffikersee und weiter an die Goldküste nach Stäfa. Irgendwo über der Seemitte fragt mich Urs dann, ob ich auch mal steuern möchte. Was für eine Frage... Schnell die GoPro verstauen und "My Controls" in's Mikrofon rufen. Ich lerne, dass man in diesem Flieger nicht einfach die Nase dorthin zeigen lässt wo man hin will. Denn man sieht so ziemlich nichts was vor und unter einem passiert. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen betätige ich immer mal wieder die Querruder um links und rechts nach unten und vorne sehen zu können. Vorbei an Lachen pilotiere ich uns an die Pforten des Glarnerlands, biege nach Süden in's Tal ein und passiere den Glärnisch. Im Talkessel über Linthal wende ich wieder nach Norden und peile Mollis an, wo Urs dann einen Low Pass vollführen wird. Im Raum Fronalpstock hat's dann noch zwei, drei Gleitschirme. Die zu entdecken ist zwar schon im Breezer nicht ganz ohne - aber im Bücker ohne FLARM und wenn der ganze Körper konstant vibriert ist es nochmals ein Stück anspruchsvoller. Ich entdecke aber alle, die sich uns in den Propeller wickeln könnten und schlängle uns wohlbehalten über den Flugplatz.

Irgendwo Overhead Mollis gebe ich die Kontrolle zurück an den Meister und wechsle sofort zurück zur GoPro. Bis zum Final ist alles ziemlich so wie ich das auch gelernt habe. Doch das Problem mit der Sicht ist bei der Landung natürlich auch vorhanden. Der Pilot behilft sich dabei mit der Glissade, welche neben der Sicht auch den Umstand der nicht vorhandenen Landeklappen löst. Sieht schon speziell aus, wenn man ewig lange auf die Piste zu schwebt, die Flugzeugnase aber irgendwo in's Gemüse zeigt. Im richtigen Moment richtet Urs dann das Flugzeug parallel und mittig zur Center Line aus (was ich nicht mal im Breezer immer schaffe, trotz perfekter Sicht nach vorne...). Vermutlich so ein, zwei Meter über dem Boden donnern wir die Piste 01 runter bis auf Höhe des Ecoflight Hangars wo Urs den Velofahrern mit den Flügeln winkt. Im Climbout verfolge ich dann einen Heli, welcher irgendwann - soviel ich das am Funk verstanden habe - unseren Weg in Richtung Walensee kreuzen wird. 100%ig sicher bin ich mir aber nicht, denn das Headset ist nicht das Beste und fällt hin und wieder mal aus. Ich sehe ihn nicht aber er hat uns ja auch am Funk gehört. Ohne Zwischenfälle steigen wir in die Linthebene hinaus. Das Herbstwetter macht sich bemerkbar, ein seidener Teppich rollt sich unter uns aus. Sieht zwar schön aus, aber mir wird kurz ein wenig mulmig - denn landen könnten wir in dieser Suppe wohl nicht wirklich. Im gleichen Moment spricht Urs das Thema an und meint, dass wir nicht mehr all zu lange machen sollten. "Great minds think alike" oder so. 

Doch bevor's an die Landung geht müssen wir noch prüfen, ob die Gurte richtig angezogen sind. Dazu holen wir Anlauf in einer Linkskurve nach unten und nutzen den Schwung für einen Looping. Der Gurt hält. Ich hab den Spass meines Lebens. Bevor ich mich vom Looping erholt habe gibt's gleich noch eine Rolle dazu. Urs erkundigt sich nach meinem Wohlbefinden und ich gebe Entwarnung, im Gegenteil: I'm loving it! Aber mehr Akro liegt heute leider nicht mehr drin, wir müssen jetzt erst mal den Flugplatz finden... Je tiefer wir kommen desto weniger schlimm sieht es dann aber zum Glück aus. Auf Platzrundenhöhe ist die Sicht dann wieder perfekt und wir landen auf der Piste 30 bei welcher ich im Final noch zu mir sage "Also hier würde ich dann mal mit der Säge vorbei gehen bei Nacht und Nebel...", denn die Bäume ragen doch recht hoch hinauf. Oder vielleicht kommen wir einfach recht tief hinein. Schlussendlich reicht's aber problemlos und wir nehmen keine Tannzapfen oder Eichhörnchen mit. 

Passt, wackelt nicht, hat aber Luft

Urs rollt uns vor den Hangar und schaltet den Motor aus. Eine wohlige Ruhe kehrt ein, die Sonne vermag wieder zu wärmen. Hier könnte ich jetzt noch ein Stündchen genau so sitzen bleiben. Vielleicht noch ein Bierchen aber sonst gefällt's mir hier grad richtig gut. Doch was nach jedem Flug gemacht werden muss, muss auch heute geschehen: Putzen. Dann muss ich mich halt trotzdem aus dem Bücker rauszwängen. Und weil ein Bücker doppelt so viele Flügel hat wie ein Breezer (und dazu noch Verstrebungen), gibt's mehr zu tun als sonst. Aber anders als in Mollis scheint hier die Sonne auch im Herbst noch bis in den frühen Abend hinein. So geht die Katzenwäsche recht angenehm von der Hand. 

Als nächstes muss HB-UVH wieder in den Hangar, doch wie auch in Mollis ist der Platz hier recht beschränkt. Und so muss zuerst eine Super Cub heraus gezogen werden. Mittlerweile dürfte jeder einigermassen treue Leser wissen, dass ich eine geheime Liebschaft mit diesen Flugzeugen angebandelt habe. Natürlich packe ich daher gerne an und ziehe die gelbe Super Cub an der Nase nach draussen und schiebe sie - nachdem der Bücker versorgt ist - genauso vorsichtig wieder zurück an ihren Platz. Alles geputzt und versorgt - das Feierabendbierchen haben wir uns verdient. 

Im Flugplatzbeizli "Im Speck" wird's langsam voll, aber draussen hat's noch Platz. So setzen wir uns an einen Tisch, wo schon "Lokalkolorit" anwesend ist. Zum einen sitzt da der Fluglehrer von Urs bzw. zumindest der, der ihm das Bückerfliegen beigebracht hat. Selbiger war sogar mehrere Saisons lang Kommandant der Patrouille Suisse und kennt nicht nur den Flugplatz Speck in- und auswendig. Die anderen beiden haben auch was mit dem Flugplatz zu schaffen, aber Urs kennt sie nicht. Der eine ist oder was, was sich später noch herausstellen wird, der Chef der hier ansässigen Fluggruppe. Kurz nachdem wir uns dazugesellt haben bestellen sie aber Abendessen und verschwinden dann nach drinnen, da es mittlerweile doch recht frisch geworden ist. Urs und ich trinken noch aus, verabschieden uns dann von den Anwesenden und dann geht's wieder zurück nach nach Hause. 

Und für dich gibt's jetzt (unter anderem) ein Novum! Interaktive Videos, bei welchen du mit der Maus den Blickwinkel selbst verändern kannst. Aber natürlich gibt's auch noch wie üblich ein paar Fotos und einen Video, bei welchem du dich einfach zurücklehnen kannst. 


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