ready for departure
Mein digitaler Flugplatz

Turning final...

Das heisst, langsam geht's an's fertig werden... Oh je.


09.09.21 - Rekon... Reknogo... Aufklärungsflug nach St. Gallen

Da wir heute den Flieger erst am späteren Nachmittag reserviert hatten und zudem noch Bauarbeiten auf der Piste in Mollis stattfinden (neue Markierungen damit die Business Aviation auf dem "neuen" Zivilflugplatz landen kann/darf/könnte/dürfte) blieb nicht mehr viel Luft für uns. Und da in den letzten Wochen und Monaten offenbar zu viel geflogen wurde, ist Landetraining auch nicht mehr gern gesehen in Mollis. Der Flugplatz unternimmt also grad alles, damit ich möglichst nicht oder wenig zum Fliegen komme (die Landegebühren wurden ja schon vor ein paar Monaten verdreifacht. Damit die Kasse bei allen wieder stimmt, soll man jetzt einfach nicht mehr so viel landen schätze ich.). Aber so richtig lange muss er mich ja theoretisch nicht mehr ertragen - wie das Kapitel schon sagt, drehe ich ein in den Endanflug meiner Ausbildung zum Privatpiloten. 

Für heute hatten wir uns dann entschieden, dass wir wieder mal St.Gallen-Altenrhein anschauen möchten. Der Platz steht aktuell hoch im Kurs für meinen 270 Km "Dreiecksflug". Dieser Flug ist der Prüfstein aller Piloten in spe, denn man ist erstmals länger alleine unterwegs und muss dabei auf zwei "fremden" Plätzen landen und 270 Kilometer Luftlinie geflogen sein. 200 Wartekreise über dem Walensee zählen also nicht.
St.Gallen war schon lange nicht mehr auf dem Programm, mit dem Breezer war ich eh noch nie da und beim letzten mal hatte Urs auch das Geschwafel mit dem Turm für mich übernommen. Heute wird er nicht mehr so zuvorkommend sein und von mir erwarten, dass ich alles alleine mache. Also steigen wir am späteren Nachmittag in Richtung Ricken auf, hangeln uns der Thur entlang nach Wil und zweigen dort ab auf die A1 nach St.Gallen. Dort stelle ich prompt die falsche Frequenz ein und funke meine Position in's Nirvana anstatt nach St.Gallen. Perfekt. Schon bin ich im A******. Denn ab da läuft's dann nicht mehr so richtig prächtig. Ich parliere zwar einigermassen passabel mit dem Tower (nachdem ich die richtige Frequenz eingestellt habe) und bestätige die Clearance in die CTR (fast) korrekt. Aber weil ich zu lange an den Funksprüchen herum hirne (und mich danach an deren Korrektheit erfreue) und dem Zeppelin auf der anderen Seeseite nachschaue, vergesse ich die Hälfte der Checks. So sind dann die Flaps beim Landeanflug noch nicht komplett draussen und die Propellerdrehzahl ist für den erfragten und genehmigten Touch&Go auch zu niedrig. 

Captain Chamäleon rettet den Tag!

Wieder im Downwind höre ich dem Tower zu wie er mit der People's Air auf dem Apron über deren baldigen Start verhandelt. Die People's Air ist wohl eine der kleinsten Fluggesellschaften der Welt - ihre Flotte besteht nämlich nur gerade aus der Laura. So heisst ihre Embraer 170, die täglich zwischen Wien und St.Gallen hin und her düst. Und Laura will nun offenbar los, am liebsten wohl genau dann, wenn ich ihr entgegenkomme. Das Risiko steigt, dass der Tower Laura's Charme eher erliegt als den holprigen Funksprüchen vom Bartli. Urs will das Risiko nicht eingehen und interveniert in meine eh schon fast nicht mehr präsente Planung indem er dem Tower anbietet, dass wir unseren Anflug auch verkürzen können um den Passagieren der People's Air sprichwörtlich entgegen zu kommen. Der Tower lässt sich auf den Deal ein und schon drehe ich nach rechts ab. Das klappt grundsätzlich gut, aber da nun noch weniger Zeit für meine Checks da ist, lasse ich sie grosszügigerweise und spontan komplett weg und handle nur noch auf Anweisung vom Meister. Voll überfordert und übertölpelt. Noch beim Ausrollen fange ich mich an zu ärgern. Den ganzen Scheiss habe ich gestern Abend noch geübt und bin den Anflug im Geiste durchgegangen. Für nichts. Oder für sehr wenig jedenfalls. Wir taxeln vor die Tankstelle und ich steige aus um der hübschen Madame im C-Office den fälligen Obolus zu entrichten. Ich kaufe ihr dann sogar noch einen Eistee und eine Cola ab, um meinen sicherlich erzürnten Meister zu beschwichtigen. 
Ich tschumple demütig zurück (Haha, nein. Ich feuere schon wieder Sprüche raus beim zurück laufen), aber Urs scheint mir wohlgesonnen. Er ist mit mir weniger kritisch als ich mit mir selbst, obwohl ich soviel verbockt habe in den letzten 15 Minuten. Vielleicht hat er aber einfach nur Angst, dass ich komplett einklappe, wenn er mich auch noch staucht. Schliesslich soll ich ihn ja noch zurück nach Mollis fliegen ;-) Hinter uns kommt noch ein anderer FLieger mit Fluglehrer und -schüler (sorry, Name vergessen) einer anderen Flugschule (sorry, Name vergessen) an und es entsteht ein lockerer Plausch. Ich kann mich in den fünf Minuten wieder ein bisschen sammeln und schon geht's wieder auf nach Hause. 

Die Anmeldung am Tower und die ganze Funkerei klappen gut. Mein Kopf hat wohl wieder einen Einstiegspunkt gefunden, an welchem er das Gelernte wie an einem Rosenkranz herunterbeten kann. Der Bodensee sieht schon schön aus im Abendlicht. Toll, wie lange man Sonne hat, wenn man nicht in den Bergen...oh verdammt! Ich muss ja zurück in die Berge. Und die haben einen brutal hohen Lichtschutzfaktor... Hat's in der Heimat überhaupt noch Licht?! Ein bisschen mulmig drehe ich uns über dem Bodensee nach Süden in Richtung Rheintal. Also die da unten müssen aktuell schon keine Sonnenbrille mehr tragen... Kurz kann ich aufatmen, denn die Sonne kehrt zurück. Aber halt auch nur, weil ich im Steigflug bin, um dann durch's Toggenburg zwischen Churfirsten und Säntis hindurch über den Strichboden nach Amden zu rutschen (toll, wenn man dank Google so tun kann wie wenn man die Steine und Wiesen da alle kennt, hä?). Zu hoch darf ich dann neben dem Säntis aber nicht sein - dort wird grad ein "Blitzableitlaser" getestet. Ja, ohne Witz. Die wollen mit Laser die Luft ionisieren und damit Blitze fangen - wie wenn man einen Kupferdraht in die Stratosphäre halten würde. Faszinierend, nicht wahr? Hier die ganze Story dazu: https://www.srf.ch/news/schweiz/blitze-baendigen-laserkanone-auf-dem-saentis-soll-zum-modernen-blitzableiter-werden

Auf jeden Fall ist ein Blitz-Anzieh-Experiment ein guter Grund für uns, auf Abstand zu bleiben. Auf dem Weg das Rheintal hinauf lerne ich die Grenzbereiche des Sichtflugs kennen. Der Himmel ist "diesig", Temperatur und Taupunkt nähern sich an und im Toggenburg hat's Staubewölkung. Ich weiss zwar, dass ich auf Felswände zufliege aber sehen kann ich sie nicht. Die Tiefenwahrnehmung ist komplett weg, dank der Sonne und dem Dunst. Mittels Chamäleonblick halte ich mit dem linken Auge die Strasse, die von Gams in's Toggenburg führt, fest und scanne mit dem rechten Auge was vor mir passiert. Urs und ich beraten uns und beide befürchten, dass der Plan nicht aufgehen könnte und der Übergang nach Amden schon dicht sein könnte. Mein linkes Auge hat dann aber irgendwann entschlossen, die Strasse ein wenig zu vernachlässigen und die schön orange eingefärbten Bergflanken zu bestaunen. Das ist nun die Rettung bzw. Plan B. Zwischen Gamserberg und Chäserrugg überqueren wir das felsige Hindernis und schon sind wir über dem Walensee. Sehen kann ich ihn wegen dem Gegenlicht der Sonne zwar noch nicht, aber GPS und Verstand sind sich einig: Da unten ist ein See.

 Zeit zum Absinken. Ein paar gekonnte Blicke über die Schulter um zu sehen "Ah, ja. Walenstadt." und um sicher zu stellen, dass mir keiner hinten rein donnert, der den gleichen Weg fliegt aber nicht mit einem Besucher von oben rechnet. Ein paar Minuten vergehen und als die Sonne dann hinter den Bergen verschwindet (jetzt kannst du selber googeln, es sind die paar grossen Steine westlich vom Walensee), wird mir wieder wohler. Zu Beginn überwiegt noch der "Verdammt, hier ist's ja noch dunkler..."-Eindruck, aber die Augen gewöhnen sich zügig wieder an die wohlige Finsternis der Heimat. Checks und Gefunke klappen wie aus dem Lehrbuch und die Landung hätte eine Messingplakette am Hangar verdient. Ich weiss nicht mal, ob das Flugzeug realisiert hat, dass es gelandet wurde. Bu-tter-weich. Zur Bestätigung gibt's ein "Ooooh..." von nebenan. Mein restlicher Plan von "Ich weiche all den frisch gemalten Markierungen aus" erhält dann aber nur ein ermahnendes "Marco...". Man kann nicht alles haben. Und so geht wieder ein lehrreicher Flug zu Ende. Mit Hochs und Tiefs, Sonne und Wolken, hübschen Frauen im C-Büro und geschlossenen Flugplatzbeizen und allem, was halt sonst noch so dazugehört zum Fliegerleben. Freud und Leid sind nah beisammen, zumindest im Moment noch. 



17.09.21 - Kühe auf der Piste

Und weiter geht's mit Erkundung neuer Plätze. Heute ist geplant, dass wir Langenthal und Buochs anschauen. Aber da das zeitlich eng wird, entscheiden wir auf dem Flug ob wir ggf. Buochs weg lassen und dafür ein bisschen Landetraining in Langenthal machen. Am Morgen ist das Wetter noch herbstlich, am Nachmittag kommt aber der Altweibersommer nochmals richtig zum Zug - wie gut, dass unser Flieger ab 1330 in Mollis auf uns wartet. Kurzes Vorbriefing, Prüfung meiner Karten und Flugpläne: Alles in Ordnung. Los geht's via Lachen in Richtung Affoltern am Albis dort muss genau auf die Höhe achten, denn über mir ist die Ein- und Ausflugschneise von Emmen. Theoretisch könnte ich den Tower fragen, ob ich hindurch fliegen darf. Aber da diese Schneise (TMA) erst ab einer bestimmten Höhe gilt, kann ich auch einfach unten durch. Das passt mir eh besser. Nicht mal unbedingt weil ich dann weniger palavern muss, sondern mehr, dass ich damit den Flugbetrieb in Emmen nicht unnötig erschwere. Vermutlich läuft dort eh nicht all zu viel, aber warum dem Tower Arbeit machen wenn's auch ohne geht? Urs findet, ich könnte jetzt - nebst der Navigation - auch mal noch den Autopilot ausprobieren. Und mich auf der "Zurich Information" Frequenz anmelden (das ist vereinfacht gesagt eine Flugwegverfolgung durch den Tower in Zürich. Man meldet sich dann an zuvor ausgemachten Punkten, damit der Tower weiss, dass man noch fliegt. Kostet nix, ist ein Plus an Sicherheit und vor allem in abgelegenen Gebieten sinnvoll.). Alles zusammen ist aber ein bisschen viel für den Bartli und als dann auch noch Gegenverkehr auf der gleichen Höhe (an die Halbkreisregel hält sich offenbar nicht jeder...) an uns vorbei zischt, entscheide ich mich gegen eine Kontaktaufnahme mit Zurich Information und dafür, mich mehr auf den Verkehr und die Navigation zu konzentrieren. 
Zusammen mit GPS und den Kursangaben auf meinem Flugplan klappt das recht gut und nach kurzer Zeit sind wir schon über dem VOR von Willisau. Hier mache ich den Erstaufruf für Langenthal, damit die wissen, dass ich komme. Ich fliege stur nach meinem geplanten Kurs und erwarte irgendwann mal einen Flugplatz zu sehen. Aber es kommt keiner. "Willst du nach Langenthal?" fragt Urs dann irgendwann. "Falls ja, hier rechts wär ein Flugplatz. Könnte der sein, oder?". Ich schaue nach rechts. Ich sehe Wälder, Wiesen, Dörfer - aber kein Flugplatz. Aber ich drehe trotzdem mal nach rechts, denn wenn Urs einen Platz sieht, wird's ja sicher einen haben. Dann schwafelt er was von Signalplatz auf meiner linken Seite und erst dann realisiere ich, dass der Platz direkt vor meiner Nase ist. Ich hab geschätzte 10Km weiter entfernt gesucht... Aber kein Problem, jetzt sehe ich ja alles und die wunderlichen Zeichen auf dem Signalplatz kann ich dank den Theorieordnern mittlerweile auch entziffern. Davon ausgehend, dass die ausgelegten Zeichen stimmen, entscheide ich mich für die Piste 05. Ich drehe also nach links und bin schon im Downwind. Dank Urs' iPad sehe ich unsere Position und die Voltengeographie. Wie in der Schweiz üblich, ist die Volte auch hier anspruchsvoller designt als wohl im Rest der Welt. Primär aus Gründen des Lärmschutzes, sekundär aber wohl auch wegen der traditionellen Flugabwehr hier: einem Hornusserplatz. Aber der kommt dann erst nach dem Touch&Go. Zuerst muss ich aber meinen Weg zwischen Bauernhöfen hindurch finden. "Über der Strasse links.", "Nicht über die Häuser.", "¨Über den Bauernhof" - so in etwa fliegt man von der Mitte Downwind auf die Piste 05 an. Sie ist zwar relativ kurz (525m), aber dafür 18 komfortable Meter breit. Wow. Dass ich 18m Breite mittlerweile komfortabel finde, hätte ich vor einem Jahr noch nicht gedacht... Mal schauen, ob ich mich irgendwann mit den 11m in Bad Ragaz auch noch anfreunden kann... Aber zurück zu meinem Anflug auf Piste 05: Irgendwie fühlt sich alles richtig an, die Checks sind immer am richtigen Ort passiert und schon setze ich auf. Kein Knall, kein Gemecker von nebenan und schon stosse ich den Schubhebel wieder rein für den Start.

Da ich mir keine "Nouss" einfangen will, befolge ich den verlangten Anflugweg möglichst genau - unter fachkundiger Anweisung von Urs. "Auf's Hornusserhäuschen zu.", "Rechts in Richtung Wald.", "Nicht über die Häuser.", "Links vor den Häusern vorbei", "Über den kleineren der zwei Tümpeln drüber.", "Das Hochhaus als Richtpunkt nehmen.", "nicht zu weit links" klingt's auf dieser Seite. Ein bisschen so wie bei den Rallyefahrern. Nur singt Urs nicht so enthusiastisch. Wir sehen zwei Bussarde oder sonst so ein Greifvogelpack vor uns. Sie kreisen, sind mal links von uns, mal rechts. Ich überlege zu lange, wo die zwei sein werden, wenn wir auf ihrer Position sind: Urs greift ein und zieht uns aus der Voltengeographie nach rechts raus. Und schon stimmt alles vorhin eingeprägte irgendwie nicht mehr, denn ich muss ja jetzt zuerst wieder auf die richtige "Spur" kommen. Aber nach zwei, drei Sekunden bin ich wieder auf dem Downwind der Piste 05. Auch die Landung klappt super, zumindest fühlt sie sich gut an und die Stille von nebenan werte ich als Zustimmung. Es folgt der dritte Anflug und die Frage von Urs, ob ich's dabei belassen wolle. Sicher nicht. Wenn's doch schon mal läuft... Also noch eine Umdrehung mehr und dann setze ich zur finalen Landung an. Wir taxeln raus zur Tankstelle, da wir mit dem Landetraining hier vielleicht die entscheidenden paar Liter zu viel verbrannt haben um sicher bzw. "regelkonform" nach Mollis zurück zu kommen. Regelkonform bedeutet in diesem Fall, dass noch mindestens Benzin für 45 Minuten im Tank sein müssen, wenn man gelandet ist. Mittlerweile haben wir uns auch entschieden, dass Buochs keine Option mehr ist für uns - Stress ist nie ein guter Partner für Schulungen.

Yeeehaw!

Wieder mal was neues, tanken ausserhalb der Homebase. Ist aber nicht gross anders als das Tanken mit einem Auto. EC-Karte rein, Säule wählen und Urs fängt an zu zapfen. 15 Liter sind angepeilt und wollen möglichst genau getroffen werden. Die Zapferehre steht auf dem Spiel. Bei 15,03 Liter wird entschieden, dass eh 16 Liter angepeilt sind. Diesmal klappt's und kurz darauf peilen  wir das "Flügerli" an. So heisst das Beizli am Pistenrand. Haha, dass mir der Spruch noch nie eingefallen ist. "Kafi am Pischterand". Haha. Okay, sorry, ich hör ja schon auf. Kafi gab's eh keinen, es war zu heiss. Das liegt nicht nur am sonnigen Wetter sondern auch am Flugzeug - ich fliege heute zum ersten mal mit Zulu Alpha. Das ist zwar auch ein Breezer, aber nur eine Leihgabe und ein bisschen anders ausgestattet. In dieser Flugzeug wird der Rücken mit einer pneumatischen Lordosenstütze verwöhnt. Dafür fehlen die kleinen Belüftungsfensterchen. Man kann nicht alles haben, entweder Rückenweh oder Hitzestau. Ein Rivella bzw. Mineral später machen wir uns auf den Weg in's C-Büro. Beim aufstehen informieren uns andere Gäste, dass eine Kuh auf der Piste stehe. Tatsächlich. Die ist aus der eingezäunten Wiese ausgebüxt und grast jetzt am Pistenrand. Wir schmunzeln und lassen die Eingeborenen Ihre Notfallmassnahmen einleiten (den Bauer anrufen und unorganisiert mit Hüten schwenkend und johlend über die Piste rennen). 

Über Emmen in Richtung Luzern

Im C-Büro trifft dann die alte auf die neue Welt. Die klassischen Landegebühren Couverts liegen auf, daneben ein Zettel mit einem QR-Code für die Twint Zahlung. Ein PC steht zwar auch da, aber auf den ersten Blick sieht's nicht danach aus als wäre hier irgendwas digital. Ich fange also an das Couvert zu beschriften und zahle die Landegebühren ein. 80.- wechseln den Besitzer und noch bevor ich das Couvert einwerfe, bemerkt Urs, dass auf dem PC doch eine elektronische Variante verfügbar wäre. Gut, machen wir die Arbeit halt nochmals. Nachdem alles ausgefüllt ist, verlangt das Onlineformular die Bezahlung via Twint. Habe ich ja aber schon gemacht... Zurückziehen kann ich die Zahlung nicht mehr. Also einfach wieder schliessen und ein Zettelchen in's Couvert mit der Info, dass ich bezahlt habe. Notfalls stehen ja meine Mailadresse und Telefonnummer noch auf dem Couvert, aber das sollte so eigentlich reichen. Falls ein Langenthaler mitliest: Sorry für den Mehraufwand...
Wir schlendern zurück zum Parkplatz und sehen, dass auf der Piste immer noch reger Betrieb ist. Mittlerweile ist die eine schwarze Kuh wieder im Pferch, aber dafür sind die anderen drei jetzt auf der Piste. Schlechter Tausch. Aber wir nutzen die Zeit für einen gemütlichen Outside Check und geniessen die Cowboy-Show. Nach 10, 15 Minuten sind alle Kühe wieder eingezäunt und das Volk verlässt die Piste wieder. Keinen Moment zu früh, denn schon ist ein Flugzeug im Downwind und ein anderes hat sich am Holdingpoint aufgestellt. Wir tun es ihm gleich und rollen zum Pistenanfang der Piste 05. Wir fliegen aus der Volte heraus und ich vermelde das verlassen der Frequenz. Ein anderer Pilot auf derselben Frequenz wünscht noch einen schönen Abend - ein passender Abschluss unseres Besuches. Alle Leute, die wir heute getroffen haben waren freundlich und "g'mögig". Den Platz merke ich mir vor und ich habe wieder ein paar Vorurteile über die Aargauer abgebaut.
(Nachtrag; Mir wurde zugetragen dass das Oberaargau eigentlich Berner Gebiet sei. Das erklärt einiges. Die Vorurteile gegenüber den Aargauern bleiben also unangetastet.)

Rapperswil im Abendlicht

Auf dem Weg nach Buochs wird's dann wieder hektischer. Denn hier kreuze ich die (Nahbereich-)Kontrollzonen von Emmen, Buochs und evtl. sogar Alpnach. Hier um den Vierwaldstättersee herum wird alles genau kontrolliert - vermutlich zu recht. Hier ist neben einer der aktivsten nationalen Luftwaffenbasen (u.a. Homebase der Patrouille Suisse) auch das Werk von Pilatus. Also ist hier potentiell viel schnelles und teures Metall in der Luft. Aber es ist nach Büroschluss und entsprechend wenig ist los. Die Tower der Flugplätze sind geschlossen (erfahre ich aus der Infofrequenz) und Blindübermittlungen werden verlangt (erfahre ich ebenfalls aus der Infofrequenz und bin überrascht, dass ich das in den Theorieordnern nirgends gelernt habe). Aber wie dem auch sei, Blindübermittlungen kann ich. Dachte ich. Ein kleiner Formfehler schleicht sich dann doch noch ein, aber es steigt kein F/A-18 auf um mir den Bart zu stutzen. Das Date mit Shotty muss warten.
Über dem "Kreuztrichter", der Mitte vom Vierwaldstättersee (vermutlich so in etwa die Mitte einer gedachten Linie von Luzern zum Bürgenstock, aber dem gehe ich noch nach) bin ich dann wieder mal kurz orientierungslos. Ich könnte zwar in der Karte oder dem GPS spicken, aber stattdessen vertraue ich auf Primarschulwissen, Mutmassung und Behauptung. Entsprechend vermute ich dann Buochs auch irgendwo in Richtung Pilatus. Urs versucht mir dann zwar zu erklären, dass ich da einem Irrtum aufgesessen bin, aber in meinem Kopf ergibt weder meine Meinung noch seine Erklärung einen Sinn. Und decken tun sich beide erst recht nicht. Ich entscheide mich, der Sache einfach noch ein wenig Zeit zu geben. Das wird sich schon noch klären. Und siehe da, nach ein paar Minuten sind wir über Vitznau und schon läuft der (Geografie)laden wieder. 
Das Wetter wird mit fortschreitender Tageszeit herbstlicher und so kann dann auch mein Plan nicht mehr so richtig umgesetzt werden. Geplant hatte ich, dass wir östlich am kleinen Mythen vorbei in Richtung Einsiedeln fliegen. Aber die beiden Mythen sind in Wolken verhüllt und drum herum sieht's auch nicht viel besser aus. Der Plan ist also hinfällig. Aber hier gibt's ja Täler wie Sand am Meer und so geht's halt bei Schwyz in Richtung Rothenthurm. Hier kenne ich mich immerhin wieder ein wenig mehr aus, die Kirche von Rothenthurm ist dank der auffälligen Dachziegeln markant und aus einiger Entfernung gut erkennbar. Urs meint dann, dass man schon das Kloster von Einsiedeln sieht. Ich bin mir nicht so ganz sicher, ob das eine Prüfung von ihm war um zu sehen, ob ich mir bewusst bin, dass ich nicht im "geplanten" Tal fliege aber ich stimme ihm einfach mal zu. Schliesslich weiss ich ja, wohin's geht. Nachdem wir über Einsiedeln hinweggeflogen sind, kommt die nächste Quizfrage: "Wie heisst der Hügel da vorne?". Ich verdrehe die Augen. Keine Ahnung wie der heisst. Einsiedler Mocken, Alpthaler Höger, whatever... Aber ich sehe Rappi dahinter, also ist's doch eigentlich auch voll egal. "Hirzel oder sowas..." gebe ich dann zu Protokoll, damit's weiter geht. Nah dran, richtig wäre "Etzel". Den sehe ich sogar vom Balkon zu Hause und kenn ihn trotzdem nicht. Von mir aus sollte alles, was mit Gras bedeckt und nicht von Steinböcken oder Bartgeiern bewohnt ist gar nicht speziell benannt werden. Würde vieles einfacher machen. Feusisberg liegt sogar grad daneben, warum nennt man die Erhebung dann nicht einfach auch "Feusisberg" und spart sich die Kosten für zwei unterschiedliche Beschilderungen? Da hatten die alten Eidgenossen einfach zu viel Zeit und die neuen haben Schiss vor der SVP um so was zu beantragen. Wenn ich Landvogt wäre, dann...

Es wird Zeit für ein Approachbriefing, den Descent Check und auch den Approach Check stimme ich an. Klappt alles. Ich kenn zwar das Zeug unter mir nicht, aber die Mühle sicher und korrekt gecheckt auf den Boden bringen, das kann ich mittlerweile. Bereits sind wir über dem Biberlikopf (Ha! Den kenn ich!) und biegen in Richtung Kerenzerberg ein. Den nenne ich so, wie ihn die Eingeborenen nennen ("Chirezer") und ernte prompt den Spott vom Zürcher Geografielehrer nebenan. Aus Sicherheitsgründen (zwei, drei Gleitschirme auf dem geplanten Anflugweg) drehe ich direkt in den Downwind für die Piste 01 ohne über den Platz zu fliegen. Die Landung ist nicht mehr ganz so weich wie im Video oben, aber auch nicht so schlecht, dass Urs sich zu einem Kommentar genötigt sieht. Ich bin rundum zufrieden mit mir und der Welt. 


23.09.21 - Alpabzug

Im schönsten Herbstwetter zieht's uns heute von der Molliser Alp runter nach Lommis im Thurgau (die Eingebornen sagen "Toooogaoo", dann klingt's so ein bisschen nach chinesischem Bier. Herzig.), wo's noch saftige grüne Wiesen gibt. Ja, ist ein bisschen weit hergeholt, aber es ist grad auch schon 22:30 Uhr und ich musste irgendwie einen Anfang finden. Das Routing heute; Mollis - Ricken - Lommis (Landung) - Amriswil - St. Gallen Altenrhein (Touch&Go) - Rheintal - Amden - Mollis. Die Tage werden wieder kürzer und so liegen halt auch nicht mehr zwei Kaffeestops an einem Nachmittag drin. 

Lommis hat - im Unterschied zu allen anderen Böden, welche ich bislang mit einem Flugzeug unter mir beehrt habe - nur eine sogenannte Graspiste. Das klingt nach etwas speziellem, ist aber schlussendlich einfach eine Wiese die im Idealfall keine Tiere drauf hat, die grösser als eine Maus sind. Und einigermassen gemäht sollte sie dann halt auch noch sein, wenn's was hermachen soll. Spannend. Fliegen wie zu Gotthelf's Zeiten. Gut, nicht grad sooo archaisch. Aber ich habe mich wieder mal richtig drauf gefreut.  Das hat was hemdsärmeliges, uriges, bärtiges.... Spitfires die von Behelfsflugplätzen starten... Der Aussteiger in Alaska, der mit geschulterter Flinte aus der Blockhütte zu seiner Piper Cub schlurft... Nur der Pilot und sein treuer Haufen Aluminium, draussen in der Natur...
Nicht, dass ich mich sonst nicht auch auf meine Flugstunden freuen würde - aber irgendwann gleichen sich die Plätze dann halt doch irgendwie. Der eine hat noch ein Tonbändli zum vorab anhören, der andere einen Friedhof in der Volte und wieder ein anderer hat eine ultrakomplizierte Slalomvoltenkombi, bei welcher man einfach schon von Beginn her weiss, dass unter einem ein Pensionär  auf dem Balkon die Faust gen' Himmel reckt und ein Strichli auf seinem Notizblock macht. Schlussendlich alles Aufwand, aber wirklich Spass macht das nicht. Klar, es fordert und das hat seinen eigenen Reiz. Ich habe da so eine Theorie die das ganze mit einer Ehe vergleicht, aber die ist noch nicht ganz spruchreif und vermutlich stosse ich damit der Hälfte meiner Leserschaft vor den Kopf. Was mich zwar nicht im geringsten davon abhält - aber ich schweife ab. Lommis. Grasplatz. Genau.
Der Platz ist von oben aus nicht so ganz einfach zu entdecken, denn es fehlt der übliche Teer/Betonbalken, der sich sonst immer so malerisch in die Landschaft schmiegt. Das Auge ist zunächst mal verwirrt, wird aber vom Hirn daran erinnert, dass ein ziemlich grosses Tanklager in der Nähe ist. Dieses wird gefunden und anhand von Gestikulationen vom Meister nebenan, den Karten auf dem GPS und einer Prise Vorstellungsvermögen tut sich ein wunderbares Plätzchen vor mir auf. Zumindest die Hangars sehe ich, der Rest müsste eigentlich quer davor liegen und spätestens im Downwind würde sich mir das alles schon noch erschliessen denke ich mir. "HB-WZA, Sector South, 3500ft, inbound."

Perfektionismus. Ein selten verwendetes Adjektiv im Zusammenhang mit mir. Aber hier darf man zumindest drüber nachdenken.

Im Downwind wird vieles klarer, bzw. ich sehe weisse Fähnchen, die eine Piste markieren. Das reicht, das räumliche Vorstellungsvermögen funktioniert und ich sehe mich im Geiste schon in den Final einbiegen. Zuerst aber die Base, dort verliere ich nochmals kurz die Piste aus den Augen, finde sie aber recht schnell wieder. Schon bin ich im Final, aber irgendwie sperrt sich mein Körper und Geist gegen die Landung. Kein Wunder, bei den letzten 287 Landungen hätte ich sicher eine Schelle kassiert, wenn ich auf einer Wiese aufgesetzt hätte. Vermutlich hat die Furcht vor Meister's gestrenger Hand dann auch dazu beigetragen, dass ich bei der Landung geistig nicht so ganz anwesend war. Ich habe so nachdrücklich aufgesetzt, dass Familie Maulwurf sicher die Bilder von den Wänden gefallen sind. Ich bin dann auch direkt selbstkritisch, aber Urs meinte dann nur, dass die Landung "positiv" war. Nachdem ich das jetzt ein bisschen gegooglet habe weiss ich, dass eine "positive landing" einfach heisst, dass man noch eine gewisse Sinkrate hatte beim Aufsetzen. Je höher/positiver die Sinkrate beim Aufsetzen, desto härter ist das eigentliche Aufsetzen. Die Stilnote bei der Landung wird halt genau hier vergeben - wenn der Pilot genau auf der Piste keine Sinkrate mehr hat, spürt man das Aufsetzen fast nicht mehr. Perfekt vorgeführt wird das im letzten Video. Nur zu, kuck dir die Landung nochmals an. Ich warte ;-)

Es geht nach rechts weg zu Markierungen, welche nach einem Parkplatz aussehen. Auch hier werden wieder Stilnoten vergeben, wenn man alle verfügbaren Räder (in den meisten Fällen, also in der "Sportfliegerei", sind es deren drei. Ausser man sitzt in einer Antonov 225, dann wären's 32. Aber die ist dann auch eher nicht für Lommis ausgelegt) auf ebendiese Markierungen bringt. Ich nehme Mass, gebe beherzt Gas und bremse ab, als ich mich im Toleranzbereich wähne. Parkbremse gesetzt, Motor aus.
Ich werfe einen verliebten Blick in den Hangar, dessen Türen offen stehen. Da stehen zwei strahlend gelbe Bücker drin und ich kündige an, dass ich dort jetzt rein marschieren werde. So frech bin ich dann halt schon mal. Während ich mich noch aus dem Cockpit fädle, sehe ich, wie Urs vor dem Flugzeug sein Handy zückt und auf das Fahrwerk zeigt. Ich ahne Schlimmes. Verbogen von der Landung? Eine Schneise in den Acker gezogen? Die halbe Maulwurffamilie exhumiert? Nein! Er bewundert mein Werk. Beim ersten Versuch fast perfekt parkiert. Ich lasse es mir nicht nehmen und posiere natürlich entsprechend.

Nun aber in den Hangar. Es ist wie damals, als ich mit 10 Jahren in einem Franz Carl Weber stand. Einfach 10'000-mal teurer. Aber das gleiche Gefühl. Mindestens. An dem Spruch "Buben werden nie erwachsen, die Spielzeuge werden einfach teurer" ist echt was dran... Wow, die beiden Bücker (oder waren's sogar drei?)! Da hinten eine saucoole moderne Carbon Cub! Für den Bruchteil einer Sekunde fühle ich mich schon in allen Cockpits gleichzeitig an allen Punkten der Erde. Mit der Cub einen halben Meter über einem breiten Fluss in der einsamsten Einöde Kanadas, mit einem Bücker in Formation mit Messerschmitt, Heinkel und Focke-Wulf über Duxford... Jup, das wär's. Kann ja alles noch kommen.

Umgangssprachlich ist das so ein "Bücker". Aber eigentlich ist das hier eine CASA 131, eine in Spanien unter Franco's Fuchtel in Lizenz gefertige Bücker 131.

Ich frage Urs, der selbst Mitglied im Swiss Oldies Club (nein, die Steilvorlage zum blöden Spruch verwerte ich jetzt nicht) ist, ob denn die Möglichkeit bestünde da mal einen genaueren Blick in so einen Bücker rein zu werfen. Es geht sogar noch mehr; ich soll gleich einsteigen! Viel Überzeugungsarbeit muss er nicht leisten und noch während dem hineinkraxeln schwöre ich mir, dass ich nie mehr über das Einsteigen in moderne Flugzeuge jammere. Es gleicht schon fast einem Tanz, bis ich dann endlich drin bin. Und drin ist es wie man es ungefähr erwartet von einem Schulflugzeug mit Baujahr so um die 1940. Spartanisch. Keine Bildschirme, Multi Select Switches oder verstellbare Fussrasten. Es riecht ölig und Komfort ist siebtrangig. Ich kann direkt die Rumpfbespannung unter mir sehen. Eigentlich sehe ich von meiner Position aus mehr vom Innenleben des ganzen Flugzeuges als von der Aussenwelt. Klar, es fehlt noch das Sitzkissen - aber die paar Zentimeter machen den Braten dann auch nicht mehr feist. Das sieht man also, wenn man in einem Heckradflugzeug sitzt. Nichts. Cool. Ich kann's mir absolut nicht vorstellen, wie man so ein Flugzeug starten will/kann. Man. Sieht. Nichts. Zumindest nicht, bis sich irgendwann mal das Heckrad vom Boden hebt, wenn man die Piste runter donnert. Urs bietet an, dass ich dann mal mitfliegen darf, woran ich ihn definitiv erinnern werde. Hier zum ersten mal, falls er mitliest ;-)

Übrigens, auf der Website vom Swiss Oldie Club hat's eine kurze Geschichte zu dem Flugzeug, in welchem ich da drin sass. Ist schnell gelesen, aber macht enorm Lust auf mehr. He, Herr Christoph Häfeli, wenn Sie aus irgendeiner geistigen Umnachtung heraus auf meinen Blog gestossen sind: Gibt's die Story auch irgendwo in ausführlicher Form?

Es geht via C-Büro, wo ein längst überfälliger "Mollis - Lommis"-Witz endlich kommt und ca. 20.- den Besitzer wechseln, in "Rita's Flugplatzbeizli". Bemerkung für die webhostingaffinen Leser meines Blogs: Sie hat "flugplatzbeizli.ch" - die Domain, die sich jedes Flugplatzbeizli in der Schweiz sicher als erstes kaufen wollte. 
Hier herrscht der mittlerweile bekannte Mikrokosmos der Flugplatzgastronomie. Hobbysportler, Pensionäre, Grosseltern mit den Enkeln, Dorfsäufer, Flugschüler. Die übliche arbeitsscheue Klientel halt. Wir kippen uns ein Rivella hinter die Binde, besprechen die Eigenheiten von sogenannten "Softfields" (also z.B. Gras- oder Schotterpisten) und wie man auf denen landet und startet. Aber die Zeit drängt, denn ich will ja nochmals St.Gallen "üben" und habe mich dort schon bei Carol - so hiess die diensthabende Diensthabende am Telefon - für 16:30 angemeldet. Also hopp, zurück zur Zulu Alpha und raus in Richtung Wil. 

Die Churfirsten vom südlichen Toggenburg aus gesehen.

Die Ostschweiz ist dann landschaftsmässig halt schon nicht so ein Prestigeobjekt von Mutter Natur. Für einen, der sich in seiner Zigerschlitz-Heimat auch mit Vorsatz nicht hätte verlaufen können ist die terrestrische Navigation dafür umso anspruchsvoller. Aber ich habe mich gut vorbereitet zu hause. Ich habe mir Bahnlinien, Kieswerke usw. auf Google Earth gemerkt und der Bodensee ist auch ein ganz passabler Auffangpunkt. Wenn alle Stricke reissen, kann ich mich immer noch an dessen Ufer nach Altenrhein hangeln. Soweit wär's dann auch fast gekommen, denn als ich meine Steuerkurse auf dem Flugplan anschaue und sie mit dem Kompass vergleiche, merke ich, dass die hinten und vorne nicht stimmen können. Notiz an mich selbst: Ab 23.00 Uhr am Vorabend keine Steuerkurse mehr messen und eintragen.

Die Checks kommen gut, das ATIS höre ich ab und melde mich dann in Amriswil. Keine Spur mehr von verhaspelten Pisten beim Readback. Über "Victor", so heisst der obligate Meldepunkt westlich der Kontrollzone, ist dann aber am Funk viel Betrieb. Alle wollen was vom Tower, einer am Boden hat sich verfahren oder hat sonstige Krämpfe und strapaziert die Frequenz. Kurzum, Bartli kann sich nicht anmelden. Und wenn er dem Mann im Turm nicht sagen kann, dass er jetzt da wäre, darf er nicht weiter. Also lerne ich das kennen, worüber sich alle Piloten immer gerne aufregen: "Holding". Kreise fliegen und warten, bis Ruhe einkehrt am Funk und/oder am Boden. Ich habe zwar keine Terminfracht an Bord, aber trotzdem kostet das Flugzeug und der Fluglehrer. Nach ziemlich genau einem Vollkreis kann ich dann aber schon mein Sprüchli aufsagen. Die Parole stimmt, der Tower lässt mich in die Volte. Auch hier wieder alles aus einem Guss, fehlerfrei. Als hätte ich's gelernt. Kurz die Piste streicheln und wieder raus in Richtung "Echo" - dem obligaten Meldepunkt nordöstlich der Kontrollzone. Es geht wieder das Rheintal hinauf, bei schönstem Altweibersommerwetter. Der Nebel legt sich langsam in die Täler - Fotowetter. Next waypoint: Amden. Vielleicht klappt's diesmal mit dem Vorbeiflug am Säntis und den Churfirsten. Und siehe da, heute klappt's. Keine Wolken, nur ein paar Ausläufer von Rotoren an den windabgewandten Seiten der Berge welche uns in Richtung Mollis schaukeln. Schon sind wir über Amden, wo ich spontan das Gefühl verspüre einen Kreis zu ziehen um abzusinken. Der wäre zwar nicht unbedingt notwendig gewesen, aber dem Auge hat's dennoch gefallen. Der Rest ist dann quasi Formsache - Landung in Mollis, geschätzte 200 mal geübt, ab heute mit versetzten Pistenmarkierungen. Also wieder "neu" lernen. Beim ersten mal heute natürlich voll falsch den Aiming Point gesetzt und entsprechend fast zu kurz gelandet. Aber ich hab's dann nach einer Ermahnung von Urs noch korrigiert und bin im erlaubten Bereich gelandet. Today was a good day.



30.09.21 - Zu Besuch bei der Pilatus Homebase

Was vor zwei, drei Wochen schon geplant war, soll heute Realität werden: Die Landung in Buochs. Und so plante ich unseren Flug von Mollis nach Buochs entlang einer bereits erflogenen Route. Von Mollis ging's nach Siebnen, dann weiter nach Rothenthurm und von dort via Steinen nach Buochs. Das ist in ein bisschen mehr als 30 Minuten machbar und weil ich von Haus aus eher faul bin, habe ich den gleichen Weg zurück geplant. Wobei - nur wegen der Faulheit war's nicht mal, sondern da schwang auch viel meteorologisches Bewusstsein mit. Ist ja alles in den Bergen, es ist Herbst usw. Da hält man sich lieber an altbewährtes, wenn man noch keine richtige Erfahrung hat. Allerdings habe ich mir noch ein "Schmankerl" reserviert in der Planung. Nämlich die beiden "Mythen". So heissen die Granitbrüste, die vor Schwyz in den Himmel ragen. Die eignen sich nicht nur hervorragend zur Orientierung, sondern man könnte sie sich ja auch aus der Nähe ansehen und einen Vorbeiflug wagen. Wenn's denn wettertechnisch passen würde. Urs ist nicht gerade hin und weg von meiner "zweckmässigen" Routengestaltung, aber er nickt sie ab. Stimmen tut sie ja. 

Heute schleppe ich anstatt meinem GoPro Grümpel mal mein Tablett mit. Darauf habe ich eine Demoversion von "SkyDemon" drauf. So einem "alles-was-man-braucht"-Programm für's Fliegen. Im grossen und ganzen eine Karte mit Lufträumen, Kabeln, Anflugwegen usw. Und mit GPS kann man sich das eigene Flugzeug drauf anzeigen lassen. Das Tool vereint gewissermassen das Striche ziehen, Kurse und Strecken ausmessen auf der Karte und eigentlich im Flug dann auch die Nachtragerei von Zeiten usw. Aber da die fliegerische Ausbildung diesem neuen Phänomen von tragbarer Technik und Digitalisierung noch nicht ganz so aufgeschlossen gegenüber steht, lerne ich halt noch mit Stift und Papier. Denen geht aber auch der Akku nie aus und überhitzen tun sie auch nicht. Ganz so falsch ist das also auch wieder nicht. Warum ich das Ding aber mitgebracht habe: Die Voltengeographie. Wenn ich über dem Flugplatz bin, kann ich anhand meines GPS-Fliegers genau sehen, ob ich genug genau auf der vom Platz gewünschten Volte bin. Zwar ist mein Tablet viel zu gross für das kleine Fliegerchen - aber für einen Test muss das so reichen. Wenn's dann was "schlaues" ist, muss ich mir wohl oder übel noch ein kleineres Tablett kaufen. Es gibt schlimmeres.

Wir steigen über Sector North auf 4000 Fuss und auf der Platzfrequenz von Schänis höre ich jemanden, der ankündigt mit dem Archaeopteryx zu starten. Kennst du nicht? Kein Wunder. Ist aber ein, meines Erachtens, erwähnenswertes Stück nationaler Flugzeugskurilität. Ach, schau's dir einfach selbst rasch an: https://www.ruppert-composite.ch/home
Typisch Schweizerisch. Winzig, effizient, eigenartig - und vermutlich teuer. Wir lassen ihn unter und hinter uns und schon bin ich über Siebnen, wo die nächste Kursänderung ansteht. Es geht in Richtung Rothenthurm und über Einsiedeln muss ich mich entscheiden, ob ich jetzt nach links zu den beiden Mythen düse oder nicht. Die Spitzen liegen in Wolken und ich entscheide mich dagegen. Urs begrüsst die Entscheidung und so geht's weiter nach Rothenthurm. Hier entscheide ich mich, dass jetzt die Zeit gekommen sei, die 30 Demominuten vom Skydemon zu starten. Grosser Fehler. Urs übernimmt zwar das Fliegen und kuckt raus, aber ich bin voll gefangen in den technischen Spielereien und Möglichkeiten. "Kein Stress und so, aber wir wären dann jetzt über Brunnen..." höre ich dann auf einmal. Und tätsächlich: Vor mir tut sich der Vierwaldstättersee auf. Ich gerate in's Schleudern, übernehme aber als grosser Flugsachverständiger natürlich wieder die Ruder. Nix anmerken lassen. Die Checks wollte ich eigentlich so nach Rothenthurm mal angehen - aber ich musste ja noch auf dem Tablet herumspielen. Und dann dieser See. Dieser elende, unförmige, vielarmige Vierwaldstättersee. Seen sollten nicht so unordentlich ausgefranst sein, dann würde man auch einfacher erkennen, wo man ist. Klar, ich weiss, dass ich über Brunnen bin und habe 3 verschiedene Karten zur Hand. Aber dann zeigt sich der Macho in mir, der jetzt mal eine Entscheidung fällt. Bar jeder Kenntnis, wo er eigentlich hingurkt. Die gerade diensthabende Hirnzelle, die das gesamte Hirn offenbar stellvertritt, meldet, dass sich Buochs "Da hinten in dem Tal da. Ist nur grad nicht sichtbar. Musst rechts in den Talkessel fliegen. Glaub mir." befindet. Gut, mache ich. Meine Augen folgen eh grad einem anderen Flugzeug vor mir, dass nach links wegzieht. "Der will eh auch nach Buochs, wetten?." Alles klar, danke Hirnzelle - hast mich gerettet!
Mein Copilot fragt, wo's denn hingeht. Ob ich nach Buochs fliegen wolle und wenn ja, wo ich das vermute. Ich gestikuliere grosszügig in einen 90° Bereich links/vor mir. Noch während ich meinen Anflug erkläre, schielt das eine Auge auf die Karte im Display und die sich eben noch sichere Hirnzelle fängt an nervös zu werden. Das andere Auge wandert nach rechts um den süffisanten Kommentar des Copiloten mit seinem Gesichtsausdruck abzugleichen. In der Peripherie tut sich ein Flugplatz auf. Einer der grosse Ähnlichkeit mit Buochs hat. Zum verwechseln ähnlich. Gut, dass mein Hirn gerade aus der Kaffeepause zurückgekommen ist und jetzt wieder das Sagen hat. Die Gedanken werden kurz geordnet, das Flugzeug wieder auf Kurs gebracht. Ich wär wohl einfach noch ein paar Minuten in Richtung Rütli weiter geflogen ehe ich meinen Irrtum bemerkt hätte. Der erste Aufruf bei Buochs klappt tadellos auch mein Readback passt. Ich beginne meine Checks zu machen, der Tower unterbricht und bietet mir einen "straight in approach" an. Also ohne vorhergehende Volte direkt landen, der Tower hält mir anderen Verkehr vom Hals. Rechts von mir schiesst ein Daumen hoch und ich nehme dankend an: "Straight in runway 24, HZC.". Noch ein bisschen zu Stolz über meine sich festigende Fähigkeit am Funk ermahnt mich Urs, dass meine Checks noch nicht gemacht sind. Naja, zur Hälfte jedenfalls. Ich will weitermachen, als er mich beauftragt den Touch&Go beim Tower zu beantragen. Ich lege mir den Spruch zurecht, aber das dauert Urs zu lange. Er übernimmt und ich soll im Stillen die Checks machen. Gut, machen wir so. Ich höre am Funk aber trotzdem mit und versuche die Sprüche zu entziffern. Aber irgendwas stimmt nicht. Ich fliege gerade Runway 24 an und am Funk fragt Urs etwas zur Runway 06 - also die Gegenrichtung. Ich beruhige mich mit der Tatsache, dass er die aviatische Weisheit mit Löffeln gefressen hat und schon weiss, was er da macht. Aber ich kann mir nicht erklären, was für eine Suppe er mir da grad am einbrocken ist. Ich mache demütig meine Checks weiter, denn die gingen ja alle wegen meiner Tabletspielerei unter - jetzt muss ich halt wieder hetzen. Währenddessen erhalte ich einen Mitstreiter im Tower. Denn der kommt auch nicht so ganz nach, was Urs gerade am beantragen ist. Schlussendlich tönt's nach einem Touch&Go mit anschliessender 180° Kurve und Landung in Gegenrichtung. Das wird mir jetzt zu bunt und ich werfe einen strengen Blick nach rechts. Urs hat aber selbst schon geschnallt, dass er die Pistenrichtungen verwechselt hat. Er korrigiert die Anfrage, der Tower und ich atmen beide auf. Keine spontane Kunstflugübung über Buochs.

Doch damit enden die Herausforderungen nicht. Das Fliegen der Volten hat mir immer eine gewisse Sicherheit gegeben, wo ich was zu tun hatte (Klappen setzen, Geschwindigkeiten reduzieren, Sinkflug beginnen usw.). Das fällt jetzt alles weg, wenn die Volte quasi ausgestreckt wird. Hätte ich zwar vorbereiten können, habe ich aber nicht. Ich habe mich auf die Volte eingestellt gehabt. Es wird hemdsärmelig. Ich will die Klappen ausfahren, bin aber noch zu schnell. "Du musst die Flaps noch ausfahren." "Bin noch zu schnell. Kommt gleich.".  Meine Kommunikation wird abgehackter. Irgendwie komme ich dann aber doch noch recht passabel runter und gebe schon wieder Schub. Wieder in der Luft kucke ich wieder auf mein Tablet. Hier sollte es jetzt seine Stärken ausspielen können - die Voltengeographie. Ich realisiere, dass mein Unterarm die letzten 15 Minuten fröhlich auf dem Bildschirm hin und her navigiert hat. Irgendwas sehe ich auf der Karte, aber es ist definitiv nicht mehr Buochs. Und den Ausdruck mit der Volte habe ich auch nicht auf dem Kniebrett, weil ich ja über dem See zuviel Zeit mit in die falsche Richtung fliegen verbröselt habe. Na toll. Also drauf geschissen. Jetzt ist's ein Job für einen rauen bärtigen Bergler, der das Fliegen im Blut hat. Buochs liegt wie Mollis an Berge geschmiegt - viel wird's also nicht brauchen diese Volte mit Augenmass und Bauchgefühl richtig zu treffen. "Du fliegst grad voll über Stans. Noise sensitive und so. Flieg näher an die Berge.". Bartli wurde der Bart gestutzt. Er hatte zuviel Schiss um näher an die Berge zu fliegen. Peinlich. Auf dem Downwind finde ich die Spur wieder und mogle mich in die Base und in den Final. Der Tower gibt mir die Landefreigabe und weist mich an, nach der Landung über den Taxiway Foxtrott die Piste zu verlassen. Ich bestätige und bin mir meiner Sache wieder sicher. Urs spürt's offenbar nicht so. Denn für seinen Gusto sind wir noch zu hoch. Das sieht der im Tower offenbar gleich, denn er eröffnet dem Flieger hinter mir, dass er mal einen Wartekreis fliegen solle. Vermutlich werde sein Vordermann auf der Piste zurückfahren müssen. Pass nur auf, Tower-Bubi, dir zeig ich's schon. Zur Not dann halt mit der guten alten Vollbremsung. Ich bin angestachelt. Unter fachkundiger Anleitung gestalte ich den Anflug recht gut, setze auf und muss nicht mal brüsk in die Eisen steigen. Okay, die Ausfahrt nehme ich "sportlich", aber ich bin weg von der Piste und erst noch auf der dem richtigen Rollweg. Vom Tower höre ich nichts mehr, keine Rollanweisungen und keine Gratulation zum nicht benötigten "Backtrack" auf der Piste. Ein fragender Blick zu Urs, der die international gültige Geste für "Taxi ahead, proceed with caution, pedestrians crossing the taxiways" macht reicht mir als Auftrag. Normalerweise werde man von einem Follow-Me Auto abgeholt oder ein Marshaller stehe auf dem Parkplatz zur Einweisung. Heute nicht. Aber ich finde auch so zum Parkplatz. Motor aus, Kaffee holen (zwei Kaffee mit 2 Landungen kosten hier CHF 58.70). Kurze Manöverkritik vor dem C-Büro und Smalltalk um den Kopf zu lüften. 

Und dann ist's auch schon wieder Zeit um Buochs zu verlassen. Das geht einfacher von der Hand, denn ich "kenne" die Volte ja jetzt. Per Funk erzähle ich dem Sky Daddy im Turm, was ich alles machen will und er gibt mir die Erlaubnis. Auf dem Weg zum Run Up, wo ich 2, 3 Minuten lang Schalterchen, Rädchen und Knöpfchen befummle fragt er dann aber, ob ich bei erreichen der Run Up Position schon bereit sei um zu starten. Ich verneine. Offenbar gibt's Flugzeuge/Piloten, die diese Checks während dem rollen machen können. Werde dem mal nachgehen. Ich vermute eine "Ach, das funktioniert schon alles"-Mentalität, die sich bei erfahrenen Piloten einstellt. Nachdem ich alle Checks abgeschlossen habe, eröffne ich dem Tower meine Bereitschaft. Er ist nicht so freigebig mit Freigaben und entsprechend erlaubt er mir nur mal, mich auf der Piste aufzustellen. Dann geht's los. Er betet eine gefühlte halbe Litanei herunter, wie ich auszufliegen habe. Ich versuche sie möglichst genau wiederzugeben. Dann rauscht ein anderer in die Frequenz und babbelt dazwischen. Der Tower eröffnet, dass er mir nicht zugehört habe ("Say again, HZC"). Ich stammle ihm eine sinngemässe Version meines vorherigen Funkspruchs in's Ohr. Bange Sekunden vergehen. "HZC, correct.". Phu - jetzt aber los, bevor er sich's anders überlegt. Über Stans will mein Geist schon wieder langsam nach links schwenken, aber der Körper bleibt eisern. Wohl auch dank der Ermahnung von Urs, weiter geradeaus zu fliegen. Nachdem die Häuser hinter uns sind, biege ich dann nach links ein. Mittlerweile habe ich auch das Voltenkärtchen zum Spicken auf dem Bein. Aber die Volte ist wohl auf leistungsstärkere Maschinen ausgelegt. Wenn ich die Volte genau so fliege, donnere ich auf der aktuellen Höhe in einen Berg. Nope, mach ich nicht. Sollen die da unten halt maulen. Ich leite in dem Moment die Kurve nach links ein, als Urs exakt dasselbe empfiehlt. Kurz vor erreichen der Voltenhöhe kriege ich dann vom Turm unaufgefordert noch die Erlaubnis, meinen Steigflug fortzusetzen. Während die Piste langsam aus meinem Blick verschwindet sehe ich das Gipfelkreuz vom Buochserhorn vorbeiziehen und blicke wieder auf den See und die beiden Mythen in einiger Entfernung. Über Brunnen frage ich dann den Tower von Buochs, mit dem ich immer noch verbunden bin, ob ich mich aus seiner Frequenz ausklinken dürfe. Er erlaubt es, wünscht einen schönen Abend und weg bin ich. 

Jetzt sind die beiden Mythen frei von Wolken. Ich überlege mir, ob ich's wagen würde, wenn ich alleine unterwegs wäre. Ich entschliesse mich zu einem "Ja!" und frage Urs nach seiner Meinung. Er stimmt mir zu, fügt aber an, dass ich nicht genügend hoch sei. Ich sehe das nicht so, aber grundsätzlich ist gegen mehr Höhe eigentlich nie was einzuwenden. Einen Schlenker nach rechts über die Rotenfluh zum Höhe gewinnen und schon schlüpfe ich über die/das Holzegg in's Alpthal welches mich direkt nach Einsiedeln führt. Ab hier geht's auf dem gleichen Weg zurück wie wir gekommen sind. Das einzige, was noch zu erwähnen ist, ist die neue Pistenmarkierung in Mollis. Die wurde ja weiter nach Norden versetzt und entsprechend stimmt das bisher in mein Hirn eingebrannte Bild nicht mehr so richtig. Entsprechend magerer Qualität war dann auch die Landung. Jetzt sind für Urs erst mal Ferien angesagt, nächste Woche wird also nicht geflogen. Halb so schlimm, im Büro gibt's genug zu tun - da bin ich froh, wenn ich am Abend nicht noch Flüge vorbereiten muss. 


29.10.21 - Auf ein Espresso in die Hauptstadt

Beste Fernsicht in Bern

Ein Monat ist vergangen, aber heute geht's wieder in die Lüfte. Bern steht auf dem Programm. Überhaupt, die letzten paar Flüge ging's um das Thema "andere Plätze sehen" - und Bern-Belp ist für Schweizer Verhältnisse quasi sowas wie ein "Regional Airport". Nicht so klein wie Mollis, Wangen-Lachen und Co. aber auch nicht gerade Zürich, Genf oder Basel. Die Flugplätze passen sich wohl "ihren" Städten an. Obwohl Bern die Hauptstadt ist, würde man sie nicht unbedingt als das pulsierende Herz der Schweiz sehen (okay, "pulsierend" ist eh ein seltenes Adjektiv in Verbindung mit Bern). Aber so ist auch der Flugplatz Bern-Belp; Nicht ausufernd, gemächlich, nüchtern. Doch ich greife vor - gestartet wird wie üblich in Mollis. Auf dem Weg von Jona nach Mollis bin ich meiner Sache aber gar nicht so sicher, der Nebel hat in den letzten Tagen Einzug gehalten und heute hält er sich speziell über der Linthebene hartnäckig. In Mollis angekommen, grüsst mich das Glarnerland dann auch nicht gerade mit stahlblauem Himmel. Aber es scheint zumindest fliegbar. Urs finde ich im Aviatico, wir machen das Briefing bei einem Kaffee. Zwei, drei Hinweise und Erläuterungen später sind wir auf dem Weg zu Zulu Delta. Volltanken, Öl auffüllen und wenige Minuten später sind wir über Sector North. Die Route heute führt uns via Siebnen nach Hausen am Albis, unter der Anflugschneise von Emmen hindurch nach Sursee und weiter nach Koppigen. Ab Hausen wird der Luftraum belebter, wir hören auf der Towerfrequenz von Emmen mit. Alles, was irgendwie fliegen kann scheint heute unterwegs zu sein; Helikopter, Heissluftballone, Flugzeuge (unter anderem eine Piper L-4, eines meiner ca. 300 Lieblingsflugzeuge). Zu sehen bekomme ich die Piper zwar nicht, dafür aber drei Ballone und diversen anderen "Traffic", der an mir vorbeizieht.
Auf einmal murmelt Urs etwas von Rauch und Feuer, was mich sofort aufhorchen lässt. Aber wir sind da nicht involviert, aus einem Bauernhof nahe Beromünster unter uns qualmt es aus dem Dach. Normalerweise ist man ja als Schaulustiger nicht gerne gesehen und versperrt den Helfern eh meist den Weg - aber wir erlauben uns einen Gaffer-Kreis zu fliegen, da wird schon niemand was dagegen haben. Es geht weiter in Richtung Koppigen. Übrigens, heute habe ich mir auf meinem Flugplan die nötigen Checks notiert und farbig markiert, damit ich nicht wie auf dem Flug nach Buochs viel zu spät damit anfange. Klappt perfekt, ich bin richtig stolz auf mich. Sursee: ATIS/Approach Briefing Wilisau VOR: Descent Check. Koppigen: Initial Call. "Bern Tower, HB-WZD, VFR from Mollis, Koppigen 4000 ft, for landing, Information Bravo". Keine Antwort. Nur ein Heli, Ballon oder Flieger nach dem anderen, welche auf der gleichen Frequenz um Sendeplatz buhlen. Gut, warte ich halt und passe eine Pause ab. Da! Sofort sage ich mein Sprüchli auf. Wieder keine Antwort. Seltsam. Dann passiert was seltsames - über Funk ruft einer "Mollis Aerodrome" auf. Ich verziehe mein Gesicht. Ich habe Bern Tower nur zugehört, aber "gesendet" auf der Molliser Frequenz. Eine willkommene Gelegenheit für Sprüche von meinem Copilot. Er lässt sie selbstverständlich nicht ungenutzt und ich warte Hohn und Spott ab, bevor ich mein Sprüchli in Richtung Bern schicke. Diesmal kommt eine prompte Antwort und uns wird erlaubt in die Kontrollzone von Bern einzufliegen. Noch kurz den Approach Check einfädeln, mich davon verwirren lassen, dass man hier nicht in den Downwind einfliegt sondern direkt in die Base (ja, das würde man auf den Karten sehen, wenn man sie richtig anschaut) und schon sehe ich rechts von mir die Piste von Bern-Belp. Ich frage den Ausguck, ob noch ein Touch&Go drin liege und er erlaubt ihn mir. Den mache ich richtig gut; den Touchdownpunkt erwische ich und beim beim Landen selbst mache ich auch alles richtig. Am Funk will mir jemand meinen Touch&Go nachmachen und fragt auch um Erlaubnis, aber der Tower verwehrt ihm den Wunsch. Zuviel los. Bei der zweiten Landung bin ich dann wohl zu übermütig, Urs mahnt an, dass die Landung geschoben war. Also das Flugzeug nicht ganz in Flugrichtung ausgerichtet. Für ihn ist das ganz fest schlimm, für mich ist im Moment aber noch alles was nicht in einem Feuerball endet ziemlich gut. Wir verlassen die Piste und informieren den Tower darüber, welcher uns zu unserem Parkplatz schickt. 

"Zuhause ist's am schönsten" ;-)

Wir spazieren in's C-Büro und bekommen zwei Kaffee offeriert. Die beiden Landungen schlagen hier mit günstigen CHF 36.35 zu Buche. Ein kurzes Debriefing und dann geht's auch schon wieder raus auf's Vorfeld. Aber erst, nachdem ich meine nicht vorhandene Lizenz und einen Ausweis gezeigt habe. Das Medical reicht offenbar auch bei einem Flugschüler. Das war das erste, was einer Kontrolle zumindest ähnlich war - die ganze Fliegerei in der Schweiz scheint da recht entspannt. Das Tageslicht schwindet langsam, wir beeilen uns also und wollen zügig in die Luft. Aber wir sind halt in Bern, Eile gibt's hier nicht. Das Problem; wir wurden zugeparkt. Und der vor uns, hat zwar den Motor schon laufen - aber offenbar hat er seinem Copiloten viel zu erzählen. Urs "verhandelt" mit dem Tower, welcher unseren Vordermann verscheucht. Dann hilft er mir bei den Checks resp. macht Teile davon selbst, während ich uns auf der Piste aufliniere. Schon geht's los, nach dem Start kurve ich 270° nach links und überfliege den Flugplatz auf dem Weg in Richtung Heimat. Als Fernrichtpunkt dient die Dampfwolke vom AKW Gösgen (glaube ich zumindest). Weil's zeitlich langsam ein bisschen knapp wird, gibt's keine ausgeklügelte Route nach Mollis sondern einen "gestreckten Galopp" in den Osten. Durch die inaktive CTR Emmen und dann den Voralpen entlang nach Siebnen. An den Hängen meldet sich bereits der Föhn, der dem Autopilot einiges abverlangt - soviel, dass ich wieder selbst übernehme als der Seedamm im Zürichsee in Sichtweite kommt. Wir mutmassen über den Wind im Glarnerland und wie der Anflug gestaltet werden sollte. Über Sector North entscheiden wir uns für Piste 19 via Overhead und geniessen den Blick auf den rot gefärbten Fronalpstock. Als krönenden Abschluss lege ich noch eine - für mein Verständnis - geschmeidige Landung hin und als wir aussteigen gibt uns der Föhn noch ein tolles Fotomotiv für den Feierabend.

Nächste Woche geht's wieder in den Westen. Wenn das Wetter mitspielt, geht's nach Grenchen. Bis dahin verschwinde ich aber wieder mal an den PC. Denn ich habe herausgefunden, dass irgendeiner den Flugplatz Mollis für den Microsoft Flugsimulator nachgebaut hat. Mit Ecoflight Hangar, Aviatico, funktionierendem Windsack und allem drum und dran. Gut, so 100% korrekt ist nicht alles - aber um Längen besser als das Standardwerk von Microsoft bzw. Asobo. Und für CHF 10.- kann man echt nicht meckern. Sobald ich mich damit mehr auseinandergesetzt habe, werde ich wieder berichten :-D









05.11.21 - Mittelland-Szenerie-Schwemme...

DC-3 in Grenchen

Das Wetter hat gepasst, an der Flugplanung musste ich so gut wie nix ändern; Es geht nach Grenchen. Grenchen liegt so an die 10 Flugminuten von Bern entfernt und entsprechend sieht die Landschaft auf dem Weg dorthin gleich aus wie beim letzten Flug. Okay, ganz unschuldig bin ich daran nicht. Ich wollte diese Route nochmals fliegen, da ich sie bereits für meinen ersten Cross Country Soloflug vorgemerkt habe. Also jammere ich auch gar nicht all zu lange deswegen herum. Ganz allgemein habe ich wenig Grund zum meckern - weil's nach der Zeitumstellung schnell dunkel wird, drängt Urs auf einen frühen Start. Da ich am Vormittag aber noch arbeite, kommt das alles recht knapp hin. Ich düse also nach meinem Teller Spaghetti sofort nach Mollis, wo Zulu Delta bereits vollgetankt vor dem Hangar steht. Im Aviatico tanken Urs und ich uns auch noch auf - mit Espresso notabene. Nach einem kurzen Briefing (kurz, weil ich gut vorbereitet bin) geht's schon raus via Sector North. Ich überspringe grosszügig das Beschreiben der Route. Heute stand auf dem Hin- und Rückweg eh der Autopilot auf dem Programm, welchen ich auch ausgiebig konfiguriert und verwendet habe. 

Nach einer knappen Stunde erreichen wir Koppigen, welches für mich wieder der "Meldepunkt" darstellt. Aufgrund der knappen Zeit machen wir heute keinen Touch&Go, sondern landen beim ersten "Versuch". Alles klappt im Vergleich zum letzten mal besser, die Checks/Procedures kommen zur richtigen Zeit und auf der richtigen Frequenz. Die Flaps fahre ich zwar ein bisschen früh aus, aber lieber zu früh als zu spät. Ein Novum; ich nutze das APAPI-System des Flugplatzes zur Landung. Das sind zwei Lampen, welche je nach Anflugwinkel entweder rot, rot/weiss oder weiss leuchten. Viel verändert sich durch die Lampen an meinem Anflug nicht, aber die meiste Zeit bestätigen sie mir durch ihr "rot/weiss", dass mein Anflugwinkel stimmt. Und es ist wieder mal etwas neues, das entschädigt für die "platte" Landschaft. Der Rest der Landung ist auch gut, "fast nicht geschoben" meint Urs. Aber das ist - wie immer - quasi ein Kompliment. Ich rolle nach links weg, erbitte einen Parkplatz und werde vor den Tower geschickt. Auf dem Weg dorthin erspähen meine Augen - wie könnte es auch anders sein - eines meiner Lieblingsflugzeuge. Und das, um welches hier geht, hast du unbewusst vermutlich schon ein paar mal gesehen. Es ist nämlich die DC-3, welche in diesem Tagebuch immer ganz unten zu sehen ist. 

Ein Mini-Cumulonimbus?

Wir bummeln in's C-Büro und ich bezahle die Landegebühren. Wir entscheiden uns, das Debriefing im Flugplatzbeizli zu machen. Wobei, Beizli ist hier untertrieben. Grenchen hat zwar keine Linienflüge wie Bern, aber dafür ein eigenes Hotel inkl. Restaurant. Und das war für einen Freitagnachmittag nicht schlecht besucht - die Klientel unterscheidet sich zwar nicht all zu sehr von einem klassischen Flugplatzbeizli, aber es findet mehr von selbiger Platz. Auch hier verplempern wir nicht viel Zeit mit Debriefing und im grossen und ganzen werde ich für meine Darbietung der letzten Stunde gelobt. Auf dem Weg zurück zu unserem Flugzeug muss ich natürlich noch ein Erinnerungsfoto von der DC-3 schiessen. Wieder im Flugzeug ist die erste Amtshandlung das Abhören des ATIS (ein Tonband, welches wichtige aktuelle Infos zum jeweiligen Flugplatz beinhaltet - damit der Tower nicht hundert mal am Tag die gleichen Infos herunterleiern muss). Ich notiere, dass - entgegen der Landung von vor 30 Minuten - die Starts nun in westlicher Richtung, auf Runway 24 erfolgen. Ein wenig verwundert schaue ich zuerst auf die "Warteschlange" vor der Piste 06 und danach auf eine gähnend leeren Holding Point vor der Piste 24. Ein ähnlich verwunderter Blick sehe ich bei Urs, also frage ich gar nicht erst ob das so seine Richtigkeit habe. Vielleicht wechselt das ja gerade jetzt und ich bin dann der erste, der auf Piste 24 startet. Aber nein, nach meinem Aufruf werde ich auch zur Piste 06 geschickt. Auch die Flugzeuge hinter mir rollen zur Piste 06 und werden das wohl auch mit ein wenig Verwunderung gemacht haben. Nach dem Start geht's unmittelbar über einen (zugegeben) schönen Abschnitt des Mittellandes. Die Aare schlängelt und windet sich nach Westen und hat dabei auch ein zwei Inselchen angeschwemmt. Da das ganze ein Naturschutzgebiet ist, hat's auch keine Häuser oder Strassen, welche das Bild stören. Okay, die Naturschützer recken sicherlich die Faust in meine Richtung, wenn ich über sie hinweg schwebe und die Ruhe störe. Vielleicht beruhigen sie sich wieder ein bisschen, wenn sie hören wie leise die Breezer schnurrt. Und die Viecher im Schutzgebiet halten mich eh nur für eine grosse Biene. 

Auf dem Rückweg passiert dann nicht mehr viel weltbewegendes, ich spiele nochmals am Autopilot herum und weiche den Wolken aus, welche vereinzelt am Himmel verteilt sind. Eine besonders "schöne" muss ich fotografieren, weil sie genau so in den Ausbildungsordnern abgebildet sein könnte. Kurz vor Mollis sprechen wir noch über Neuerungen in den Anflugkarten, welche Mollis erhalten hat. Die "Umschreibung" zu einem öffentlichen Flugplatz geht weiter voran und so wurde nun, nebst einer weiter in den Norden "geschobenen" Piste auch die Voltengeographie entsprechend angepasst. Für den Breezer-Piloten bedeutet das, dass er in Zukunft mehr Lärm über Näfels und Mollis macht, da die Performance nicht reicht um eine sichere Höhe für die Kurve in den Downwind zu erreichen. Sorry Chröpfler. Und ob ich mir dessen schon bewusst bin, das will Urs herausfinden. So befiehlt er einen Go-Around als ich kurz vor dem aufsetzen auf Piste 01 bin. Also vollen Schub rein und hoch, die Höhe reicht bei weitem nicht und so führe ich den Steigflug gerade aus fort. Sehr zum Wohlgefallen von Urs, welcher - das unterstelle ich ihm jetzt einfach - sicher gehofft hat, dass ich hier noch einen Bock schiesse. Nix da. Aber es reicht ihm noch nicht so ganz: "Engine failure!", aber auch damit kann er mich nicht mehr schocken. Da eh Windstille herrscht, hatte ich mir im Anflug schon überlegt, ob ich mich wieder mal für Piste 19 entscheiden soll. "Was machst du jetzt?" fragt er und ich rattere meine Ideen durch "Best Glide fliegen, Fuel Pump und Valve checken, direkt auf die 19 gehen." und so mache ich das dann auch. Es bleibt genug Höhe für Full Flaps und die Landung wurde so richtig gut. Perfekt - alle Stolpersteine übersprungen. 

Im Debriefing ist Urs dann auch voll des Lobes und meint, dass am nächsten Dienstag gutes Wetter für einen Solo-Flug herrschen würde. Yeah! Dann plane ich über's Weekend mal etwas zusammen, was mich für ~1,5 Stunden beschäftigen soll. Was aber schon mal fest steht: Es wird in die Berge gehen. Nichts gegen das Mittelland, aber eure Felder, Hügelchen und Nebelbänke habe ich jetzt genug gesehen. Jetzt wird's Zeit für steile Berge, glitzernden Schnee und blauen Himmel. 




19.11.21 - Ferry Flight für Zulu Bravo

Eins vorweg; Am Dienstag (den ich im obigen Beitrag so angepriesen hatte) war kein Flugwetter - zu viel Föhn. Aber heute war's dafür umso schöner. Zumindest wenn man südlich der Alpentrennlinie unterwegs war (so ungefähr ein Strich auf der Karte von St.Gallen nach Montreux). Da ich mich die ganze Woche mehr oder weniger freiwillig in Rapperswil-Jona aufgehalten hatte (welches in der Nacht schwarz und am Tag dunkel- oder hellgrau war) war der Freitagnachmittag das Highlight der Woche für mich. Denn wie Bartli aus der Kindheit noch weiss: Im Glarnerland ist Nebel ein rares Gut. So bereite ich mich denn auch die ganze Woche freudig auf meinen geplanten Flug vor. Allerdings ist der langsam recht ambitioniert - es sollte nämlich eine doppelte Alpenüberquerung werden: Mollis - Elm - San Bernardino - Bellinzona - Gotthard - Altdorf - Klausen - Klöntal - Mollis. Im Sommer wäre das recht "easy", aber im Herbst wird's schier unmöglich. Auch heute wird's mit diesem Flug nix - aber aus einem anderen Grund. 

Und zwar hat Urs heute ein spezielles Programm für mich - HB-WZB, das Flugzeug welches im letzten Kapitel mal kurz erwähnt wurde (ein Flugschüler hat's in Bern in's Gemüse geschossen - okay, nein, nur mehrmals gelandet während einer Landung. Und nach dem x-ten Aufsetzen hat das Bugrad dann aufgegeben und sich verneigt. Ist halt dann scheisse, wenn man nicht vorher durchstartet. Aber für mich ist mosern einfach, ich war nicht in der Situation.) kommt nach Monaten endlich aus der Wartung heraus. Und so hat er im Sinn, dass ich die Überführung von Bad Ragaz (da ist der Breezer-Doktor) nach Mollis übernehme. Wieder mal ein Novum, ein Start nicht von der Homebase aus!
Wir treffen uns in Mollis, satteln Urs' Auto (mein Tank war fast trocken, hätte zuerst noch tanken müssen - und dafür war keine Zeit) und bolzen nach Bad Ragaz. Dort angekommen gibt's nur ein kurzes Briefing. Kurz deshalb, weil meine gestern Abend zusammengebastelte Route (Bad Ragaz - Toggenburg - Ricken - Mollis) heute schon nicht mehr möglich scheint, wegen Nebel in der Linthebene. Also nochmals alles auf Anfang, Pi mal Daumen. Mein neuer Plan: Zuerst mal in Richtung Chur, dann auf der anderen Talseite wieder raus und in Bad Ragaz dann entscheiden, ob ich links oder rechts an den Churfirsten vorbei schaukle. Wir kucken in den Tank, berechnen damit wie weit ich in etwa komme bzw. nach wie vielen Minuten ich spätestens umkehren muss. Dann noch kurz eine Ermahnung bzgl. Wetter Minima und Abflugverfahren von Bad Ragaz und schon werde ich von der Kette gelassen.

Auf dem Weg zum Flugzeug, welches vom Mechaniker schon aus dem Hangar gezogen wurde und nun in freudiger Erwartung auf dem Apron steht, sehen wir im offenen Hangar einen Typen, der gerade an einem Flugzeug schraubt. Sieht nach einem Eigenbau aus und neugierig wie wir halt sind, tschalpen wir hin und es entsteht ein kurzes Gespräch. Während dem Gespräch lese ich einen mir bekannten Nachnamen auf dem Werkzeugkoffer von besagtem Typen und spreche ihn drauf an. Es stellt sich heraus, dass er der Vater von einem Mitarbeiter bei mir ist. Wieder mal ist die Welt so richtig klein. Okay, zwischen Bad Ragaz und Rapperswil liegen jetzt nicht grad Kontinente aber du weisst, was ich meine. Wir verabschieden uns und ich besteige Zulu Bravo während Urs den Outside Check übernimmt. Noch ein letztes Abschiedsbriefing (so à la "da geht's zur Piste, bau gefälligst keinen Scheiss mit dem frisch geflickten Flieger") und schon bin ich alleine. Ruhe kehrt dennoch nicht ein, denn hinter mir "schleicht" sich eine R44 an. Sie hockt direkt hinter mir ab und wartet mit laufendem Rotor, bis die Tankstelle links von mir frei ist. Für mich bedeutet das, dass ich sanft durchgeschüttelt werde und den Stick festhalten muss, da Zulu Bravo's Ruder sonst in's Schlottern kommen. "Keine Angst, Papa ist ja hier.". Ich mache meine Checks, irgendwann ist die Tankstelle frei, der Heli hüpft rüber und die Schüttelei hört langsam auf. Ein freundliches Nicken zum Heli und ich kündige mein Rollen an. Weit komme ich nicht, denn vor mir steht eine Trinidad mit laufendem Motor. Per Zufall macht deren Pilot gerade einen Radiocheck und ich beantworte ihm den, damit er evtl. nach hinten schaut und mich sieht. Und prompt meint er etwas in Richtung "Mike, du kannst gerne vorbei ich muss warm laufen lassen.". Ich schaue rasch herum, sehe keinen Mike und beschliesse, dass ich bis auf Weiteres der Mike bin: "Merci, ich gehe rechts an dir vorbei, HZB". Entsprechend verwundert schauen mich die beiden in der Trinidad auch an, als ich mich zwischen ihnen und einer Cessna hindurch schlängle und rüber kucke. Ich hab wohl kein Mike-Gesicht. Auch hier; ein freundliches Zunicken und man weiss, dass die Welt in Ordnung und niemand beleidigt ist. Die Distanz zur Stopplinie ist dann allerdings arg kurz und ich muss mich entscheiden ob es wichtiger ist, diese Linie nicht zu überfahren oder das Flugzeug so auszurichten, dass der Propellerstrahl nicht direkt auf meinen Hintermann bläst. Good Airmanship vs Gesetzestreue. Ich wähle irgendwas dazwischen und stehe vermutlich ziemlich gut auf der Stopplinie, aber dafür blase ich beim Run-Up nicht direkt auf die Trinidad hinter mir. Geht ja aber auch nicht lange und schon kündige ich mein "Auflinieren und Takeoff" auf Runway 30 an. Die Piste ist kurz, aber ich bin alleine, Zulu Bravo nicht vollgetankt und es ist ziemlich kalt draussen - sollte ein Kinderspiel werden. Voller Schub, Zulu Bravo galoppiert die Piste runter und irgendwo in der Hälfte geht's schon hoch. Über der Hochspannungsleitung fahre ich die Flaps ein, mache meinen Climb Check und bevor ich mich versehe, bin ich schon im Steigflug auf der anderen Talseite auf dem Weg nach Chur. Im Sektor East wechsle ich die Talseite und fange an mit meinem Elektrokram herumzuspielen. Fotos mit dem Smartphone, Bluetooth auf dem Headset aktivieren und mit dem Handy verbinden, auf dem Tablet herum zoomen - immer mit einem Auge nach draussen. Aber was Fliegen nochmals auf ein neues Level hebt: Spotify hören. Ich bin schon seit Jahren treuer Abonnent, aber im Flugzeug hab ich's noch nie genutzt. Das Gefühl ist schwierig zu beschreiben. Wie wenn man zum ersten mal Whisky Cola trinkt und sich denkt "Verdammt... So schmeckt Cola noch viel besser. Ab jetzt will ich immer Whisky in meiner Cola!". 

Welcome back home, WZB!

Über Chur drehe ich dann ab und wechsle wieder die Talseite, während mir "The Wheelblocks" ihre Interpretation von "Aces High" in die Ohren prügeln. Auf dem Weg nach Landquart ist das Leben wieder mal schön, auf der rechten Seite die markante Westseite des Montalin. Da ich immer noch auf der Frequenz von Bad Ragaz bin, höre ich dennoch, was um mich herum läuft - safety first and always. The Wheelblocks singen gerade "...Ten ME-109's out of the sun!" aber ich sehe/höre nur die Trinidad, welche sich auf der anderen Talseite von der Frequenz abmeldet. Aber mit viiiieel Vorstellungsvermögen geht das irgendwie auf. Ich entscheide mich dann aber doch nicht für "...heading straight for them I press down my guns", sondern zuckele weiter nach Landquart und über St. Luzisteig, wo ja auch immer irgendwie Krieg herrscht (wenn auch nur "gespielt" von der Schweizer Armee). Hier fälle ich die Entscheidung für's Toggenburg, da der Nebel über den Daumen gepeilt erst irgendwo bei St. Margrethen beginnt. Da ich mittlerweile auf 8000 Fuss gestiegen bin, sehe ich bis in die Linthebene - sie hat die Decke über sich gezogen. Der Ricken  resp. die "Passhöhe" selbst scheint gerade so in etwa die Grenze zu markieren. Wäre das noch VFR (Visual Flight Rules), wenn ich mich nicht mehr an den Strassen am Boden, sondern an den Bergen drum herum orientieren kann? Vermutlich schon. Komme ich denn früh genug wieder vor dem Glarnerland auf eine "schlaue" Höhe um nach Mollis zu kommen? Das Benzin würde wohl grad einigermassen reichen... Ich entscheide mich, die Talseite kurz zu wechseln um einen Blick über Amden in's nördliche Glarnerland zu werfen um eine Entscheidung zu fällen. Und genau jetzt wird die Musik still weil ein Anruf auf's Handy kommt. Urs ist dran. Wo ich denn sei, was meine Pläne sind usw. Wobei, meine Pläne sind egal, er ruft mich zum Horst zurück. Der Nebel schleiche sich an. Gut, dann wäre das auch erledigt. Aber ich bin happy, denn diese Entscheidung hätte ich in ca. ein, zwei Minuten wohl auch getroffen dank meiner Flugtaktik. Mann, bin ich gut. Den Descent Check habe ich in weiser Voraussicht bereits auf Höhe vom Säntis gemacht - ich wusste ja nicht, ob ich mich spontan für die Landung in Mollis entscheide oder nicht. Und das zahlt sich aus, denn jetzt habe ich nochmals Zeit die letzten Sonnenstrahlen zu geniessen und noch ein paar letzte Fotos vom Nebel zu machen. Der steht nämlich wirklich schon an den Toren des Glarnerlands. Und auch das Glarnerland hat sich schon das seidene Nachthemdchen übergezogen. Schön sieht's zwar aus, aber mir wird ein wenig mulmig als ich dann noch voll gegen die Sonne fliege. Zum Glück weiss ich, dass direkt vor mir der Wiggis ist - sehen tu ich ihn aber nicht. Und als wäre das noch nicht genug, sehe ich auf der linken Seite noch zwei Gleitschirme. Das Risiko ist mir zu gross, ich drehe nach rechts und entscheide mich für einen Überflug von Mollis - ich sehe schlichtweg nicht, ob da noch weitere Schirme im Schatten vor mir sind. Kurz bin ich im Schatten vom Wiggis und ich sehe keine weiteren Gleitschirme. So mache ich dann doch noch einen "supponierten" Bogen nach links, um nicht das ganze Dorf zu beschallen. Den Windsack sehe ich jetzt aber nicht mehr, also verlasse ich mich auf die Anzeige im Flieger, den Rauch der Schornsteine der Papierfabrik und auf die Tatsache dass "eh immer irgendwie Nordwind herrscht". Und ich könnte, je nach Windstärke, ja auch mit Rückenwind landen oder sogar einen Go-Around machen (welchen ich dann saucool mit einer 180°-Kurve und mit einem Straight-in Approach auf Runway 19 abschliessen würde). Ganz viele Optionen also, um sicher runter zu kommen.
Trotz der erschwerten Bedingungen klappt aber alles überraschend gut, ich halte die Geschwindigkeiten, Höhen und Procedures ein und bin von mir selbst sogar ein wenig überrascht. Nicht mal der Rega-Heli der auf der Mollis Frequenz erzählt, dass er mir aus dem Klöntal heraus entgegen kommt wirft mich aus der Bahn. Jetzt nur nicht noch die Landung versemmeln. Der Anflug ist einigermassen stabil- zwar nicht gerade wie mit dem Lineal gezogen, sondern eher so "lockerer Freihandstil". Aber liegt alles in der Toleranz und so setze ich dann sanft und ziemlich genau dort auf, wo ich mir das anfangs Final vorgenommen hatte. Kurz verwirrt bin ich dann, als ich am Funk höre, wie der Rega Heli jetzt die Bahn queren werde - irgendwie habe ich befürchtet, dass der mir jetzt in die Seite donnert. Aber der Heli kann ja schweben und wartete ab, ob ich evtl. durchstarten muss. Während ich auf der Piste drehe um zurück zu rollen, feiert der Rega Pilot wohl auch den Freitagabend. Er zieht in - zumindest für mein Verständnis - akrobatischer Querlage eine Rechtskurve, welcher ich während meiner eigenen Drehung fasziniert zuschaue. 

An der Stopplinie nach der Piste wartet der Marshaller. Also eigentlich ist es Urs, welcher mich zum Halten auffordert. Ich bestätige wie in der Theorie gelernt mit dem Handzeichen "Bremse gesetzt.". Das sieht ähnlich aus wie das internationale "Ich werde von meiner/meinem Alten verhauen"-Zeichen. Nur mit dem Daumen aussen. Ha, wieder was gelernt, hä?
"Was kommt nun schon wieder...?" frage ich mich. Aber Urs scheint einfach happy, dass sowohl Zulu Bravo als auch ich wieder heil zurück sind. Er macht Fotos von allen Seiten, bevor er mich auf den Standplatz verweist. Gut, vielleicht war's auch einfach nur Doku für die Versicherung, wer weiss. Motor aus und Luke auf. Urs will noch ein Porträt vom Piloten machen und weil der sich zu wenig fotogen anstellt (Headset halb auf dem Kopf, Kabel vor dem Gesicht) kriegt er zur Begrüssung grad mal eine Beleidigung an den Kopf geworfen. Schön wieder zu Hause zu sein. Nein quatsch, wir zünden uns eh die ganze Zeit an. Zum Glück - ich hätte sonst ein schlechtes Gewissen, da ich bekanntermassen meist ohne gross nachzudenken spreche.
Ich bin nicht der einzige, der nach Mollis kommt. Beim zusammenpacken landet ein Heli, welcher in einem Tarnmuster angestrichen ist. Gehört nicht zur Armee, sieht aber ähnlich aus und ich muss sagen, der sieht schon cool aus (kommt am Ende vom Video, das musst du also fast zwangsläufig schauen). Urs gibt zu bedenken, dass die Farbgebung rein vom Aspekt der Sicherheit nicht gerade schlau gewählt sei. Ich entgegne dann "Zwar nicht schlau, aber sieht geil aus", was uns dann zu nicht mehr ganz zeitgemässen Vergleichen verleitet, welche ich hier nicht rezitiere. Zum Schluss startet dann noch ein Eigenbau, welcher aber gerade mal so den Gegenwind kompensiert und entsprechend langsam vorwärts schleicht. 

Das Debriefing machen wir dann seit langem wieder einmal im Aviatico, wo ich ungeniert meiner Sucht fröhne. Nein, nicht der hemmungslosen Sauferei. Meiner T-Shirt Sucht. Ich habe zwar schon geschätzt 200 T-Shirts, aber eines vom Aviatico habe ich noch nicht. Also kaufe ich mir das bzw. lasse es mir kostenlos zur Anprobe zu Hause mitgeben vom Wirt. Roli, für den unwahrscheinlichen Fall dass du hier mitliest: Es passt. Sollte ich beim nächsten mal nicht an die Bezahlung denken, hau mich bitte unbedingt drauf an... 




17.12.21 - Jahresendflug


Die Zlin 143L. Bild "zvg". Also eigentlich ungefragt geklaut. Sorry/Danke.

Heute war Flexibilität gefragt - der Plan änderte nämlich mehrmals. Und das Wetter war saisonbedingt auch alles andere als sicher. Aber um 1330 war klar: Heute geht's wieder nach Bad Ragaz, denn da steht wieder mal ein Flieger vor der Garage, der nach Hause will. Davor je nach Zeit noch ein bisschen Airwork. Die Zeit verrinnt allerdings, denn Urs hat sein Handy beim Chef der Flugschule im Auto vergessen und eigentlich sollte er sich beim Mechaniker melden um zu erfahren, wann/ob Zulu Bravo denn bereit zur Abholung sei. Und wir haben noch viel zu besprechen, in erster Linie das neue Flugzeug von Ecoflight. Es gab nämlich einen Liebesgruss aus Moskau. Wobei, nein, nicht Moskau. Ein Fliegergruss aus Otrokovice. Das liegt in Tschechien und von dort kommen die Flieger der Firma Zlin. Und so einer, genauer eine Zlin 143L, steht jetzt auch bei "uns" in Mollis.
Nochmals zurück zu Moskau; Denn obwohl ich das Zerbröseln der Sowjetunion bzw. deren Bestand nicht wirklich mitbekommen hab, ist für mich alles östlich von Wien irgendwie Russland. Unendliche Taiga, mürrische Eingeborene mit hohem Spritverbrauch und viel Industrie. Und irgendwo noch ein kaputter Atomreaktor. Dann erschöpfen sich mein Vorurteile gegenüber den ehemaligen Sowjetrepubliken dann auch schon langsam. Also quasi wie das Schweizer Mittelland, wenn's nicht von den Voralpen und dem Jura im Zaum gehalten würde. Okay, für dieses Jahr genug Sprüche gegen das Mittelland. Sorry an die Betroffenen, Beschwerdebriefe bitte an den Autor.

Nachdem der neue Flieger also ausgiebig besprochen war, Urs und ich vergeblich versucht hatten irgendwie Kontakt mit dem Mechaniker aufzunehmen, war dann irgendwie nicht mehr wahnsinnig viel Zeit übrig bis zum Feierabend. Und so entschlossen wir uns, dass ich einfach noch einen Touch&Go in Bad Ragaz mache, damit's halt wieder mal gemacht war. Treue Leser wissen, ich bin kein grosser Fan von der kurzen Piste und dem Hügel mit dem Haus drauf im Final. Aber heute lag sie mir nicht schlecht, die erste Landung musste noch recht kommentiert werden von Urs, aber bei der zweiten war ich schon zufriedener mit mir. Und Urs vermutlich auch, denn es kamen nur zustimmende Worte bei mir an (vielleicht entwickle ich ja aber auch nur ein selektives Gehör mit fortschreitendem Alter).
Auf dem Vorfeld war einiges los. Ein Flugzeug ohne Motor/Propeller versperrte die erste "Ausfahrt", sodass ich über die "Auffahrt" der Piste fahren musste. Aber da ein einem kalten Freitagnachmittag nicht viel Betrieb war, ging das problemlos. Wir parkten Zulu Charlie auf der Zufahrt zum Vorfeld und ich entrichtete meinen Obolus, während Urs die Formalitäten für Zulu Bravo erledigte. 15 Minuten später gingen wir dann getrennter Wege, Urs bestieg Zulu Bravo und ich setzte mich in die noch "lauwarme" Zulu Charlie. 1:0 für mich. Während Urs den Motor von Zulu Bravo erst warmlaufen lassen musste, konnte ich gemütlich meine Checks machen und einer Mooney zuschauen, die ein paar Touch&Go-Landungen machte. Als Urs mir signalisiert, dass er ready ist, ist die Mooney gerade im Final und ich liniere zügig hinter ihr auf, damit Urs mir dann gleich nachfolgen kann. Nachdem ich ein paar Meter zwischen mir und den Boden gebracht habe, höre ich über Funk, dass Urs die Verfolgung aufgenommen hat. 

Fernbeziehungen können durchaus funktionieren

So zuckeln wir getrennt und doch irgendwie vereint auf 4500 Fuss in Richtung Mollis. Auf dieser Höhe sammeln wir gerade noch die letzten Sonnenstrahlen ein, bevor's via Sector East über den Kerenzerberg zur Homebase "auf der dunklen Seite" geht. Als "Leader" bin ich dann auch der erste, der die Landung angeht. Hinter mir verlängert Urs seinen Downwind und hofft, dass ich dann schnell genug aus dem Weg bin (Piste verlassen). Diese Hoffnung mache ich ihm leider - wegen dem seit einigen Monaten verschobenen Pistenanfang - zunichte. Ich habe erst gerade fertig abgebremst, als er schon seinen Go-Around meldet. Und so sehe ich ihn dann noch über mich hinweg rauschen, als ich auf dem Backtrack zum Hangar bin. 

Als letzter Punkt auf der Tagesordnung wäre eigentlich noch ein Feierabendbier/Chlaushock gestanden - aber Roli vom Aviatico nebenan hat seine Segel schon früh gestrichen. Und so zieht es uns halt noch nach Mollis in den Bären auf ein Bier. Die nächsten Termine stehen dann im Januar an und wir setzen uns beide das Ziel, dass es dann auch mal reichen sollte und ich dann endlich fertig werden möchte. Einverstanden. Wenn dann das Wetter stimmt. Und Flugzeuge verfügbar sind. Und ich im Büro fehlen kann. Und Fluglehrer zur Verfügung stehen. Und grad keine Lockdowns sind. 








Und so wünsche ich an dieser Stelle auch dir, liebe Leserin / lieber Leser, schöne Festtage und einen guten Rutsch in's 2022 und vielleicht schreist du ja schon bald neben mir "NICHT SO TIEF! LANGSAMER! DAS REICHT NIEMALS! WIESO PIEPST DAS DIE GANZE ZEIT?! LANDE ENDLICH! " ;-) Halt so ein bisschen wie der Kollege vom Rüdiger hier:


Und für den Leser, der eher aus der Aviatik-Sparte kommt, hier noch ein Video über die Krux, den passenden Fluglehrer zu finden:




06.01.22 - New Year New Me!

Die Querruder funktionieren einwandfrei

Der Jahresanfang steht bei vielen Leuten im Zeichen der Neujahrsvorsätze. Mehr Sport. Mit dem Rauchen aufhören. Das verwässert sich dann spätestens im Verlauf vom Februar zu "Okay, aber wenigstens vor dem Essen keine rauchen und im Büro die Treppe nehmen anstatt den Lift". Ich habe beide Probleme nicht - weder das Rauchen noch den Lift im Büro (Homeoffice, hahaha). Daher mache ich's mir mit dem Neujahrsvorsatz einfach, ich nehme den Altbewährten vom letzten Jahr (und mind. dem Jahr davor): Praktische Prüfung machen und PPL erhalten. Die letzten Jahre waren recht unterhaltsam mit diesem Vorsatz, also warum was ändern?

Grossartig Neues gelernt habe ich dann heute auch nicht - Festigung des bereits Erlernten stand auf dem Programm, inkl. ein paar Landungen in Mollis. Ging gut. Über dem Walensee habe ich Kreise in unterschiedlichen Querlagen geübt und sogar ein bisschen Action gab's mit zwei simulierten Notlandungen, die auch beide geklappt hätten im Ernstfall. Aber bei beiden habe ich mich nicht für die "einfachste" Variante entschieden und entsprechend interessant sah's dann vermutlich von aussen auch aus. Zumindest für mich war's spannend, denn beide male war ich mir zu gut 70% sicher, dass sie schon klappen werden. Und Urs nebenan musste auch nicht eingreifen. Was will ich denn mehr?
Viel mehr zu berichten gibt's nicht, denn vor den Toren vom Glarnerland fiel der Schnee und entsprechend hatten wir nicht den Drang uns zu weit von der Piste zu entfernen. Das sieht man auch auf dem Flight Tracker schön ;-)

Darum mache ich jetzt halt noch einen Ausblick auf das vor mir liegende Jahr. 

Was sonst noch ansteht sind Überlandflüge und Aufbau von Solozeit. Denn bevor mir die Prüfungsreife attestiert wird, muss ich mindestens zehn Stunden alleine unterwegs gewesen sein (Stand heute: 3 Stunden 22 Minuten). Davon müssen mind. fünf Stunden auf Überlandflügen gesammelt werden. Zehn Stunden lang Touch&Go Landungen zu machen bringt also nichts. Gut, da würde mich vermutlich auch die Bank irgendwann anrufen und fragen, ob ich irgendwas mit dem Flugplatz Mollis zu tun habe und ob ich mir bewusst bin, dass die mich finanziell ausbluten lassen. Und für die Überlandflüge sind die Tage momentan noch zu kurz, da ich ja primär am Nachmittag fliege. Geht einfach besser von der Work/Flight Balance her. Aber ich habe noch ne Tonne Ferien die ich einziehen müsste und da gibt's dann halt kein "Ausschlafen, gemütlich Z'mörgelen, gegen Mittag mal ne Hose anziehen und dann zum Flugplatz fahren". Ich kann's mir momentan noch nicht so recht vorstellen, aber es wird vermutlich mit viel Gemecker, Gähnen und Stöhnen verbunden sein. Aber hey, es sind Alleinflüge - da stört's ja dann niemanden wenn ich in meinen Bart murmle.




Im Januar 2022

Es folgt ein Einschub aus dem Bereich Flugsimulator - denn es gibt erfreuliches zu berichten. Ich starte einfach mal mit einem Screenshot:

Sieht schon viel mehr nach Mollis aus, nicht? Gerne rufe ich nochmals in Erinnerung, wie denn Mollis zu Beginn des neuen Flugsimulators ausgesehen hat:

Was ist passiert? Zum einen haben sich die Entwickler vom Microsoft Flightsimulator nicht lumpen lassen und sind mit dem Kosmetikpinsel bzw. eher mit der Maurerkelle über alle Kontinente gefegt. Dabei haben sie Landschaften der Wirklichkeit angepasst (Bergflanken, Flüsse, Wasserfälle, Steinbrüche usw.) oder grobe Fehler, wie den "Tower von Netstal" eingeebnet. Das sah dann alles schon recht gut aus und sie haben sich sogar an einzelnen grösseren Flughäfen versucht (Zürich, Lugano, St.Gallen) und auch die sehen ihren Vorbildern mittlerweile sehr ähnlich. Was, verständlicherweise, aber zu kurz kommt sind die kleinen Plätze oder lokale "Spezialitäten". Sachen wie Gletscherlandeplätze, markante Geländepunkte (Dampfende AKWs, hohe Antennen usw. ) oder eben die kleineren Flugplätze wie Mollis. Wie auch schon beim alten Flugsimulator (FSX) gibt es beim neuen die Möglichkeit, dass jeder mit Programmier-Ahnung mitmachen kann. Und so einen habe ich gefunden - Arda Güler aus der Türkei.
Soviel ich verstanden habe ist er zwar noch Schüler, er verdient sich aber ein Taschengeld indem er kleinere Flugplätze anhand von Fotos und Videos nachbaut. Unter anderem - weil ihm die Landschaft gefällt - auch Mollis. Nun kann Arda nicht einfach so mal kurz nach Mollis fahren um ein paar Fotos zu machen, sondern er ist in erster Linie auf das angewiesen, was das Internet ihm bietet. Und das ist im Jahr 2022 nicht wenig - Diverse Websites, Google Maps, Swisstopo sind da mal der Grundstock aus welchem schon recht viele Infos entnommen werden können. Aber nichts schlägt den Typen, der vor Ort Mass nehmen kann bzw. bestimmte Details fotografieren kann. Und bevor jetzt jemand Schnappatmung bekommt und "Werksspionage bei Kopter!" (pardon, Leonardo) brüllt: Darum geht's hier nicht. Es sei denn, der gute Arda spioniert für den Erdogan die Bauweise eines 50-jährigen Holzhangars oder das Layout eines ausgemusterten Militärflugplatzes aus. Aber hey, dann würde aus dem PPL-Tagebuch vielleicht noch ein waschechter Agententhriller. Das würde den Tinner mit der libyschen Atombombe aber sowas von in den Schatten stellen!

Bisweilen schraubt Arda noch an Feinheiten und ist froh über Feedbacks, welche er häufig auch zeitnah umsetzt. So hat er z.B. auf mein Anraten (okay, es war schon mehr ein Flehen) die ganzen Lampen von der Piste entfernt. Die hatten mich so richtig aufgeregt, denn die Piste leuchtete wie ein Weihnachtsbaum. Und das hat dann schon die "Stimmung" gekillt. Nebst den Lampen habe ich ihm dann auch noch erklärt, dass er einen Benzintank löschen soll, den er der Motorfluggruppe Mollis vor den Hangar gestellt hat. Als Deko hatte er dann noch eine Cessna 172 vor den Ecoflight-Hangar gestellt. Das habe ich ihm auch ausgetrieben, denn Cessnas gibt's aktuell keine bei "uns". Ersetzt hat er sie durch eine Trinidad - mit der richtigen Farbe und sogar der richtigen Immatrikulation. Das freut sicherlich einige, ist die doch das "Flaggschiff" der Motorfluggruppe Mollis. 

Es gäbe noch einiges mehr zu sehen, aber da wohl die wenigsten meiner Leser effektiv Interesse an diesem Thema haben belasse ich es mal bei diesem "Teaser". Für die Interessierten hier noch der Link zu den Plätzen von Arda Güler: https://flightsim.to/vendor/AGSim

Ich füttere ihn natürlich weiterhin mit Fotos, Fakten und Tipps - da wird sicherlich noch das ein oder andere verbessert werden. Und wer weiss - vielleicht werden wir ein "Dynamic Duo", bei welchem ich die Plätze anfliege, dokumentiere und er baut sie dann nach. Dann wüsste ich zumindest schon mal, was ich diesen Sommer zu tun habe :-D





13.01.22 - Thank you ferry much

Der Titel verrät es schon, heute gibt's wieder einen "Ferry Flight" von Bad Ragaz nach Mollis. Allerdings fliegen Urs und ich zu zweit nach Bad Ragaz und ebenso auch wieder zurück. Wir tauschen nur den Flieger in Bad Ragaz. Auf dem Hinweg gibt's einen Einblick in die Welt der SPHAIR Kurse, denn ich bekomme den Auftrag den vierten Flug des Kurses zu fliegen. Kurz zur Erklärung; SPHAIR ist ein Selektionsprogramm des Bundes um junge Talente für Pilotenberufe zu finden. Die Kurse sind kostenlos, die Anforderungen hoch. Would you like to know more? 

Eine richtige Flugplatzbeiz

Der vierte Flug dieses Kurses beinhaltet eine Serie von Steig- und Sinkflügen sowie Vollkreise in unterschiedlichen Querlagen. Eigentlich Basics, aber wenn man bedenkt, dass die SPHAIR-Anwärter/innen zu diesem Zeitpunkt vielleicht gerade mal drei oder vier mal ein Flugzeug gesteuert haben doch schon recht fordernd. Aber da der Bund in mir keine erfolgsversprechende oder grenzschützende Wirkung mehr sieht und mich bereits aus der Dienstpflicht ausgesiebt hat, habe ich meiner Pilotenkarriere mit Geld nachgeholfen. Dafür kann ich jetzt aber auch einfach selbst entscheiden, ob ich Ausschnitte aus diesem Programm mal anschauen will oder nicht. Der Kapitalismus lebt. 

Ich habe mich natürlich vorbereitet und habe mir eine Checkliste bzw. einen Ablaufplan geschrieben und ausgedruckt, damit ich im Flug die verschiedenen Phasen kurz und prägnant spicken kann. Und so sieht das Original aus. Und so starte ich das Programm über Weesen und steige, kurve, sinke was das Zeug hält. In der Mitte der Übung steht eine 180°-Kurve an, weil das Programm dort das Ende des Übungsraumes vermutet. Und es stimmt sogar, denn ich bin am Ostende des Walensees angekommen. Also fliege ich die zweite Hälfte des Programmes in die Gegenrichtung. Das klappt alles recht gut, mein "Assessor" nebenan moniert zwar meine kurzfristigen Anpassungen am Programm (O-Ton: "Herr Bühler, es tut uns leid, aber einen F/A-18 werden sie so nie fliegen dürfen."), weil ich eine 180°-Rechtskurve nach links fliege, aber für mich ergibt's halt mehr Sinn meine Übungen nicht in der Richtung der entgegenkommenden Flugzeuge zu fliegen. Allerdings denke ich auch an meine Militärzeit zurück, in welcher mein (zu Beginn grundsätzlich, gegen Ende grundsätzlich nicht) gut gemeinter Individualismus auch eher ungern gesehen war. Von dem her macht's also schon Sinn, dass ich kein Militärpilot geworden bin. Haha, ich kann's mir grad vorstellen:

Tower: "Whiskey Hammer One, report position?"
Ich: "Bin noch nicht gestartet, ich glaube dieses potentiell entführte Flugzeug hat einfach die falsche Funkfrequenz eingestellt, darum hören wir den nicht. Whiskey Hammer One."
"WHISKEY HAMMER ONE, YOUR OBJECTIVE IS TO INTERCEPT THE UNIDENTIFIED AIRCRAFT AND STAND-BY FOR FURTHER INSTRUCTIONS! THIS IS A HOT MISSION! DEPART IMMEDIATELY!"
"Mmmh, ja ich versteh eure Sichtweise schon. Aber macht halt in meinen Augen keinen Sinn? Whiskey äääh... Hammer One. "
"WHISKEY HAMMER ONE, DEPART IMMEDIATELY! WHISKEY HAMMER TWO IS ALREADY EN ROUTE!"
"Ha, perfekt! Wenn der eh schon oben ist, was hocke ich denn hier noch herum? Ich bin im Kaffee mit Shotty, Whiskey Hammer One leaving frequency. Schöne zäme!"

Nach dem ich also mein Programm abgehaspelt habe, geht's wieder zurück dem Walensee entlang nach Bad Ragaz. Dort ist's wie immer am Nachmittag zwischen Oktober und März arschkalt und schattig. Wir verkrümeln uns also zügig in's Beizli und warten ab, bis der Breezer das OK vom Wartungsdienst bekommen hat. Wir vertreiben uns die Zeit mit Nussgipfel und Kaffee und machen so eine Art Debriefing gespickt mit Ausflügen über Geschichten und Erkenntnissen von anderen Flügen. Und über ein Kohlebergwerk n Horgen. Oder das Bergwerk im Gonzen. Kurzum; Wir halten ein Kaffeekränzchen mit losem aviatischen Bezug. Nach etwa zwanzig Minuten ist der Kaffee leer, der Breezer steht bereit und wir zipfeln wieder ab in Richtung Mollis. Da die Sonnenstunden im Januar recht kurz sind, gibt's dann auf dem Retourflug auch keine Übungen mehr - direct to Mollis.


21.01.22 - Neuer Lehrer, neues Glück

Urs hat die Schnauze voll. So richtig. Diese ständigen halbschlauen Kommentare von mir, das permanente Ignorieren der Winke mit dem Zaunpfahl und die komplette Abwesenheit militärischer Disziplin haben dazu geführt, dass meine heutige Lektion nicht mehr von ihm begleitet wird. Okay, vielleicht hat's aber auch eher damit zu tun, dass er in seinem Ferienhöckli im Bündnerland weilt und nur wegen einem Flug nicht zwei Stunden An- und Rückfahrtsweg auf sich nehmen will. Wäre auch ein valabler Grund. Auf jeden Fall fliegt heute ein anderer mit mir, wir kennen uns schon und ihr kennt ihn auch. Er wurde irgendwo in Kapitel eins oder zwei mal nicht namentlich erwähnt (wir flogen schon ein, zwei Flüge zusammen), aber es ist derselbe. Namentliche Erwähnungen muss man sich in diesem Blog nämlich hart erarbeiten. Nein Quatsch, ich achte Privatsphäre und wenn jemand mal aushilft muss er nicht in der digitalen Ewigkeit mit dieser Schmach leben mit mir in Verbindung gebracht zu werden. Urs hat da halt einfach den Zonk gezogen, weil er irgendwie so eine führende Nebenrolle in diesem Blog eingenommen hat. Aber nun zum Flug.

Da Urs heute nicht mein Mentor ist, passiert also so ziemlich alles anders als üblich - was ich aber gar nicht mal so schlecht finde, denn so merke ich vielleicht etwas, was ich in Zukunft auch anders machen möchte. Zuerst steht Flieger Tetris auf dem Programm, denn meine reservierte Zulu Charlie steht natürlich nicht vorne im Hangar. Nachdem das richtige Flugzeug vor dem Hangar steht, geht's an den Rundum Check und die Betankung. Alles picobello, genug Most im Tank und schon kreuzt mein heutiger Flugbegleiter auf. Das Briefing gibt's draussen an der Sonne, denn da ist's effektiv wärmer als im Briefingraum im Hangar, in welchem die Heizung ausgeschaltet war. Kurze Besprechung, was ich heute machen will (nochmals das vom letzten mal aufgreifen, damit die Reihenfolgen der Manipulationen stimmen und nochmal den Autopiloten anschauen) und schon geht's los.

Das Wetter ist wankelmütig. Blauer Himmel wechselt sich mit Schneefall ab und entsprechend schwierig ist es, im vornherein zu sagen wohin es uns zieht. Noch beim Rollen auf der Piste mutmassen wir, dass wir mal in Richtung Walensee fliegen werden, nur um im Steigflug über Näfels uns doch für die Linthebene resp. den Raum zwischen Ebnat-Kappel und Ricken zu entscheiden. Hier übe ich nochmals steigen, sinken und kurven und lache mir dabei sogar einen Verfolger an. Ein Hubschrauber hängt sich an unser Heck und macht bei unseren Übungen eine Zeit lang mit. Ich fühle mich ein bisschen verschaukelt. Ein Flugzeug sollte doch eigentlich schneller sein, als so eine popelige mechanische Libelle. Aber langsam weiss ich, dass dieser Breezer halt wirklich ein Schulflugzeug ist. Bleibt mit zwei Personen in der Luft und bringt beide von A nach B. That's it, aber dafür ist es halt auch günstig im Unterhalt und verbrennt nicht soviel Benzin wie andere Muster, welche mir durchaus auch zusagen würden.
Nachdem ich wieder ein paar Übungen und Empfehlungen hinter mich gebracht habe, geht's an den Autopiloten. Den konfiguriere ich, damit er uns auf eine bestimmte Höhe bringt, einem vordefinierten Kurs folgt oder sich an einem VOR orientiert. Nichts wildes, aber praktisch für meine Solo-Flüge, die bald anstehen. So, für heute waren's genug Übungen - es geht zurück für einen Touch&Go und eine Landung. Die erste Landung gelingt mir nicht wirklich gut und entsprechend holpern wir auf der Piste herum. Die zweite ist dann besser, aber auch um Längen davon entfernt, was ich schon mal geschafft hatte. Der trockene Kommentar von nebenan "Note 1 - Zwei Meter zu kurz". Normalerweise würde ich darauf salopp reagieren, aber heute nerv ich mich zu fest über mich selbst. Keine Ahnung was los war. 

Beim Debriefing hagelt's dann nicht wirklich Kritik, aber Lob war es dann halt auch nicht: "Solide Leistung". Jo, das hätte ich jetzt auch in etwa gesagt. Vielleicht wäre ich sogar noch ein wenig härter mit mir in's Gericht gegangen - aber das mache ich ja mit mir selbst, also muss der Fluglehrer nicht auch noch reintreten. Beim nächsten mal bin ich dann wieder besser.


28.01.22 - Black Friday

Irgendwann musste es ja mal passieren. Der verdammte Wind und die Wolken... Aber der Reihe nach. 

Heute stand wieder mal ein Soloflug auf dem Programm. Das Wetter war einigermassen okay, Urs und ich hatten den Entscheid aber bis auf den Mittag hinausgezögert, da's am Morgen recht lange gut bewölkt war. Ausserdem hatten "die" noch ein Snowtam (ein spezieller Report für Pisten, wenn Schnee liegt) herausgegeben, welches "Slush" (Schneematsch) auf der Piste meldete, was sich aber als Falschmeldung entpuppte. Am Mittag entschieden wir uns dann am Telefon, dass es doch reichen müsste. Wir konsultierten Webcams, Wetterbriefings usw. Wie man's halt so macht. Die Route hatte ich mir selbst gebastelt: Mollis - Siebnen - Hirzel - Affoltern - Sursee - Willisau VOR - Nottwil - Crossing CTR Emmen - Zug - Rapperswil - Uznach - Mollis. Das ist in einer guten Stunde machbar und wenn ich so gegen 1400, 1430 losdonnere komme ich noch mit mehr als genug Licht wieder zu Hause an, auch wenn mir der Tower in Emmen den Überflug verbieten würde. Alles picobello also, ab in's Auto und los. 

In Mollis angekommen dann gähnende Leere. Niemand sonst auf dem Platz. Zum einen komisch, sonst gibt's das nur bei extrem schlechtem Wetter. Aber hey, immerhin muss ich dann nicht ständig auf alle um mich herum aufpassen - hat also auch sein Gutes. Während ich Zulu Delta bereit mache, kommt dann Alessio (einer der, zumindest glaub ich das, relativ frisch ab "PPL-Presse" ist und seine Landungen machen muss, damit er die Lizenz nicht bald schon wieder los ist bzw. nicht nur alleine fliegen darf). Ein kurzer Schwatz und ein Stirnrunzeln in Richtung Windsack. Er ist sich nicht ganz so sicher, aber wenn Urs sein OK gegeben hat, wird's schon passen. Das erfüllt mich nicht gerade mit Zuversicht, aber schlussendlich entscheide ja ich was ich mache und was nicht. Ich entscheide mich, meinen Herr und Gebieter für eine Ferndiagnose anzurufen. Der ist nämlich nach wie vor in seinem Adlerhorst in den Bündner Bergen. Ich versuche ihm zu schildern, wie der Wind hier in Mollis aussieht. Dazu beobachte ich den Windsack und lese am Winkel zwischen Fahnenstange und Windsack die ungefähre Windstärke und Windrichtung ab. Ich einige mich auf "45-60°,  Böen eher im 60er, Nord bis Nord-Ost ". Kurze Stille. "Hier oben haben sie den Lift wegen dem Wind abgestellt. Aber bei dir unten ist's sicher nicht so schlimm, oder? Frag doch mal noch den [Vorname], der sollte auch auf Platz sein.". Gut, rufe ich mal den [Vorname] an. Geht nicht an's Telefon. Ich beschliesse mich zu Fuss auf die Suche nach ihm zu machen. Viel Platz zum verstecken gibt's ja hier nicht. Alessio steht auf einmal neben mir: "Und? Was meint er?"
"Ich soll mal [Vorname] fragen, der sei hier irgendwo...", "Okay... Den habe ich nicht gesehen, aber der Flugplatzchef steht dort drüben.", "Easy, der wird sicher auch eine fundierte Meinung haben. Ich frag mal ihn."

Der Flugplatzchef ist grad beschäftigt. Zusammen mit einem anderen begutachten sie verdutzt einen Schachtdeckel. Er ist ziemlich symmetrisch mehrfach gespalten, vermutlich wegen der Kälte resp. dem Tauwetter. Doof halt, dass der direkt vor ihrem eigenen Hangar steht und jetzt ein Sicherheitsrisiko darstellt. Er telefoniert gerade mit einem Schachtdeckel-Vertriebsmann, welcher offenbar einen Ersatz an Lager hat. Nun bin ich dran mit meinen Problemen. Ich erkläre ihm meine Lage und dass er eigentlich nur zweite Wahl für mich sei, denn ich würde ja eigentlich einen anderen Ansprechpartner suchen. Er kuckt fachmännisch auf den Windsack, kommt zu einem ähnlichen Schluss wie ich und schliesst mit "Ich weiss halt nicht wie weit du schon bist... Traust du dir's zu? Also machbar ist es schon. Aber ich kenn halt deinen Stand nicht....". Okay. Ahm, ja. Ich bedanke mich für die Einschätzung und er meint noch "Nimm einfach genug Fuel mit, dann kannst du solange Durchstarten bis es dir passt.". Er ist im Geiste schon mit meinem Flug durch und schon wieder in Mollis am landen. Ist ein guter Input, aber ich habe eh an allen Ecken und Enden aufgerundet was den Treibstoff anbelangt. Ich fliege quasi mit vollem Tank, auch wenn ein halbvoller ausreichen würde. Wenn denn alles genau nach Plan verläuft - und das tut's ja bekanntlich genau dann nicht, wenn's darauf ankäme.

Ich tschalpe von dannen und sage mir "Es gibt dir niemand das Go oder No-Go zum Start, entscheiden muss ich selbst. Hab ich genug Schiss, dass ich abbreche oder versuche ich es einfach mal und setze mir einfach fortlaufend Entscheidungspunkte wenn ich in der Luft bin?". Was soll ich sagen... Mama Bühler hat keinen Schisser aufgezogen.

Ich rufe Urs an und melde, dass ich's mal versuche. Im schlimmsten Fall breche ich halt ab und komme früher zurück als geplant. Urs ist einverstanden und mahnt zu Ernsthaftigkeit und Go-Arounds wenn's bei der Landung einfach nicht passen wolle. Irgendwie vergessen heute alle, dass ich nach dem Start mal noch ne gute Stunde quer durch die Schweiz fliege, bevor's an die Landung geht...

Ein bisschen mulmig ist mir schon, aber ich werfe Zulu Delta an und werde mit einem ersten Glücksmomentchen belohnt: Trotz Choke springt der Motor im ersten Versuch an - hab ich bislang noch nie geschafft. Yay! Ich gurke hoch zum Holding Point Runway 01, warte ab, bis der Flugplatzchef mit dem Robin der Motorfluggruppe nachgekommen ist und zische los. Dank dem Gegenwind bin ich überraschend schnell in der Luft und gewinne rasch an Höhe. Aber angenehm ist's nicht. Mir kommt's vor als wäre ich Miraculix vor seinem grossen Topf Zaubertrank, den ich unentwegt umrühren muss. Solange ich noch im Schutz der "Zigerschlitz-Ausläufer" bin, kommt der der Wind mehr oder weniger von vorne (Nord/Nordost) - aber in dem Moment, in welchem ich Richtung Linthebene schwenke, drückt der Wind dann voll aus dem Osten in meinen Rücken. Zulu Delta reklamiert mit Pfeiftönen die mich warnen, dass genug Rückenwind irgendwann zu wenig Auftrieb bedeutet. Ich reagiere indem ich weniger steil steige um mehr Geschwindigkeit zu bekommen.
Hinter mir funkt bereits der Platzchef, welcher in der/dem Robin deutlich mehr Leistung hat. Er überholt mich quasi schon jetzt. Ich sehe ihn zwar nicht, aber er muss hier irgendwo sein... Egal, ich hab neue Probleme. So ein flauschiges graues Ungetüm macht sich nämlich zwischen Bilten und Ziegelbrücke breit. Das Theoriewissen springt sofort an: "Mittendurch darfst du nicht. Drüber kommst du nicht, dafür steigst du zu langsam. Drunter durch geht auch nicht, denn du brauchst 1000 Fuss zwischen dir und dem Boden(wenn's da Menschen hat - und die hat's nun mal dort. Und einen grossen Kamin von der Kehrichtverbrennungsanlage. Und Stromleitungen.) und nochmals 1000 Fuss zwischen dir und der Wolke. Mach also was anderes.". Ich bin noch keine 5 Minuten in der Luft und schon passiert alles auf einmal. Aber ich war ja schlau bei der Vorbereitung und habe die Frequenz vom Flugplatz Schänis mit aufgeschaltet vor dem Start. Ich höre also, was bei denen so los ist und könnte notfalls über ihren Platz donnern ohne jemanden damit zu nerven oder zu gefährden. Aber ich hab bislang nichts gehört. Kurz Frequenz checken: Stimmt. Lautstärke passt auch. Da ist also effektiv niemand am Fliegen. Problem gelöst! Ich umfliege also den grauen Blumenkohl und biege danach wieder auf meine angestammte Route zurück. Über Siebnen passt dann wieder alles und ich atme zum ersten Mal durch. Höhe stimmt, Richtung stimmt, Frequenzen ebenfalls - smooth sailing ahead. Zeit, meine Fähigkeiten mit dem Autopiloten zu üben.

Als ich Wangen-Lachen hinter mir habe, lausche ich schon mal der Frequenz vom Tower in Emmen. Vielleicht kann ich dort schon mal den aktuellen Luftdruck mithören und das Verkehrsaufkommen abschätzen, wenn ich dann in einer halben Stunde aus der Gegenrichtung komme. Viel los ist nicht, aber verstehen tu ich auch nicht viel. Es ist die Berufskrankheit eines gestandenen Piloten, möglichst monoton und schnell zu nuscheln. Grund dafür: Man will die Frequenz nicht zu lange besetzen. Da werde ich dann aber ein paar Köpfe rot machen, wenn ich am Drücker bin. Hoffentlich schnallt der Marconista im Tower dann aber auch, dass er mit dem Behinderten in der Zulu Delta oben langsam und deutlich sprechen muss... Dem Gedanken nachschmunzelnd schweift mein Blick über das vor mir liegende Gebiet. Und ein Frösteln wabert das Genick hinunter bis zum Gummizug der Unterhose. Wolken. In allen Facetten. Schöne, mich nicht störende Cirren, ganz weit oben. Und dann irgend so ein Stratus/Hochnebel/Milchglas/Irgendwas knapp über dem Boden und bis ziemlich weit nach oben. Die Täler hinter dem Hirzel sind nicht mehr sichtbar, sie ersaufen im Nebel. Einzig die Hügelketten kucken hervor. Ich erinnere mich an meinen Plan mit den Entscheidungspunkten. Hier wäre so einer. Auf meiner Höhe kann ich nicht weiterfliegen, ich muss steigen. Das bedeutet, ich müsste eine Erlaubnis vom Tower in Emmen einholen, weil ich dem durch das Start- und Landegebiet rauschen würde. Das ginge gut, hab mich ja vorbereitet. Aber da oben kommt dann auch der Wind, der im Bünderland Skilifte in die Knie zwingt. Und wie will ich mich denn im Falle eines elektrischen Ausfalles oder so orientieren wenn ich wegen den Wolken nichts am Boden sehe... Hmmm, schwierig... Ich könnte natürlich auch die Zurich Information Frequenz um Rat fragen. Aber die sagen dann auch nur irgendwas von wegen "Ja kann wohl schon gehen. Passen Sie halt auf und kehren Sie notfalls um." und sie wissen ja nicht, dass hier ein Flugschüler zum ersten Mal in solchen Konditionen unterwegs ist. Und zum erklären will ich die Frequenz auch nicht ewig blockieren. Kurz überlege ich mir, meine geplante Route einfach in umgekehrter Richtung zu fliegen - also anstatt von hier nach Affoltern nach Zug, denn da sieht's aktuell freundlicher aus. Aber dahinter ist dann halt auch diese undurchsichtige Suppe... Urs kann mir hier auch nicht weiter helfen - ich muss alleine entscheiden. Und was soll ich sagen... Mama Bühler hat halt doch einen Schisser aufgezogen. Die Optionen scheinen mir für meinen Erfahrungsschatz alle zu unsicher und ich habe keinen Bock mich an einem Freitagnachmittag vor meinen Ferien in irgendeine Misere zu reiten, nur weil ich auf Biegen und Brechen meinen Plan durchsetzen wollte. Ist wie in der Liebe und beim Furzen; Wenn man's erzwingt, wird's Scheisse.

Spitz auf Knopf reicht's unter der Wolke hindurch

Ich schalte den Autopiloten aus, mache eine  180° Kurve nach links und fühle mich sofort bestätigt. Die Sicht ist viel klarer, ich sehe locker bis zum Ricken - und alles was dazwischen liegt. Ich rufe sicherheitshalber mal Urs an und erzähle, wie's so geht. Vielleicht kuckt er ja auf Flightradar24 mit und fragt sich, was los sei. Mein Headset hat Bluetooth und dass es funktioniert habe ich auf dem letzten Soloflug von Bad Ragaz nach Mollis testen können. Die Verbindung steht, ich höre Urs aber er mich offenbar nicht so richtig. Er klingt besorgt, ich versuche ihn aber zu beruhigen, dass ich die Situation im Griff habe. Er hört davon nur die Hälfte, was der Situation nicht wirklich zuträglich ist. Ich beschränke mich auf klare, kurze Sätze und versuche Zuversicht auszustrahlen. Er weist mich an direkt nach Mollis zurückzukehren. Ich bestätige, verabschiede mich und ignoriere diese Anweisung selbstverständlich. Wo kämen wir da denn hin, wenn so einer am Boden dem Pilot in Command Befehle gibt? Der glaubt wohl er sei der Tower... Schliesslich sieht er ja nicht, was ich sehe - blauen Himmel nämlich! Zumindest hier wo ich jetzt gerade bin. Und so entscheide ich mich, die Anpassung der Flughöhe in einer 360° Kurve zu machen. Von Ost nach West fliegt man eben auf den "Geraden 500ern" (2500 Fuss, 4500 Fuss, 6500 Fuss usw.) und von West nach Ost auf den Ungeraden (3500 Fuss, 5500Fuss usw.). Wenn das aus irgendeinem Grund nicht möglich ist (z.B wegen dem Wetter), dann nimmt man halt was in der Nähe davon. Hauptsache man fliegt nicht auf der Höhe des "Gegenverkehrs". Die "ganzen" Zahlen (3000, 4000, 5000 usw.) sind übrigens für die Flieger gedacht, die nur mit Instrumenten fliegen und nicht raus kucken. Aber auf dieser geringen Höhe macht das keiner. So wurde es mir zumindest überliefert. Ich hoffe die F/A-18 Jockeys und die Rega-Helis wissen das...Ich entscheide mich für ~5000 Fuss. Denn hier wo ich jetzt bin, beginnt auf 5500 Fuss ein Luftraum von Zürich und in den will ich nicht einfliegen. Ich müsste zuerst um Erlaubnis bitten, wäre aber in 2, 3 Minuten eh schon wieder draussen. Macht also keinen Sinn. Während ich mich hochschraube, mache ich noch ein paar Fotos für die Nachbesprechung. Vielleicht sagt mir Urs dann ja "Oh ja, gute Entscheidung da um zu drehen.", vermutlich wird's aber eher ein Schulterzucken und ein "Okay... Ja, hast dich halt so entschieden. Schon gut.". We'll see. 

Eigentlich könnte ich jetzt wenigstens noch das Ende meiner Route abfliegen - via Rapperswil und Uznach. Aber auch über Rappi hat's auf meiner Höhe Wolken. Überfliegen will ich die nicht unbedingt, weil ich danach für Mollis diese Höhe wieder "vernichten" muss. Und wenn ich sie unterfliegen will, bin ich ungefähr auf gleicher Höhe wie die Platzrunde von Wangen-Lachen. Und da sind zwei, drei andere unterwegs, wie ich am Funk höre. Ich entscheide mich also eher dagegen. Schon schiebt sich wieder der grau/weisse Klumpen über Bilten in mein Sichtfeld, er nimmt mir die Entscheidung bzgl. Rappi endgültig ab. Ich flieg da mal hin und schaue, ob ich überhaupt an ihm vorbeikomme. Vielleicht muss ich ja über ihn drüber und dahinter die Höhe wieder abbauen (was ich mit einem Schlenker in Richtung Schnittlauchinsel/Walenstadt bewerkstelligen könnte). Ich halte mich also auf der rechten Seite und denke mir auf dem Weg nach Bilten, dass mich der Flugplatzchef nach dem Start recht schnell überholt hatte. Und am Funk nannte er eine Höhe die tiefer war als meine. Entweder hat er alle Regeln gebrochen (was ich nicht vermute) oder ich habe die verfügbaren Höhen völlig falsch eingeschätzt (was mir sehr realistisch scheint).
Wenn ich unter der Wolke durchschlüpfen will, müssen mindestens 600 Meter zwischen ihrem unteren Ende und dem Erdboden sein - zumindest wenn ich dem Gesetz folgen will. Ich sinke also ab um Mass zu nehmen. 1300, 1400 Fuss wird der Boden hier wohl etwa sein. Also darf ich max. auf 2300, 2400 Fuss runter. Nach oben muss ich dann aber die gleiche Distanz zur Wolke haben. Mjooaaahh, geht gerade so auf meint das Augenmass. Auf gut 2300 Fuss schlüpfe ich unter der Wolke durch und bin direkt wieder der Prügelknabe vom Ostwind. Immerhin habe ich ihn jetzt quasi auf "meiner Seite", denn er weht mir direkt entgegen. Mit ihm kann ich rasch steigen und gleichzeitig die Geschwindigkeit von meinem Sinkflug wieder abbauen. So entscheide ich mich dann, quasi als Abschluss dieses Fehlschlages, wenigstens noch eine Extra-Landung einzubauen. Egal, ob der erst Anflug gut kommt oder nicht. So einen Wind hat man nicht alle Tage, also nutze ich ihn aus. Die erste Landung übe ich mit weniger Landeklappen als üblich und die zweite dann ganz ohne Klappen. Beides lässt mir ein bisschen mehr Raum für windbedingte Geschwindigkeitsänderungen (obwohl voll ausgefahrene Landeklappen bei diesem Modell nicht viel weniger Toleranzen bedeuten als nur teilweise ausgefahrene), was ich aber mit höherer Geschwindigkeit beim Aufsetzen und entsprechend längerer Landestrecke "bezahle". Beide Landungen sind einigermassen okay, böse Zungen behaupten ich hätte "geschoben", gutmütigere geben dem Wind die Schuld. Schlussendlich bin ich aber happy, dass ich wieder hier bin und weder ich noch das Flugzeug in echte Probleme geraten sind. Ein Anruf bei Urs um mich zurück zu melden und schon ist der Tag mehr oder weniger zu Ende. Nur noch rasch den Papierkram erledigen und ab nach Hause.

Und für dich gibt's jetzt natürlich noch das Foto, damit du dich selbst fragen kannst, ob du weiter geflogen wärst oder ob du auch Bammel bekommen hättest. Der weitere Flugverlauf wäre ziemlich genau geradeaus, tendenziell vielleicht noch ein paar Grad nach rechts. 



03.02.22 Maintain present Level

Ich halte es heute kurz - Neues gibt's nicht zu berichten. Die nächsten Wochen stehen im Zeichen von "Niveau halten" und "Solostunden aufbauen", also wird's wohl noch 3, 4 weitere "Kurzberichte" geben. Aber damit's für jeden Flug einen Eintrag gibt, will ich die nicht unterschlagen.  Und vermutlich kompensiere ich die kurzen Berichte dann einfach mit Längeren aus den Soloflügen.

Heute gab's keinen Soloflug, dafür aber wieder ein paar Standardübungen unter fachkundiger Anleitung von Urs. Start auf Piste 19 (leichter Föhn) und ab in Richtung Walensee. Bis 4500 Fuss kommen wir, darüber holpert es zu sehr. Wir üben Notlandungen, vorsorgliche Landungen, Stall und Slowflight. Alles schon mal gesehen, alles schon mal geflogen. Aber wie üblich gibt's doch immer wieder mal eine geistige Unebenheit an meinem Holzkopf, an welcher Urs den Hobel ansetzen kann. Aber alles in allem sind wir beide zufrieden und so will ich dann zum Abschluss in Mollis mal noch Glissaden üben. Könnte ja mal sein, dass ich einen Anflug irgendwo komplett versemmele, den Wind falsch einschätze oder einfach prahlen will. Doch bevor es zur ersten Glissade kommt, orgelt sich noch ein frankophoner Pilot nach Mollis. Mittlerweile ist Mollis ja so ein richtig öffentlicher Flugplatz und entsprechend wird der Verkehr wohl in Zukunft zunehmen. Wir lassen ihm Platz und entsprechend mache ich eine 360° Kurve. Wenig später hänge ich zu hoch in der Base von Piste 19 und muss mittels Glissade Höhe abbauen. Also voller Seitenruderausschlag nach rechts und mit dem Querruder nach links korrigieren um die Richtung zu halten. Klappt gut und beim zweiten Anflug sogar noch besser. Das Tagwerk ist damit erfüllt und Feierabend angesagt.

P.S. Urs meinte auch, dass das Wetter bei meinem letzten Soloversuch nicht genügend gut war um weiter zu fliegen - ich hatte also richtig entschieden, den Flug abzubrechen. 


10.02.22 Beim zweiten Anlauf klappt's

Die grosse Überraschung gleich schon im Titel verraten. Wenn ich Krimiautor wäre, wären meine Bücher leichte Kost. Aber mir fällt kein besserer Titel ein. Im grossen und ganzen habe ich halt heute - bei bestem Wetter - meinen Rundflug vom vorletzten mal durchgeführt. Die Route führte Zulu Charlie und mich von Mollis via Siebnen über den Hirzel nach Affoltern. Auf diesem Streckenabschnitt konnte ich prüfen, ob alle Schrauben, Nieten und Bandscheiben bei mir und dem Flugzeug fest verankert waren. Eine steife Brise aus Westen hatte die Schweiz im Griff, was zwar zum einen für stahlblauen Himmel sorgte aber halt eben auch für eine gebietsweise holprige Luftschicht. Als ich über Affoltern dann nach Südwesten in Richtung Sursee eindrehte, legte sich der Schüttelbecher etwas. Lag vielleicht aber auch daran, dass ich mit der Höhe ein wenig experimentierte um eine sanfte Weiterführung meines Fluges zu ermöglichen. Zum einen deshalb, weil ich weiter an meinen Autopilot-Skills feilen wollte und zum anderen, weil ich die Tagliatelle vom Mittag nicht mit Zulu Charlie teilen wollte. Ich fand diese sanfte Schicht irgendwo zwischen 4500 und 5000 Fuss und entsprechend zuckelte ich gemächlich zwischen Hallwiler- und Baldeggersee hindurch, vorbei an Sursee zu meinem "Etappenziel" Wilisau VOR. Als treuer Leser meines Blogs weisst du ja mittlerweile in etwa was ein VOR ist (eine mehrbessere Antenne am Boden). Mein für mich gesetztes Bonusziel für heute war nämlich, dass ich diese Antenne ohne GPS und Landkarte anpeilen und überfliegen will. Was ja schlussendlich auch Sinn und Zweck dieser über die ganzen Welt verstreuten Haufen aus Metall und Kupfer ist. So ganz geklappt hat's aber nicht, da ich zwar das Signal empfangen und anpeilen konnte aber - was mir auf den letzten Metern vor dem VOR einfiel - dem Flugzeug nicht gesagt habe, aus welcher Richtung es denn auf dieses Signal zu rauschen sollte. Und so hat Zulu Charlie jedes mal beim aktivieren des Autopiloten einen Haken geschlagen, was ich dann mit Schimpfen und Deaktivieren des Autopiloten unterbunden hatte. Nach drei Versuchen war Zulu Charlie dann irgendwie eingeschnappt (sie fing an mir zu unterstellen, ich hätte die Höhe nicht gehalten ("leaving altitude!"), gab bissige Bemerkungen zum Trim-Zustand ("Trim Nose down!" usw.) und ich hatte auch genug vom Tüfteln. Zum Glück gibt's ja GPS, damit habe ich uns dann auch über diese Antenne gelotst. 

Der Rückweg führte uns dann zunächst via Willisau nach Grosswangen. Noch nie von Grosswangen gehört? Ich auch nicht, aber auf der Luftfahrkarte hat man das Dorf erfasst. Und wenn's auf dieser Karte drauf ist, dann nutzt man halt solche Orte zur Planung anstelle von Willisau (was gleich nebenan wäre und aufgrund der Ringli und der Schnapsbrennerei landläufig sicherlich bekannter ist). Eine mögliche Erklärung liegt aber wohl in der Nähe des vorhin genannten "Willisau VOR" - man könnte die Ortschaft am Funk mit dem VOR verwechseln. Und das birgt Gefahrenpotenzial. Das VOR Willisau steht nämlich nicht in Willisau, sondern 9 Km nordwestlich davon, auf dem Gemeindegebiet von Grossdietwil. Warum man's dann trotzdem "Willisau" nennt? Ich habe da eine Theorie.

Ich vermute stark, dass es einen generationenüberspannenden Konflikt zwischen den beiden ewig verfeindeten Gemeinden gab. Alle paar Monate klauten sie sich gegenseitig das VOR vom Dorfplatz und stellten es auf dem eigenen Dorfplatz auf. Wilde Feste wurden nach den Raubzügen gefeiert, die Harmoniemusik spielte sich bis in die Morgenstunden die Lippen wund und der Dorfbüttel drückte beide Augen zu als die Bauern aus dem Umland dann morgens um halb sieben in seliger Hochstämmlerlaune die Traktoren oder Fuhrwerke bestiegen um zu Ihren Höfen zurück zu kehren. Und drei Wochen später fand das dann neun Kilometer entfernt im anderen Dorf statt, als die Kugelstosser vom Turnverein die VOR-Trophäe von der Ladefläche des Aebi hievten und die lokalen Würdenträger Festreden hielten. So ging das über Jahrzehnte hin und her, bis eines schönen Frühlingstages Anno 1943 der Chef vom BAZL befand: "Itz längts. Gnue isch gnue. Mier mache-n-es Ränne zwüsche dene beydä Dörfer. Beyd Gmeyndspräsidänte wähle us ihrem Corps dr schnäuscht uus u dört, wose sech träffe tüend, söus VOR dännä fescht u für aller Zytä verankerit wärde. Mitemene ahstängige Chübu Betong us Jurachauch u Aarechies, ases ou sicher keyne meh verrücke mag.". Die beiden Gemeindepräsidenten, der ewigen Zankereien ihrer beiden Dörfer überdrüssig (man bedenke die Aufräum- und Reparaturarbeiten in den Tagen nach dem Fest), waren einverstanden. Man einigte sich auf eine abwechslungsreiche Route zwischen den beiden Dörfern und befand den ersten Sonntag im Juni als idealen Austragungstag dieses alles entscheidenden Rennens. Und als besondere Geste des gegenseitigen Respekts - doch vor allem um Schummeleien bei den Startzeiten zu vermeiden -  wurde entschieden, dass die Kontrahenten aus dem jeweils anderen Dorf starten müssen. So stellte man auch sicher, dass beide Athleten ihr Bestes geben, damit die Trophäe möglichst nahe dem eigenen Dorf zu liegen kommt.
Die Grossdietwiler wählten den dreifachen Sieger vom letzten Vereinsturnfest. Ein hochgewachsener Recke, flink und agil. Bei den Willisauern war's leider schwieriger. Der Dorfbeck mit seinen Willisauer Ringli und die ortsansässige Schnapsbrennerei hatten die Einwohner gemütlich und träge werden lassen. Es fand sich partout niemand, welcher an einem Sonntagmorgen in aller Herrgottsfrühe vom Nachbarsdorf nach Hause rennen wollte. Nach langem hin und her entschied sich der Gemeindepräsident, sich der Sache selbst anzunehmen. Schliesslich standen Ruhm und Ehre von Willisau auf dem Spiel. Die deutlichen Defizite im sportlichen Bereich machte er aber durch List und Menschenkenntnisse wieder wett, sodass er sich durchaus gute Chancen ausrechnete. So wies er am Freitagnachmittag vor dem Rennen seine Sekretärin an, sie möge doch - im Geiste des fairen Sports - dem Dorf des Gegners einen grosszügigen Geschenkkorb aus Willisau zukommen lassen, was sie prompt tat.
Am Samstagabend war es dann so weit: Die beiden Kontrahenten trafen sich in der Mitte der Rennstrecke, schüttelten sich sportsmännisch die Hände und begaben sich in das jeweils andere Dorf. Dem drahtigen Hünen aus Grossdietwil wehte ein eisiger Hauch entgegen, als er das Gasthaus am Dorfplatz betrat. Die Willisauer kannten keine Gnade. "Am Morgen darfst du dich am Dorfbrunnen bedienen, mehr nicht. Geduldet bist du heute Nacht zwar, aber morgen um sechs Uhr nimmst du die Beine in die Hand und verschwindest!". Und so verkroch sich der Grossdietwiler schnell in seine spartanische Kammer, schloss die Türe hinter sich und fiel in einen unruhigen Schlaf. 
Dem Gemeindepräsident aus Willisau erging es nicht viel besser. Auch er wurde alles andere als herzlich begrüsst. Der Geschenkkorb aus Willisau stand auf dem kleinen Tischchen in seinem Gästezimmer. Darauf eine wenig schmeichelhafte Karte, auf welcher sinngemäss geschrieben stand, dass man in Grossdietwil nicht auf Spenden angewiesen sei und man nicht so recht wisse, was man denn mit der Beize und den zu gross geratenen Unterlegscheiben anfangen solle. Dem Gemeindepräsident, nicht gerade für seine Besonnenheit bekannt, platzte der Kragen. Alles was recht ist, aber hier wird bis weit über die Dorfgrenze hinaus bekannte Kulinarik und identitätsstiftendes Kulturgut verleumdet. Er stapfte die Treppe hinunter in die Gaststätte und wuchtete den Korb auf den Stammtisch. "Wirt! Gläser her!" herrschte er in Richtung Theke. Und so startete er einen Abend im Geiste der Völkerverständigung. Die Stammgäste leisteten nur geringen Widerstand, als der Gemeindepräsident die wohltuenden Eigenschaften von Enzian, Zwetschge und Williams lobte und auf die sorgfältige und penible Auswahl der jeweiligen Rohstoffe verwies, während er den um sich gescharten Gästen grosszügig einschenkte. Und auch der Hinweis, dass so ein Ringli ja zuerst ein kurzes Bad zur Lockerung in den vorgenannten Wässern bedürfe, bevor man es sich einverleibe, leuchtete den Anwesenden durchaus ein. Und nach ein paar Gläschen war sich das Wirtshaus einig, dass diese Willisauer ja eigentlich gar nicht so anders sind, als man selbst. Gewieft wie er war, hatte der Gemeindemuni sich aber natürlich ausgemalt, dass seine Bewacher am kommenden Morgen noch tief und fest bis in den Vormittag hinein schlafen würden. Er hingegen macht sich schon eine halbe Stunde vor dem Start auf den Weg, um das Rennen zu seinen Gunsten zu wenden. Die letzte Flasche ist geleert, von den Ringli gibt's nur noch ein paar Brösmeli - Zeit für's Bett.
Die Nacht war für den Willisauer arg kurz. Da er sich aber eisern gegen seine eigene Medizin gewehrt hatte, war er putzmunter als er sich die Schuhe anzog und heimlich aus dem Wirtshaus schlich. Grossdietwil schlief tief und fest. Hinter keinem Fenster brennt Licht und so bemerkt niemand, wie er viel zu früh den steilen Anstieg in den Wald in Angriff nimmt.
Zur gleichen Zeit, in Willisau: Der Sportsmann wird von einem Heidenlärm aus dem Bett geschreckt. Er späht zwischen den Vorhängen hinaus auf den Dorfplatz. Das halbe Dorf scheint schon auf den Beinen, die Stimmung ist aufgeheizt. Sprechchöre, Trychlen, Hundegebell - eine Kakophonie von ländlichem Lärm. Schlagartig wird ihm wieder bewusst: Er ist hier nicht gern gesehen und seine Gesundheit kann von einer baldigen Abreise nur profitieren. Eilig zieht er sich an und steht sogleich vor dem Gasthaus. Der Rädelsführer versperrt ihm den Weg zum Brunnen, welcher ihm ja gestern Abend wenigstens noch zugesprochen wurde. "Wir haben alle unsere Uhren genau gestellt. Um punkt sechs Uhr marschierst du los. Keine Sekunde früher und keine Sekunde später!". Der sportliche Grossdietwiler, welcher nicht um eine Antwort verlegen ist, entgegnet salopp "Auch wenn ich zwei, drei Minuten zu früh oder zu spät los rennen würde - was wollt ihr denn schon dagegen machen? Ihr mit euren Guetzli- und Schnapsbäuchen kommt ja nur schon vom Gang in den Stall in's Schwitzen. Ihr könntet mich ja niemals fangen. Und eure Hunde könnten mich nicht beissen, weil sie sich an euren steinharten Hundeguetzli die Zähne ausgebissen haben. ". Der Stich ging mitten in's Herz der Dorfesseele. Alles was recht ist, aber hier wird bis weit über die Dorfgrenze hinaus bekannte Kulinarik und identitätsstiftendes Kulturgut verleumdet. Die versammelte Menge verweist umgehend auf die Tatsache, dass das Ringli erstens mal sicher nicht für die Hunde gedacht ist, zweitens man sich absolut sicher sei, dass in naher Zukunft eine Aufnahme in das kulinarische Erbe der Schweiz anstehe und drittens ihm jetzt auf der Stelle beigebracht werde, wie denn so ein Ringli zu essen sei. Ihm als unbedarfter Grossdietwiler sei das natürlich nie gezeigt worden, aber man wolle ihn in grossherziger Willisauer Manier diese Praktik nun lehren. Zunächst müsse das Ringli sorgsam in die linke Handfläche gelegt werden. Als nächstes wird mit dem Ellenbogen des rechten Armes das Ringli anvisiert und herzhaft zugeschlagen. Das Ringli ist jetzt in drei, vier Teile zerbrochen, welche mit Bedacht und Genuss langsam im Mund aufgeweicht werden können. Das gefällt dem Grossdietwiler. Er muss sich sportlich betätigen und der Genuss vom Ringli ist nicht von der Hand zu weisen. Nach fünf, sechs Ringli hat er den Dreh endgültig raus und der Zorn der Willisauer ist ob der lobenden Worte und des schnellen Lernerfolges des Auswärtigen rasch verflogen. Dieser Grossdietwiler ist ja gar nicht so anders als sie selbst.
Es fällt dabei keinem auf, dass die Glocke im Kirchturm schon längstens sechs mal geschlagen hat. Voller Schreck weist jemand aus der Menge auf den Umstand hin, dass es bereits viertel nach sechs und der eigene Gemeindepräsi schon seit 15 Minuten unterwegs sei. Kurz werden die Köpfe zusammengesteckt und man befindet, dass der Grossdietwiler ja eigentlich jetzt benachteiligt wäre aber man das nur ungerne vom Nachbarsdorf ewig vorgehalten bekommen möchte. Und überhaupt habe Willisau Betrügereien sicher nicht nötig um zu gewinnen. Es wird spontan entschieden, dass man den Grossdietwiler mit dem Auto ein Stück weit fahren werde um so wieder für gleich lange Speere zu sorgen. Gesagt getan, das Auto fährt ohne Licht den Hang hinauf. Auf der Krete angekommen verabschiedet man denn Grossdietwiler hastig, welcher ausgeruht die nunmehr ebene Strecke in Angriff nimmt.
Nach einer knappen halben Stunde trifft er bereits auf den Gemeindepräsidenten von Willisau und ist schockiert, dass dieser schon so weit gekommen ist. Man kommt in's Gespräch und der Gemeindepräsident ist sichtlich gerührt, als ihm sein Konkurrent von seinem neu erworbenen Wissen um das Willisauer Ringli und der überaus fairen Aktion seiner Leute mit dem Auto erzählt. So überrascht es dann auch nicht, dass er schnell seinen eigenen Betrug beichtet. Sein Gegenüber ist zwar enttäuscht, kann aber nachvollziehen dass die Ausgangslage auch sehr zu Ungunsten des Gemeindepräsidenten war. Man sucht einen Kompromiss und entscheidet, dass der sportliche Grossdietwiler einen Stein aufheben darf und diesen so weit werfen solle wie er nur könne. Wo der Stein dann hinfalle, dort soll das VOR auf ewig aufgestellt werden. Und wenn's auf dem Gemeindegebiet von Willisau sei, wolle man es zur Feier der neuen Freundschaft "Grossdietwil VOR" nennen und umgekehrt. Der Rest ist Geschichte. 

Genau so muss das damals gewesen sein mit dem Willisau VOR. Auf jeden Fall bin ich ja aber jetzt über Grosswangen, welches in der Luftfahrtkarte hervorgehoben ist und so melde ich dann zum ersten mal in meiner aviatischen Laufbahn dem Tower in Emmen, wo ich bin und was ich will. Auch dieses Thema habe ich vor ein paar Kapiteln schon mal ausführlicher behandelt, als es um die Theorieprüfungen ging. Jetzt stand zum ersten mal die Feuerprobe im Alleinflug an. Im Geiste habe ich den Satz natürlich dutzende male geübt und er kommt genau richtig rüber. Der Tower ist überwältigt und will's gleich nochmals hören: "Station calling, say again." Ich fühle mich kurz ertappt und befürchte einen Fehler gemacht zu haben, bin mir aber meiner Sache genug sicher, dass ich's einfach nochmals genau gleich wiederhole. Jetzt hat's geklappt, der Tower erlaubt den Durchflug wie von mir erfragt und ich bestätige wiederum. Hier vergesse ich dann zwar ein paar Details, aber alles in allem nichts relevantes - man lässt mich gewähren. Über dem Sempacher See wird dann einem französischen Flieger ein ihm entgegenkommendes Flugzeug gemeldet. Die Position und Höhe entsprechen ziemlich genau meiner Position und Höhe und ich werde hellhörig. Gleich darauf werde ich über den mir entgegenkommenden Traffic informiert und ich spähe den Horizont ab. Nichts zu sehen. Kurz darauf kommt vom Tower die Entwarnung, der Gegenverkehr ist vorbei. Als ich über Rotkreuz bin, werde ich dann vom Tower entlassen - ich darf die Frequenz verlassen und bin happy. Wieder etwas Neues hinter mich gebracht ohne jemandem auf die Füsse zu treten. Weiter geht's via Richterswil nach Rapperswil, wo ich Jona überfliege und versuche meine Wohnung in Jona auszumachen. Ich habe nämlich die Befürchtung, dass da Rauch aufsteigen könnte... Seit einigen Tagen habe ich Probleme mit meinem Wäschetrockner. Er macht komische Geräusche, lässt die Sicherung rausspringen und taucht die Wohnung in den Duft von angekokelter Isolation. Eine Reparatur hat zwar stattgefunden, aber das Ergebnis ist nach wie vor dasselbe. Entweder gibt's bald einen neuen Tumbler oder ein Umzug wegen Vollbrand steht an.
Ich kucke nach unten, sehe aber nichts, was irgendwie nach Jona aussieht. Ein kurzer Blick auf's GPS verrät mir dann, dass ich mich im Dorf geirrt habe und angestrengt auf Rüti schaue. Aber das lässt sich ja easy korrigieren und so mache ich noch einen Vollkreis. Für einen kurzen Moment hat Rappi einen eigenen Feuerwehrflieger gehabt, der nach Bränden Ausschau gehalten hat. Okay, er hat sehr selektiv nach Bränden Ausschau gehalten. 

Nachdem auch das erledigt ist, geht's im gestreckten Galopp zurück nach Mollis. Die Nachmittagssonne macht mir den Anflug schwierig, denn ich sehe partout den Windsack nicht. Und die Papierfabrik kocht auch gerade kein Papier, die Schornsteine helfen mir also auch nicht. Ich entscheide mich ein bisschen tiefer als gewohnt über den Flugplatz zu fliegen, damit ich die Granitsonnenblende (auch bekannt als "Wiggis") nutzen kann und schon weiss ich, dass ich auf Piste 19 landen werde. Ich bin allein auf weiter Flur und so sinke ich gemächlich in Richtung Boden. Die Landung ist durchaus zufriedenstellend - auch wenn man das im nachfolgenden Video leider nicht mehr sieht. So ein GoPro Akku hält offensichtlich genau 82 Minuten. Doof halt, wenn der Flug 86 Minuten dauert.

Hui. Ich hab mich mal wieder weiiiit von meinem eigentlichen PPL Tagebuch entfernt. Aber hie und da muss Platz für so eine Blödelei sein. Vorallem schwebt das das Damoklesschwert der bestandenen Prüfung über diesem Blog. Was schreibe ich denn, wenn ich fertig bin? Wer unterbricht meine Selbstgespräche im Flug? Wer bietet dem Bartli Paroli? Du wirst es wohl noch erleben. Der Vollständigkeit halber soll noch erwähnt sein: Die Geschichte vom VOR ist natürlich frei erfunden und ich habe mir Mühe gegeben, dass alle Involvierten doch noch gut wegkommen am Schluss. Nicht, dass ich beim nächsten Überflug noch beschossen werde. Was aber nicht erfunden ist, das habe ich bei meiner "Recherche" selbst gelernt; Das Willisauer Ringli soll tatsächlich mit dem Ellenbogen geknackt werden. Jaja, dieser Blog hat auch einen Bildungsauftrag!
Ebenfalls wahr, aber weniger verwunderlich; Das Willisauer Ringli hat einen Eintrag im kulinarischen Erbe der Schweiz: https://www.patrimoineculinaire.ch/Produkt/Willisauer-Ringli/267

Mann, jetzt habe ich richtig Lust auf die Dinger bekommen...




03.03.22 Flug 9.4

Grosses Programm steht heute an, ein Flug mit Landung in Bern und Grenchen. Also zwei kontrollierte Plätze, wo man nicht einfach hinschleichen und landen darf. Damit's noch ein bisschen interessanter wird, soll zusätzlich ein ATC Flugplan aufgegeben werden. Ein Flugplan wird von privaten Piloten i.d.R. nur bei Grenzübertritten, Sichtflügen bei Nacht oder Flügen zu den Landesflughäfen Zürich und Genf aufgegeben (dann ist's vorgeschrieben). Grundsätzlich macht so ein Flugplan aber auch Sinn, wenn man in abgelegenen Gebieten (Alpen, Jura) herumkurvt. Sinn und Zweck dieses Flugplanes ist, dass die Luftraumüberwachung weiss, wann das Flugzeug in etwa wo sein sollte. Wenn's dann nicht zeitig dort landet, wo es der Pilot gesagt hat, haben die Such- und Rettungskräfte immerhin ein paar Anhaltspunkte, wo der Flieger liegen könnte. Und irgendwann muss man das lernen und so machen wir das halt bei einem Flug nach Bern. Weil ich mittlerweile ja auch schon die erste Erfahrung mit Emmen Tower gesammelt  habe, bastle ich meine Route nach Bern und nach Mollis so, dass ich wieder direkt durch deren Luftraum streune.

"Könnt ihr nicht leise Kaffee machen? Frechheit..."

Kurz bevor das Startverbot über den Mittag aktiv wird starten wir in Mollis. Über Siebnen melde ich mich bei Zurich Information um sicher zu stellen, dass der Flugplan auch offen sei. Eigentlich wird ein aufgegebener Flugplan immer zur angegebenen Zeit "scharf", aber man kann ja mal nachfragen. Klappt alles tiptop und schon sind wir über Zug. Der Luftraum über Emmen ist nicht aktiv (Luftwaffe hat Mittagspause) und so reicht eine "Blindübermittlung", dass ich durch Ihre CTR gurke. Über Nottwil melde ich zum einen dem verwaisten Tower in Emmen (aber primär allen anderen Flugzeugen auf der gleichen Frequenz), dass ich die CTR hinter mir habe und zum anderen dem Kollegen bei Zurich Information, dass ich mich jetzt bei ihm ab- und beim Tower in Bern anmelde. Ich bin total in meinem Element. Palavern was das Zeug hält. Und im Gegensatz zum ein oder anderen Frequenzfrosch, welcher ebenfalls grad am Funk hängt, quasi fehlerlos. In Bern scheint nicht viel los zu sein, ich habe locker Platz auf der Frequenz und melde unsere Ankunft. Piste 14 ist in Betrieb, was dem Gehirn wenig zu tun gibt. Ein Standardanflug mit Linkskurven. Wie üblich rase ich zu schnell in den Downwind und komme kurz in den Stress, aber die Landung kommt trotzdem recht gut. Ein Mü zu lang, aber für meinen Gusto noch voll in der Toleranz. Runter von der Piste, der Tower nuschelt irgendwas was nach "Fuel" tönt und ich bestätige ihm das - im Nachhinein betrachtet zwar falsch, aber ich mach das mit solchem Nachdruck, dass er direkt einverstanden ist damit. Vermutlich hat er "Taxi to Blue" gesagt, was ich aber als "Taxi to fuel" verstanden und bestätigt habe. Also direkt weiter zur Zapfsäule und nochmals 15 Liter UL91 einfüllen. Wir schieben Zulu Bravo in die Sonne und machen uns auf den Weg in's C-Büro um den Obolus zu entrichten und unsere eigene Tanks mit Kaffee zu füllen. Der Lärm der Kaffeemaschine aktiviert die ortsansässige Mäusejagdmaschine, welche sich auf Ihrem Sofakissen streckt und mir einen Blick
zuwirft welcher deutlich macht, dass sie jetzt eigentlich noch schlafen könnte wenn wir nicht so einen Krach machen würden. Ich murmle eine Entschuldigung in ihre Richtung und sie erwidert dies mit einem gedämpften "Miau...". 

Der Wind hat gedreht und so ist jetzt Runway 32 aktiv. Der Tower schickt uns zum Holdingpoint Foxtrot, welcher vor der "Bundesbasis" liegt. Die Bundesbasis ist quasi die Garage für die Dienstflugzeuge von Ueli, Viola und Co. Viel los ist grad nicht, aber wenn schon die Luftwaffe nur zu Bürozeiten fliegt, wird's hier wohl noch entspannter zu und her gehen. Wir starten, drehen nach links weg auf den Downwind und geniessen kurz den Ausblick auf Eiger, Mönch und Jungfraujoch bevor wir uns via Overhead nach Nordwesten aus der Kontrollzone Bern verabschieden. Nächster Halt: Grenchen, Flugzeit ca. 15 Minuten. Nicht viel Zeit für Vorbereitungen in der Luft.

In Grenchen ist eigentlich immer was los. Grund dafür ist wohl die zentrale Lage, die vergleichsweise günstige Landetaxe und das grosse Restaurant. Was sicher auch dazu gezählt werden muss, sind die verschiedenen Flugschulen (unter anderem auch der Swiss) hier vor Ort. Die generieren auch gut Traffic. Jedenfalls mache ich irgendwo bei Burgdorf mal noch einen Vollkreis, denn die Frequenz ist konstant belegt. Irgendwann erwische ich dann mal einen Slot und kündige uns an. Auf dem Weg in Richtung "Outer Righthand Base Runway 06" reissen die Meldungen von Tower und anderen Flugzeugen nicht ab, sodass sich der Tower zu "Break, Break"-Aussagen gezwungen sah. Das macht er, wenn er mehrere Meldungen (welche aber nicht zusammengehörig sind) in einem Rutsch durchgeben muss. Ist so quasi sein "Jetzt rede ich, ihr haltet gefälligst die Schnauze und hört zu."-Freifahrschein. Aber der Controller kämpft da in seinem Turm oben auch eine recht einseitige Schlacht, wenn man bedenkt, dass Grenchen sogar zwei unterschiedliche Platzrunden hat, welche auch noch gleichzeitig in Betrieb sind. Man kann sich das ein bisschen wie Tetris in Endlosschleife vorstellen. Ich für meinen Teil bin jedenfalls froh, dass ich im Flieger sitze und nicht im Tower. Urs ist mein Collision-Avoidance-System und macht die vom Tower gemeldeten Flieger aus, welche sich zusammen mit mir um die Piste balgen. Pipers, Cessnas, ein Gyrocopter - alles will starten, landen, kreuzen usw. Irgendwann bin ich dann im Final auf Piste 06 und schaukle uns recht passabel auf den Boden. Schnell weg von der Piste und Platz machen! Wir werden zum Parkplatz "Green Three" geschickt, wo ich uns souverän hinkutschiere. 

Auf und neben dem Platz herrscht reges Treiben. Die Sonnenstrahlen locken Hinz und Kunz an den Flughafen. Der Spielplatz zieht natürlich die Familien mit ihren Kindern und Grosseltern an, was dazu führt, dass die Gartenterasse vom Restaurant rappelvoll ist. Urs erspäht aber einen Tisch, welcher gerade frei wird und so haben wir uns unseren Platz an der Sonne schon gesichert. Zeit für Kaffee, Nussgipfel und Debriefing/Briefing/Kaffeeklatsch. 

Wieder im Flugzeug fordern die Anstrengungen des Tages bei mir ihren ersten Tribut. Die Funksprüche werden schlechter. So vergesse ich beim Bestätigen der Taxiclearance mein Callsign zu nennen. Das ist zwar nicht so richtig schlimm, weil die Verwechslungsgefahr verschwindend gering ist, aber es ist halt ein Formfehler und für den Dude im Turm macht's seinen Job auch nicht einfacher. Nach dem Runup melde ich dann, dass wir bereit seien für den Start und der Tower wittert die Möglichkeit uns noch vor einem landenden Flieger rauszujagen. "H-ZB, able for immediate?" fragt er, was ich mit "Affirm, H-ZB" bestätige. Also keine Zwischenstopps mehr, direkt auf die Piste und sofort starten. Klappt tiptop, auch wenn Zulu Bravo überall andere Flugzeuge sieht und panisch mit "Traffic!" darauf hinweist. Die Warnungen werden durch den Tower unterbrochen, welcher mittlerweile mit drei Flugzeugen in der Warteschlange zur Landung jongliert. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie's hier an einem Sonntagnachmittag im Mai tönt...

Wir sind mittlerweile raus aus der Kontrollzone von Grenchen und mit dem Frequenzwechsel wird's schlagartig ruhig. Wir schieben kurz eine VOR Übung ein und peilen das Willisau VOR an, welches wir überfliegen und in Richtung Sempachersee wieder verlassen. Schon sind wir über Grosswangen, welches ich mittlerweile schon kenne, und ich erbitte Emmen Tower für die Genehmigung zum Durchflug. Mein Vorschlag passt ihm aber nicht so ganz und er will mich 500 Fuss höher sehen als von mir erbeten. Gut, mach ich doch gerne. Aber auch hier kommt die Antwort nicht so ganz schulbuchmässig wie noch an der Prüfung in Zürich. Zwar ist auch hier niemand ernsthaft in Gefahr, aber trotzdem - ich hoffe die Erfahrung bügelt diese Schnitzer noch aus. Der Blick von hier aus ist schon toll. Rechts der Vierwaldstättersee und die Alpen, links der Zürichsee... Schon schön hier oben. Im gestreckten Galopp geht's weiter in Richtung Linthebene. Bis kurz vor Mollis passiert nicht mehr viel, nur ein Segelflieger meldet sich auf meinen Erstaufruf in Mollis, dass er am Kerenzerberg in der Thermik liege. Ein erstes Indiz, dass der Frühling offenbar vor der Tür steht. Mit genügend Abstand rödeln wir an ihm vorbei in Richtung Mollis und so ab "Overhead" ist meine Leistungsgrenze endgültig erreicht. Der Kopf ist schon gelandet, der Rest müht sich mehr schlecht als recht hinterher. Am Ende gibt's dann von Urs aber eine mehrheitlich positive Manöverkritik, denn ich hab mich über weite Strecken gut geschlagen. Wir stellen fest, dass ich eigentlich bereit wäre für meinen "grossen" Solo Cross Country Flug und ich fasse dessen Planung in's Auge.


09.03.22 - Drei Landungen für Bartli

Achtung, hier kommt er: Der kürzeste, nur der Vollständigkeit halber geschriebene Eintrag! Um die 2-Wochen-Frist (Zeit die seit dem letzten Flug verstrichen ist, die man maximal erreichen darf, bevor man wieder alleine unterwegs ist) nicht zu verletzen (mein Soloflug wäre 15 Tage nach dem letzten Flug mit Urs), düse ich am späteren Nachmittag nach Mollis. Ich mache drei Landungen, werde dafür gelobt und trinke ein Bier im Aviatico. Zurück nach Hause. 


20.04.22 - Drei Landungen und ein Osterhase für Bartli

Wieder ein Eintrag der Vollständigkeit halber, wieder um vor meinem (nun hoffentlich bald stattfindenden) Soloflug die Absolution vom Fluglehrer zu erhalten. Am Weekend davor war Ostern und von den geschätzten Erzeugern gab's ein Osternestli mit einem "Flughasen" :-D



27.04.22 - Ein Toter und zwei Sandwiches für Bartli

Eigentlich hätte heute mein grosser Soloflug stattfinden sollen. Hätte. Das Wetter auf einem Teil der Strecke hat aber nicht so gepasst, Bise kam auf und neben dem Platz wo ich meinen ersten Zwischenstopp hätte machen sollen fand eine Beerdigung statt. Das Wetter hätte ich noch ein wenig weiter beobachten können, aber das Zeitfenster bis zur Beerdigung schloss sich langsam. Doof halt, wenn der Flugplatz neben einem Friedhof liegt. Und in der Schweiz hat man als Pilot auf alles mögliche Rücksicht zu nehmen. Sogar auf Leute die eh keine Beschwerden mehr einreichen werden.

Geflogen bin ich trotzdem. Und zwar in Richtung Chur, wo das Wetter bombig war. Und als es in Chur immer noch gut aussah, erlaubte ich mir noch einen Schlenker über Bonaduz. Dort hat's zwar ein bisschen geholpert vom Wind, aber das tat meiner guten Laune keinen Abbruch. Die Rückflugoptionen "via Appenzell" und "durch's Toggenburg" fallen aber dann leider in's Wasser, denn die Wolken um den Säntis herum sind zu dicht und zu hoch. Hindurch darf ich nicht und drüber hinweg sollte ich nicht, da ich dann in Höhen käme, in welcher der Wetterbericht Vereisungen befürchtet. Ist halt noch nicht Sommer. Also wieder auf der Seeseite den Churfirsten entlang nach Mollis hangeln.
Nach der Landung in Mollis habe ich mir dann meine beiden Sandwiches für unterwegs trotzdem noch reingezogen. Fleischkäse, Butter und ein Essiggürkli. Fehlt eigentlich nur noch ein Schuss Maggi zum Vorzeigebünzli...

Einen Video habe ich nicht gemacht (sind eh langweilig, wenn ich alleine unterwegs bin), dafür aber wieder mal ein paar Fotos. Sogar 360°-Ansichten gibt's, diesmal sogar mit hilfreichen, wertvollen und interessanten "Point of Interests." Nur zu, klick sie an.


Die Schnittlauchinsel

 

Ein Blick zurück in's Glarnerland

 

Das Rheintal Richtung St.Gallen





Und mit diesen Impressionen verabschiede ich dich und mich aus dem Kapitel "turning final". Denn ich habe mit dem Abschluss von meinem Solo Cross Country Flug nun endgültig den Endanflug auf's Ziel begonnen. Wie's beim Solo Überlandflug gelaufen ist, was ich dabei gesehen, getan und in wen ich mich verliebt habe habe erfährst du im Kapitel "der letzte Schliff".