ready for departure
Mein digitaler Flugplatz

Multitasking

Der Titel suggeriert, dass ich neu mehrere Sachen gleichzeitig machen muss. Gut, eigentlich stimmt das schon - aber vorher war's auch schon so. Eigentlich habe ich nur keinen besseren Titel gefunden. Aber egal, es geht ja um den Inhalt und nicht um die geistreichen Titel. Aber es hat wieder mal einen Meilenstein drin: Den ersten Soloflug!


05.11.2020

Heute stand zum ersten mal ein VOR auf dem Menü. VOR ist die Abkürzung für "VHF Omnidirectional Radio Range". In's deutsche vergewaltigt also ungefähr ein "Ultrakurzwellen Rundum-Ortungs-Turm". Stell dir einfach einen Leuchtturm vor, welcher anstatt mit Licht mit Funk arbeitet - viel mehr musst du eigentlich auch nicht wissen und momentan sieht's bei mir noch ähnlich aus. Rudimentär und hemdsärmelig die Funktionsweise erklärt: Auf der Luftfahrkarte sind schweizweit 11 VOR-Stationen ersichtlich, primär im Mittelland verstreut. Jede Station hat eine feste Funkfrequenz. Diese kann man aus dem Flugzeug "anpeilen" und bekommt dann auf einem Instrument im Cockpit (dem Radio Magnetic Indicator - glaub ich zumindest. Vielleicht ist's aber auch der CDI oder der HSI. Oder CSI Miami.) eine direkte Linie zu dieser Station angezeigt. Man kann dann auch noch einstellen, in welchem Steuerkurs man von diesem VOR wieder weg fliegen möchte, aber das sprengt den Rahmen für die Zielgruppe dieses Blogs. Wen's interessiert: Wikipedia oder Youtube

"Glarnerland macht schön" - hier durch die Verhüllung

Da heute typisches Herbstwetter ist (tiefe Wolkendecke, hier und da Nieselregen) werden wir heute relativ tief fliegen müssen. Das nächstgelegene VOR heisst "ZUE VOR" und liegt ca. sechs Kilometer nordwestlich von Frauenfeld. Um dorthin zu gelangen, fliegen wir durch's Tösstal auf ca. 2700 Fuss. Wir sind also meist unterhalb der Kreten die das Tal eingrenzen und können das, was wir überfliegen, gut erkennen. Während ich so der Eisenbahnlinie folge, die Landschaft links und rechts auf gleicher Höhe vorbei zieht und ich von der Sauerstoffmaske einen schwarzen Rahmen um die Nase sehe, habe ich schon fast das Gefühl ein Jagdpilot zu sein, welcher gerade im Tiefflug Züge randvoll mit Nazigold jagt. Ein Selfie zeigt mir, dass dem definitiv nicht so ist. Ich bin nach wie vor ein Bartli mit Glarnertüechli im Gesicht und GoPro auf der Stirn. Letztere war übrigens gar nicht eingeschaltet, aber dazu später mehr. 

Irgendwann erreichen wir dann unsere "Ausfahrt", wir biegen vor Turbenthal nach Osten in Richtung Bichelsee ein und das Wetter wird besser. Entsprechend passe ich die Flughöhe an, damit die Weihnachtsbäume auch in diesem Jahr einen Kopfschmuck tragen können. Ein paar Meilen vor dem VOR beginnen wir mit der Peilung. Die Frequenz ist eingestellt, Hotel Zulu Bravo hört die Signale und zeigt mit dem Finger in die richtige Richtung. Und dann beginnt Urs nebenan Infos zu liefern. Erst häppchenweise, bald aber fühle ich mich wie eine Gans bei der man auf die Stopfleber aus ist. Der eine Zeiger zeigt zum VOR, ein anderer zeigt unseren Kurs, alles ist munter und sicherlich sinnvoll in Bewegung und dann wirbelt alles plötzlich durcheinander. Wir sind direkt über dem VOR, im sogenannten "Cone of Silence", quasi dem Funkschatten des Senders. Ein Indiz, dass uns die Anzeigen jetzt dann um 180° verkehrt angezeigt werden. Oder so. Ich muss das demnächst nochmals in der Theorie studieren und mir auf Youtube erklären lassen. Wir machen ein paar Anflüge und irgendwie gelingt mir das einstellen und anfliegen zwar, aber so ganz will der Groschen noch nicht fallen. Okay, ist jetzt auch nichts, was ich vorhin schon mal irgendwie gemacht habe. Aber Urs, die Theorieordner das Internet werden mir da schon noch helfen. 

Die Tage werden kürzer und so ermahnt uns die Uhr, dass der Rückmarsch angesagt ist. Der Wolkendeckel tut sein übriges, denn der filtert auch nochmals eine gute halbe Stunde Tageslicht weg - also nichts wie ab nach Mollis. Dort angekommen wird Zulu Bravo nochmals aufgetankt und von Urs gleich nach Bad Ragaz überführt, da der "Service" ansteht. Meinem Meister treu ergeben folge ich ihm, damit er von Bad Ragaz auch wieder zeitnah zurückkommt. Im Normalfall passiert das mit einem zweiten Flugzeug. Da ich aber mit dem Breezer noch nie in Bad Ragaz war und das Tageslicht immer knapper wird, haben wir uns schon im Vornherein entschieden, dass ich das Bodenpersonal bleibe und den Shuttle mit dem Auto mache. 

Übersprudelnd mit männlichen Hormonen und der unbeirrbaren Sicherheit, keine Karte oder Richtungsangaben zu benötigen mache ich mich also auf den Weg. Unzählige in den Bart gemurmelte Flüche über den Nutzen von temporären 80er-Strecken, leeren Baustellen und Fahrbahnsanierungen im Allgemeinen biege ich in Sargans rechts ab und hangle mich in Richtung Flugplatz. Die Strassen werden schmaler. Die Strassenlaternen weniger. Und dann passiert es, das erste mal hilft mir meine Erfahrung als angehender Pilot weiter. Ich suche Maisfelder, orientiere mich an der gedachten Platzrunde und finde tatsächlich auf Anhieb den richtigen Abzweiger - gut, der Wegweiser hat geholfen. Ich wär sonst dran vorbei gedonnert. Aber ich finde den Flugplatz Bad Ragaz und sehe überraschend meinen heimlichen Schwarm auf der Wiese stehen. Ja, sie ist ein bisschen älter und fülliger und man würde sie jetzt nicht als eine Grazie bezeichnen, man sagt ihr auch grossen Durst nach - aber ich mag die Antonov-2 einfach. Viel zu sehen gibt's aber im Moment nicht und meine Finger finden den Herbst auch nicht so toll. Also suche ich Urs und finde ihn im Hangar bei der Übergabe. Ein paar Minuten später sind wir auch schon wieder auf dem Weg nach Mollis, wo's noch das Abschlussbriefing gibt. Und dann gibt's auch schon selbst gemachte Pizza bei Mama und Papa. War dann zwar diese Woche schon die dritte Pizza, aber hey - Pizza geht immer!

Das mit der GoPro war übrigens wieder mal ein Schuss in den Ofen. Es wird zum Running Gag. Irgendwie hab ich es geschafft, die Momente zu filmen, die ich nicht filmen wollte und dafür aber während dem Flug nicht zu filmen. Und den Ton hat sie auch wieder nicht vom Intercom genommen. Es ist zu Haaröl seichen. Damit's aber keine totale Nullnummer wird, habe ich die 20 Minuten rauschen im Rucksack, die dumpfen Motorengeräusche von Flugzeugen vor dem Hangar oder das gemütliche Schlendern inklusive Pfeifen von mir herausgeschnitten und daraus zwei Minuten "Preflight Shenanigans" zusammen gebastelt. Einfach um zu zeigen, dass die Perspektive mit dem Stirnbanddings eigentlich gar nicht mal schlecht wäre ;-)


Und weil der Video irgendwie nicht auf jedem Browser/PC laufen will und ich zu faul zur Fehlersuche bin, hier der Direktlink: https://youtu.be/kNSQB-E-x6E


27.11.19

Eines gleich vorweg; Heute hat das mit der GoPro und dem Ton alles geklappt - ich bin mega happy! Grundsätzlich. Aber irgendwie auch enttäuscht. Ach, kommen wir wie üblich am Schluss auf das Videozeugs zu sprechen. Fast einen Monat lang war ich nicht mehr in der Luft... Letztes Jahr hat das jeweils bedeutet, dass ich mir wieder laut vorsagen musste "Das Flugzeug fliegt dorthin wo der Propeller zeigt. Die Fusspedale sind nicht Bremse und Gas. Der meckernde Mann neben dir ist dein Freund.". Okay, ganz so schlimm war's dann schon nicht. Aber ich hab's jeweils schon gemerkt. Mittlerweile geht aber auch nach einem Monat Pause schon recht vieles wieder ohne grosse Anstrengung. Die Checks sitzen im Grossen und ganzen gut, auch die Procedures, damit ich immer rechtzeitig alles erledigt habe passt recht gut. Das ist für heute auch gut, denn das Wetter spielt die Herbstkarte voll aus. Am Vormittag ruft mich Urs an und meint "Sieht eigentlich gut aus, wir können's mal probieren!". Ich kuck aus dem Fenster im Homeoffice und sehe nicht mal die Uhr auf dem Kirchenturm 400m weit weg. Aber so ist das halt im Glarnerland - der Nebel hat keine Aufenthaltsbewilligung, drum wird der bei der Autobahnausfahrt gleich abgewiesen. Ein "schöner" Flashback an die Zeit, als ich noch in die Berufsschule in Horgen musste. Bei schönstem Wetter auf den Zug und ab Ziegelbrücke dann die triste Suppe. Am Abend kommt man dann nach Hause wenn's schon dunkel ist. Das war schon recht fies. Und jetzt? Jetzt wohne ich freiwillig in Jona... Manchmal verstehe ich mich nicht wirklich. Aber das Gute liegt ja so nah, 30 Minuten Autofahrt und schon geht's rechts weg in's schöne Heimattal. Strahlend blauer Himmel, Sonnenschein - la vita è bella.

Auf dem Platz dann zwei Breezer draussen, ich geh kurz in den Hangar wo ein mir nicht bekannter steht. Nach einem kurzen Schwatz weiss ich, der würde eigentlich den zweiten Breezer fliegen wollen, traut dem Nebel aber nicht so ganz. Das Handy klingelt, Urs sitzt im Aviatico beim Debriefing. Das Aviatico ist allemal besser als der kalte, dunkle und koffeinfreie Hangar - also bin ich schon aus dem Hangar draussen, bevor das Telefon beendet ist. Ein Espresso später entscheiden wir uns zumindest mal für's auftanken. Immer mit einem besorgten Auge in Richtung Linthebene. Aufgetankt sind wir, der Breezer vor uns wagt zumindest mal Platzrunden und die Trinidad der Motorfluggruppe Mollis ist grad in Richtung Locarno gestartet. So viel Optimismus steckt an, wir entscheiden uns mal in Richtung Schwanden zu fliegen und dort ein bisschen "Airwork" zu machen. Das bedeutet, dass wir Zeug (was ich eigentlich können müsste) nochmals aufwärmen um zu sehen, dass ich es immer noch kann. Idealerweise. Zwei Typen in einem kalten Flugzeug, welches zu 30% aus Glasscheibe besteht führt zu: ? Richtig! Angelaufener Glasscheibe. Da nützt ein kleiner offener Spalt und die beiden liebevollen Lüftungsröhrchen auch nicht viel. Urs schwingt den Putzlumpen, ich taxle zumindest mal bis zur Intersection Charlie. Es herrscht Hochbetrieb; ein Heli ist im Landeanflug, der zweite Breezer steht am Holdingpoint und jemand saust gerade via Overhead in den Downwind. Eins nach dem anderen. Erst mal den Heli vorbei lassen, dann der Landung vom Robin zuschauen und mit dem anderen Breezer absprechen, dass wir noch rasch zu ihm rauf holpern vor seinem Start. Klappt alles wunderbar und ruckzuck sind wir über Glarus und steigen auf 4000 Fuss. Ein Blick zurück verrät nicht viel Gutes; von hier oben sieht der Nebel noch näher aus als vom Boden. All zu weit verfranzen werden wir uns nicht. Aber vorgesorgt haben wir für's Schlimmste - das Benzin würde im Notfall bis Samedan reichen.

Über Schwanden übe ich dann die Steilspirale, bei welcher das Ziel ist, auf kleinstem Raum so schnell wie möglich viel Höhe zu vernichten. Das kann z.B. sinnvoll sein, wenn man sich irgendwo über den Wolken wiederfindet und gerne darunter wäre. Genau dann tut sich nämlich immer ein kleines Loch in der Wolkendecke auf, durch welches man hindurch schlüpfen kann. Und weil Sturzflüge meist nicht zu den Manövern gehören, die solche gemütlichen "Sport"flieger aushalten, spiralt man sich dann halt eben runter. Ausserdem ist das für den Magen aller Beteiligter bekömmlicher. Nachdem das getan ist, üben wir noch den Langsamflug - das erkläre ich jetzt mal nicht, ist recht selbsterklärend. Wir entscheiden uns dann, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen und machen noch Landetraining in Mollis. Die eine Fliege ist das Training, die andere die unmittelbare Nähe zur Piste, falls der Nebel dann doch noch reinschleichen würde. 
Und siehe da, das Leichentuch ist schon über Näfels und kriecht langsam an den Bergen in Richtung Glarus. Trotzdem reicht es noch für vier Landungen (zwei normale, eine ohne Landeklappen und eine ohne Motor), bei welchen ich merke, dass die ganze Geschichte bei Nebel nochmals einen anderen Charakter hat: Alle Anflüge sind zu flach. In Mollis reicht das, auf anderen Plätzen würde es danach evtl. im Blick stehen.

Den letzten Abschnitt widme ich dem Video. Es hat nämlich endlich geklappt - Ton vom Intercom ist drauf und ich habe gefilmt als ich effektiv in der Luft war. Eigentlich habe ich damit meinen persönlichen GoPro-Olymp erreicht... Eigentlich. Denn die Qualität ist hinsichtlich Kameraführung und des Blickwinkels doch recht mager. Grund dafür ist, dass ich mit dem Headmount/Stirnbanddings gefilmt habe. Und das macht halt jede Kopfbewegung mit. Im Sichtflug (auch schon am Boden) kuckt man sich dann auch die ganze Zeit um, nicht nur weil's im Glarnerland so schön ist. Da sucht man ständig nach Sachen, die einem nach dem Leben trachten oder zumindest den weiteren Tagesverlauf negativ beeinflussen können. Autos, Fussgänger, Vögel, Gleitschirme, andere Flieger, "wilde" Seilbahnkabel und dergleichen. Vermutlich wird das hektische Absuchen der Umgebung über die Jahre dann schon ein wenig abnehmen, aber da ich in jeder Hinsicht den Anschein eines Musterflugschülers erwecken will, hab ich mir bis auf Weiteres das Genick einer Eule antrainiert. Als Zuschauer wird einem dabei irgendwann einfach schlecht, entsprechende Feedbacks gab's von Mama schon beim Betrachten der Clips auf der GoPro nach dem Flug ;-) Und als letzter Sargnagel kommt dann noch die "A-Säule" vom Flugzeug bzw. die Kante des Kabinendaches, welche immer wunderbar in der Mitte des Bildes prangt. 
Ich hab den Video trotzdem zusammengeschnitten und hochgeladen, weil du jetzt wenigstens mal das Geschwafel und Gefunke mithören kannst. Darfst also mal Mäuschen im Cockpit sein und den Checks, den Callouts, den Sprüchen von Urs und mir usw. lauschen. Grad gar alles ist nicht drauf, ich habe ein knappes 20-Minuten-Potpourri aus einer Stunde Rohmaterial zusammengestellt. Im Gegensatz zu einigen der anderen Videos auf meinem Kanal hat's in dem halt nicht so viele schöne Bilder. Dafür aber den Tonmitschnitt aus dem harten Leben eines Flugschülers - alles kann man halt nicht haben. Zumindest nicht mehr im 2020 ;-)

Falls du grad eine supergeniale Idee hast, wie die Videos besser werden - immer her damit. Was der Gesetzgeber aber verbietet ist das Anbringen der Kamera ausserhalb. Und was für einen Anschein will ich erwecken? Richtig: Musterflugschüler.


22.12.20 - Everything must come to an end

Heute stand der letzte Flug im 2020 an. Ein Jahr, dass man zwar gerne vergessen möchte aber vermutlich allen in Erinnerung bleiben wird. Wenn du das liest, hast du es vermutlich überlebt und kannst dir auf die Schultern klopfen. Du gehörst zu den 99,x% der Menschheit, die COVID19 überlebt haben und im Lockdown nicht verhungert oder sonst wie eingegangen sind. Sicherlich nicht zuletzt auch wegen meiner Berichterstattung, denn dieser fieberst du sicherlich immer entgegen hahahahaha. Wenn ich gerade davon spreche; Ich kann nicht wahnsinnig viel berichten, denn im alten Jahr wollte ich nichts mehr Neues lernen - es ging also raus in die Linthebene. Dort haben wir nochmals Steilkurven geübt. Allerdings mit einem kleinen Twist. Und zwar sollte das Absinken in der Steilkurve auf einer bestimmten Höhe gestoppt werden. Der Kurvenflug selbst aber nicht. Ist schwierig zu erklären in Worten, aber stell dir vor, du fliegst über der Wolkendecke und musst langsam mal landen. Genau über dem Glarnerland tut sich ein Loch in der Wolkendecke auf - dort musst du hindurch schlüpfen. Während du dich durch diesen Kamin herunterschraubst kommst du dem Boden immer näher und irgendwann so auf 2500 Fuss willst du eigentlich nicht weiter sinken. Im Moment zeigt deine Flugzeugnase aber auf eine Felswand (hast die Wahl ob Wiggis, Vorderglärnisch, Schilt oder Fronalpstock - haben alle kein breites Tunnel auf dieser Höhe). Also musst du weiter drehen aber nicht mehr sinken. Das haben wir also geübt und so richtig schlecht hab ich das gar nicht gemacht. Hatte aber auch keine Berge rundherum, die einen Fehler bestraft hätten. Wohl aber der wachsame Blick von Meister Urs nebenan. Aber der war schon von Beginn weg positiv überrascht von mir. Ich habe fast an alles gedacht bei Preflight-, Taxi-, Runup- und Lineup-Check. Einzige Beanstandung: Ich hatte den Treibstofffüllstand "nur" über die Anzeige auf dem Display gecheckt und nicht noch zusätlich mit dem "Dipstick". Also dem Metallstab mit den Einkerbungen. Auf so einem hohen Niveau werde ich getadelt, das ist also recht human.

Theorie! Yay!

Ich bekomme den Auftrag den Langsamflug zu üben. 59 Knoten sind zu fliegen, die Höhe zu halten. Easypeasy. Mit Wattwil vor uns zuckeln wir mit 58-62 Knoten auf +/-4500 Fuss über die Hügel. "Wenn du jetzt dasselbe mit 50 Knoten machen willst; Nimmst du Power raus oder gibst du mehr Power?". Doofe Frage. Langsamer fliegen, weniger Power. Oder? Denkste. Urs grinst vergnügt, er hat den Bartli wieder mal voll erwischt.
Ganz kurzer Theorieexkurs für dich, es geht um die "Power/Drag-Kurve" - du kucke Bild rechts. Die X-Achse beschreibt die Geschwindigkeit (Flight Speed, V) und die Y-Achse beschreibt den Widerstand (Aircraft Drag). Der Einfachheit halber ignorieren wir vorerst einfach mal die beiden gestrichelten Linien. Aber wie man daraus sieht: Der Widerstand nimmt nur bis zu einer bestimmten Geschwindigkeit ab und nimmt dann wieder zu. Hä, wieso? Eigentlich ganz einfach - wenn das Flugzeug steigen soll (z.B. beim Start), muss es ja schräg in der Luft hängen, die Nase nach oben zeigen. Wenn es das macht, strömt die Luft von vorne an das Flugzeug. Und da es nicht bolzengerade dorthin fliegt, wo die Propellernase hinzeigt erzeugt der Bauch vom Flieger und die Flügelunterseiten Widerstand. Je schneller das Flugzeug wird, desto flacher wird der Steigwinkel. Kennst du ja von früher, als du noch mit dem Flugzeug in die Ferien geflogen bist. Beim Start jagt der Getränkewagen dann die Flight Attendants nach hinten und dich drückt's in den Sitz. Nach ein paar Minuten hören die Hände auf zu schwitzen, das Flugzeug fliegt immer weniger steil und das Anschnallzeichen erlischt *Ding-Dong!*. Beim Breezer ist das "Tal" der Kurve, also der Punkt mit dem geringsten Widerstand bei 59 Knoten erreicht. Fliege ich dann schneller, steigt der Widerstand wieder an. Hier kommen die beiden gestrichelten Linien zum Zug: Induced Drag (also der "selbstgemachte" Widerstand) und "parasitic drag" (der parasitäre Widerstand). Ersteres ist eben der Widerstand, den der Pilot erzeugt indem er den Vogel schräg in den Wind stellt. Kannst mal im Sommer auf der Autobahn die Hand aus dem Auto strecken - ist genau das Prinzip. Der Parasitäre Widerstand beschreibt den Widerstand, welchen z.B. Antennen, Dreck usw. auslösen. Auch hier kannst du wieder die Hand aus dem Auto strecken - je schneller du fährst, desto schwieriger ist es die Position deiner Hand zu halten, der Luftwiderstand nimmt zu. So in etwa. Das muss reichen.

Keine Videos mehr, ab jetzt gibt's wieder Selfies ;-)

Nach der Korkzieherei und dem Theorie-Einschub geht's zurück zum Horst, aber siehe da - Urs vernimmt Wolkenbänke, die weder ich noch sonst jemand wahrnimmt: "Die Wolkendecke über'm Glarnerland ist richtig tief. Gerade mal so auf 2000 Fuss...". Ich frage mich, ob wir dasselbe Glarnerland ankucken und prüfe kurz aus dem Augenwinkel die Brille von Urs. Er kuckt in dieselbe Richtung, die Gläser sind trotz Maske nicht beschlagen. Alkohol habe ich auch keinen gerochen. Es muss an mir liegen. "Also... ääh...hä?" frage ich. "Ja. Was machen wir?". Mir dämmert, dass hier eine "aussergewöhnliche Lage" geübt werden soll. Altklug empfehle ich Ausweichlandungen in Wangen-Lachen, Bad Ragaz und Schänis - dummerweise haben die alle aus irgendeinem fadenscheinigen Grund zu. Haha, yeah, das bedeutet: Tief fliegen! Der Tag wird immer besser. Wir sinken also langsam ab auf die 2000 Fuss und ich melde am Funk brav meine bewussten "Vergehen" gegen die Standards auf den Karten. Da wir's auf dieser Höhe eh nicht über den Kerenzerberg schaffen und "Overhead" auch auf 3000 Fuss liegt, lassen wir das aus und schleichen uns direkt in den Downwind. 500 Fuss unter der gewohnten Höhe sieht alles ein bisschen anders aus und auch die Voltengeographie ändert sich. Schliesslich hängt in Netstal noch irgendwo ein Seilbahnkabel, welches man normalerweise überfliegt. Heute würde ich es touchieren, wenn ich keine engere Platzrunde fliegen würde. Aber ich nehme die Talstation auf's Korn und überfliege diese. Zwar will ich dann aus Gewohnheit den Sinkflug an altbekannter Stelle einleiten, aber das verschiebt sich ja natürlich auch ein bisschen weiter nach "hinten", da ich nicht so hoch bin wie üblich. In der Base, also so ungefähr über der Hauptstrasse nach Glarus fange ich dann an zu sinken. Klappt alles recht gut, die Landungen gehen auch recht sanft von der Hand. Zwei normale Platzrunden später starte ich zur letzten durch und kurz nach erreichen des Downwinds hat ein Kobold ein Kabel durchgebissen. Motorausfall. Und das an einem ziemlich besch*ssenem Ort. Die Platzrunde fertig fliegen liegt nicht drin. Umkehren braucht auch zuviel Platz. Also entscheide ich mich einfach, irgendwo zwischen erstem und zweitem Pistendrittel aufzusetzen. Genug Platz ist ja da. Ein komisches und zugleich cooles Gefühl ist es dann schon, wenn man im 90° Winkel auf die Piste zufliegt, auf welcher man landen will und's dabei stetig nach unten geht. Das muss dann halt einfach klappen, sonst wird's nix mit Weihnachten im Beisein der Familie. Obwohl, doch vermutlich schon. Ich wär dann aber wohl der einzige, der dabei liegend anwesend ist und Geschenke gäb's keine. Drum gebe ich mir Mühe, auch weil ich Urs' Kalender nicht kenne. Der hat sicher auch noch was vor. Ich fliege also über den Segelfliegerhangar, richte so gefühlte 30 Meter über dem Boden das Flugzeug auf die Piste aus und setze die Landeklappen. Die hätten gem. Nachbesprechung noch ein bisschen früher kommen können, aber ich lande unseren Vogel relativ sanft auf der Piste. Fertig für heute, Flugzeug putzen und ab in den Hangar. Aus der Nachbesprechung ist mir am Besten geblieben: "Dafür, dass du sowenig fliegst hast du's eigentlich recht gut drauf.". Mein Ego ist gestärkt, die Brust geschwellt - im 2021 mach ich dann den Sack zu und marschiere durch die Prüfungen durch. Schönes Fest und guten Rutsch!




Im Januar 2021 - Hello 2021, bye bye LSMF!

Alle wichtigen Menschen der Welt machen Neujahrsansprachen, da ich (zumindest mir selber) auch recht wichtig bin, will ich das dieses Jahr auch mal machen. Das hat mehrere Vorteile. Zum einen platze ich nicht (aufgrund der ganzen Social Distancing / Homeoffice Regeln und Absagen aller coolen Events) weil mein Plapperventil Zwangspause hat. Und zum anderen verwässert das kontrollierte ventilieren nicht die "Erlebnisberichte", wenn ich dann mal wirklich wieder in einem Cockpit sitze. Ich habe zwar keine Beschwerden deswegen gehört, aber alles was ihr mir an Feedback gegeben hat klang bisher überraschend gut. Vielleicht habt ihr ja aber einfach nur Angst vor meiner journalistischen Aufarbeitung einer möglichen Beschwerde. Zu recht. Ha!

Da die Aufmerksamkeitsspanne so um den Jahreswechsel bei allen Menschen eher gering ist und im Jänner eh schon einiges los war auf unserem fetzigen Planeten, mache ich meine Begrüssung des 2021 halt einfach einen Monat später. Kommt ja im Moment eh nicht drauf an. Also dann, spann die Hosenträger und katapultier dich in "mein" 2021!

Bilder von der Motorfluggruppe Mollis. Sorry für's klauen, danke für's drüber hinwegsehen.

Der Januar war quasi die "30 Tage Testen"-Version vom 2021. Darum bin ich da auch nicht geflogen, um zu sehen ob das Jahr überhaupt Bestand hat oder ob man das bis nach Covid19 einmottet und dann wieder hervorkramt. Und geschneit hatte es auch wie verrückt, also hätte ich eh nicht fliegen können. Was ist denn bisher geschehen in meinem 2021? Eigentlich nicht viel. Klar, in Washington war schon am sechsten Tag des Jahres ein Bison im Kapitol, ein schläfriger alter Mann übernimmt das mächtigste Militär der Welt von einem durchgeknallten alten Mann und der wichtigste/grösste/geschäftigste Flugplatz des Glarnerlands bekommt einen neuen Namen. Jawohl, LSMF wurde relativ still umbenannt in LSZM. Warum? Weil die Formulare und Couverts mit LSMF-Aufdruck ausgegangen sind und die benötigte Drucksetzmaschine für Nachdrucke kaputt ist. Nein, Quatsch. 

Zuerst mal ganz kurz; LSMF ist ein sogenannter ICAO-Code. Eigentlich wollte ich hier kurz erklären was ein ICAO Code ist und was er für einen Sinn hat - aber wie so vieles in der Aviatik ist es nicht einfach in einem Satz zu erklären. Darum bleibt's hier bei "Das sind halt so Codes, die weltweit einzigartig sind und für jeden Flugplatz/Flughafen vergeben werden. Mit System dahinter." und dem Link zu Wikipedia. Alle Schweizer Flugplätze beginnen mit "LS", die vom Schweizer Militär beginnen alle mit "LSM". Vermutlich gibt's noch n paar Ausnahmen wie üblich, aber jetzt hast du so ne ungefähre Ahnung. Das reicht dann auch schon ;-)

LSMF war/ist also Bezeichnung des Militärs, die haben den Flugplatz damals im 1916 quasi gegründet. Ich vermute zwar eher, die sind dann einfach auf ner Wiese hier gelandet und haben den verwunderten Bauern und Ihren Kühen gesagt, dass sie sich glücklich schätzen können der Landesverteidigung zu dienen. Dann gab's eine Packung Militärguetzli für jeden und Landschaden im mittleren dreistelligen Bereich (nach Bauernrechnung oberer vierstelliger Bereich). Ich kenn's ja selbst noch aus den lustigen Übungs-Wochen im Militär. Okay, das Militär hat die Molliser Allmeind also LSMF getauft und war dann viele Jahre happy damit. Irgendwann wurde das Fliegen sicherer und erschwinglicher, weshalb auch das niedere Volk gerne aufsteigen wollte. Das Militär, gütig wie eh und je, liess dann die Motorfluggruppe Mollis (gegründet 1951) auch auf der selten genutzten Piste mitfliegen. Die fetten Jahre der Aufrüstung endeten langsam aber sicher auch bei der Schweizer Armee, denn dummerweise war ja der Frieden ausgebrochen und weder vom Norden noch vom Osten drohte die Invasion. Entsprechend musste auch die Luftwaffe den Gürtel enger schnallen. Nachdem die Jets weg waren, kamen für ein kurzes Intermezzo die Super Pumas, aber auch die blieben nicht lange. Es folgte der Status "Sleeping Base" für Helis, aber irgendwie war das auch noch zu teuer. Also ging der Flugplatz aus dem Etat des Bundes in das des Kantons oder der Gemeinde über. Google das halt, wenn's dich interessiert ;-) Hauptsache ist: Militär weg, Zivil da. Und wenn das Militär weg ist, dann nehmen sie auch den Namen mit. Darum gibt's für den zivilen Flugplatz einen anderen Namen als für den Militärflugplatz. Ordnung muss sein. 


So, jetzt hätte ich das auch noch erklärt und schliesse damit meine Neujahrsansprache ab. Übrigens; ich filme mich während ich diese Zeilen schreibe grad selbst. Ich wurde nämlich des Öfteren gefragt, ob ich meine Texte in einem Guss schreibe oder ob das mehrtägiges Stückwerk sei. Und weil die GoPro im Moment nicht mehr mit in's Flugzeug kommt, muss ich Alternativen finden.
Ob so ein Text auf einen Schlag aus meinen Fingern strömt? Ohne Alkohol? Ob unverhofft ein Feuer ausbricht? Und ob Schleichwerbung für den Fuelstrainer der Sea Plane Association Switzerland platziert wurde? Investiere drei Minuten deiner Zeit und finde es heraus: 



02.02.21 - Neues Jahr, neues Glück

Auch die Siai-Marchetti hat nicht gerne nasse Füsse.

Der Januar ist überstanden, die Schneemassen unter Kontrolle. Es ist Zeit mich wieder in die Lüfte zu erheben! Damit's spannend bleibt geht's heute zum ersten Mal mit dem Breezer nach Wangen-Lachen. Der geneigte Leser weiss, dass ich vor diesem Quartiersträsschen am See ziemlichen Respekt habe. Das Wetter ist recht mau. Wolkenverhangen, kalt, regnerisch. Offenbar perfektes Flugwetter, denn alle Flugzeuge sind unterwegs, auch von der Motorfluggruppe nebenan ist fast alles draussen was irgendwie Lärm und Wind machen kann. Wir dümpeln also los in Richtung Wangen-Lachen und ab Sektor Nord (also so nach ~2 Minuten Flugzeit) fängt's an zu harzen. Vom Walensee her kommt nämlich so ein Halodri, der ungefähr das gleiche vor hat wie ich. Ich reihe mich hinter ihm ein und fliege ihm hinter her. Aber die "Verfolgungsjagd" nimmt mich so in Anspruch, dass ich den richtigen Zeitpunkt für's Gefunke und Gechecke verpasse. Entsprechend hinke ich mit allem hinterher und bin schon im Sector South als ich anfange meine Ankunft zu verkünden - auf der Frequenz von Mollis notabene. Und so zerbröselt dann halt der ganze Zeitplan bis zur Landung, da ich mich ja nicht selber überholen kann und alle Checks/Ansagen gemacht werden wollen. Aber um's kurz zu machen - der Hero of the Sky hat's immernoch einigermassen drauf, trotz Winterpause. Zwar lande ich tendenziell zu kurz, sinke also zu früh und zu weit ab, aber das wird mit jeder Landung besser. Am Ende schlenkere ich dafür den Flieger fast von der Piste 26. An die Fussspitzenbremsen haben sich meine beiden Kaliber 47 noch nicht so richtig gewöhnt und entsprechend schaukle ich Zulu Delta mal so richtig durch. Als es zuviel wird und ich keine schlaue Korrektur mehr erwarte, steige ich voll in die Eisen und parallel dazu greift/fusst Urs nebenan auch in's Geschehen ein. Ich nehme mit, dass ich wenigstens zum Ende hin richtig reagiert hätte und attestiere mir Fluglehrerqualität in puncto Reaktion bei chaotischem Gebremse. Immerhin etwas. 


Zu Hause ist es doch am schönsten. Nicht.

Wir steigen aus um die Landegebühren zu entrichten und meinen Kopf ein wenig durchzulüften. Zum Glück hat's grad aufgehört zu regnen. Hier ist was los, scheinbar hat der Schnee auch hier in den vergangenen Tagen einiges an Flugbetrieb eingeschränkt und alle wollen wieder in die Luft. Der Schnee hat dafür seine Andenken hinterlassen - alle Wiesen haben ihre eigenen kleinen Seen bekommen und entsprechend ist das Parkplatzangebot eingeschränkt. Aber wir sind ja eh nur kurz hier und zischen gleich wieder ab, weil's schon wieder leicht zu regnen beginnt. Während dem einsteigen kucken wir besorgt in's Glarnerland bzw. dort hin, wo es eigentlich wäre. Im Moment ist dort grad ne grau/weisse Wand. Urs ruft in der Homebase an um herauszufinden, wie schlimm es ist und ich überlege mir insgeheim schon, wen ich anrufe um mich und Urs mit dem Auto nach Mollis zu überführen. Aber der Wetterfrosch am anderen Ende meint, dass es schlimmer aussehe als es tatsächlich sei. Wir glauben der Aussage, zumindest Urs tut das, und flitzen via Runway 08 (der Wind hat gedreht) raus. Spontan vergesse ich dann über Tuggen, wie das Kaff unter mir heisst und melde "H-ZD, Schmerikon, 3500 ft, leaving Frequency". Der nebenan brilliert dann mit seinen Geografiekenntnissen und noch während er mich aufzieht realisiere ich meinen Bock. Lakonisch antworte ich "Na, aber ich seh' Schmerikon ja immerhin. Das muss jetzt halt reichen.". Ist natürlich nicht so, denn wenn mir z.B. einer auf der gleichen Höhe entgegenkommt und ich ihm suggeriere ich sei an einem anderen Ort als ich effektiv bin, dann kann das dem Flugtag eine ungemütliche Wendung geben.
Zurück nach LSZM also, das Wetter wird mit jeder geflogenen Meile weniger schlimm. Allerdings trauen wir dem Temperatursensor vom Breezer nicht so recht und entscheiden uns tiefer zu fliegen als geplant, um einer Vereisung vorzubeugen. Über Bilten bin ich mir meiner Geografiekenntnisse wieder sicher und melde meine Ankunft in Mollis. Auf der Frequenz von Wangen-Lachen. Seufz...
Ich schleiche am Kerenzerberg vorbei, werfe einen kurzen Blick auf den Windsack und lande - bu-tt-er-weich, Güteklasse A+ (!), Vorzugsware - auf Piste 19. Das Debriefing ist dann grundsätzlich nicht schlecht, die Fehler die mir grösstenteils bereits bewusst sind werden nochmals besprochen. Allerdings bekomme ich wieder zu hören, dass trotz der Pause die Qualität meiner Leistung nicht soweit nachgelassen habe, wie man befürchten könnte. Das lasse ich mal so gelten und fühle mich angespornt beim nächsten Flug wieder mehr zu brillieren. Der findet noch in dieser Woche statt - am Freitag (wenn's das Wetter dann zulässt). Wir einigen uns, mit den Kleinflugplätzen weiter zu machen und fassen Bad Ragaz in's Auge. Der ist nochmal eine Ecke schwieriger als Wangen-Lachen, aber immerhin kann man da nur in Felder, Hügel, Kräne und Stromleitungen krachen und nicht auch noch in einen See. Ausser man hat die Geografiekenntnisse von mir heute, dann erwischt man vielleicht noch den Walensee.


05.02.21 - Lektion 9.2

Das hätte ich geplant gehabt. Aber richtig lesen muss ich halt noch lernen.

Entgegen der ursprünglichen Planung (Bad Ragaz), machen wir heute mit Radionavigation weiter. Grund dafür ist der "älteste Glarner", also der Föhn. Wobei der in den Prognosen stärker vorhergesagt wurde, als er dann effektiv war. Egal, ich habe mich für den Flug zum Zurich East VOR (ZUE) vorbereitet. Hab sogar einen NAVplan geschrieben. Und eine Mass&Balance Kalkulation gemacht. Und geübt, was ich dem Dübendorf Tower vortragen werde, wenn ich durch seinen Garten fliegen will. Ich war richtig stolz auf mich, was ich alles geleistet habe. Doof nur, dass ich das Whatsapp von Urs nicht richtig gelesen habe. Hab die falsche Route geplant. Wir fliegen gar nicht das Tösstal hinab und hüpfen dann über den Bichelsee, sondern unsere Route geht von Fischenthal über Fischingen nach Frauenfeld. Ist direkter, aber nun stimmt natürlich mein NAV-Flugplan und die Treibstoffkalkulation nicht mehr. Und Dübendorf Tower muss ich auch nicht mehr kontaktieren. Egal, das Wetter ist gut und ich bin happy, wenn's einfach in die Luft geht.
Während ich Zulu Delta auf dem Platz vor dem Hangar sattle und im Öl herumstochere, kommt ein alter Bekannter vorbei. Pascal, mein erster Fluglehrer, spaziert über den Platz. Ein kurzer Schwatz passt grad noch rein, bevor Urs aus dem Hangar kommt. Er fragt ob ich bereits fertig sei mit der Ausbildung, ist dann aber nicht allzu überrascht als ich verneine.

Auf dem Weg zum VOR passiert nicht viel, wir hören auf Zurich Information dem Funkverkehr zu um immerhin ein bisschen mitzukriegen, was rundherum so läuft. Da's ja in der Schweiz nicht dutzende VORs gibt, besteht bei gutem Wetter immer ein Klumpenrisiko um diese Stationen herum. Zusätzlich ist Frauenfeld ja auch nicht so wahnsinnig weit von St.Gallen und Zürich entfernt, was auch noch ein bisschen mehr Luftverkehr bedeutet. Zwar ist die Intensität aufgrund von Covid19 nicht mehr so hoch wie sonst, aber "wir" kleinen Fliegerchen schwirren halt nach wie vor durch die Luft.
Ich interceptiere und folge QDMs und QDRs (das ist Fliegerdeutsch für "Kurslinien") was das Zeug hält (also eigentlich nur grad drei bzw. sechs mal) und bin danach eigentlich schon ziemlich bedient. Vor allem, weil ich nebenbei den Autopiloten kennen lerne. Der soll die Übungen vereinfachen (ich muss mich dann nicht mehr um die Höhe und die Fluglage kümmern), bewirkt aber irgendwie eher das Gegenteil. Denn jetzt soll ich einem Computerchip vertrauen und ihn mit Daten füttern, wenn ich parallel dazu eigentlich noch Berechnungen für die VOR-Interception machen sollte. Ich bin zwar Informatiker und liebe den ganzen Technikscheiss, aber im Flugzeug ist mir noch ein wenig flau im Magen, dass ich da einfach nix mehr zu sagen haben soll. Und zudem passt jetzt die Theorie nicht mehr so recht zu der Praxis. Vielleicht schnallt das ein jüngeres und/oder flexibleres Hirn als meines aber auch besser. Anyway, unser Tagesziel ist erreicht und der Tank wird auch nicht voller. Es geht zurück in den Süden. Über dem Zürichsee brechen ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke und weisen uns den Heimweg. Ein paar Sekunden denke ich mir "Genau deswegen machst du das..." und schiesse noch zwei Fotos für den Blog (also quasi nur für dich). 

Heute klappt's mit den Frequenzen, die Checks kommen am richtigen Ort bzw. zum richtigen Zeitpunkt und es läuft recht gut. Der Föhn ist zwar da, aber nicht so bockig wie befürchtet und so entschliessen wir uns für ein paar Touch&Go Landungen auf Piste 19. Die erste kommt schief daher - ich rede mich aber damit heraus, dass ich die Piste ja auch schon ewig nicht mehr genutzt habe (okay, eigentlich vor drei Tagen. Aber die zählt nicht, weil sie so gut war.). Immerhin ist der Start dann bolzengerade auf der Centerline. Dem Meister nebenan entspringt gar ein Vergleich mit Starts von seiner  eigenen Machart. Unter meinem Mundschutz macht sich ein Grinsen breit. Beim zweiten Anflug fällt dann wieder mal der Motor aus und ich konzentriere mich zulange darauf, dass ich die richtige Geschwindigkeit einhalte, drehe zu spät ein, der Föhn tut sein Übriges und ich stürze entsprechend irgendwo in den beschaulichen Dorfkern von Näfels.
Wenn denn der Motor nicht auf genau so wundersame Art und Weise wieder funktioniert hätte und ich einen Go Around hätte machen können. Ich reiss mich nochmals am Riemen, drehe in den Downwind ein und nimm wieder die Leistung raus. Ich erwische den richtigen Zeitpunkt für's eindrehen. Zwar meint Urs nebenan "eher zu früh" - was es aber in so einer Situation de facto nicht gibt - und mir bleibt daher noch Platz und Zeit, damit ich die Landeklappen ausfahren kann. Die Landung ist wie Butter direkt aus dem Kühlschrank. Nicht ganz streichfähig, aber eben doch butterig. Sie bekommt Güteklasse A.
Ich bin zufrieden. Mit mir, dem Freitag, der Fliegerei und dem Zustand der Welt an sich. Noch rasch die Finger einfrieren (Flieger putzen), Debriefing und dann ab in die Trattoria Bühler auf der anderen Talseite. 


Über Schmerikon, Blickrichtung Linthebene


 

Über Schmerikon, Blickrichtung Rapperwsil (ein Vorort von Jona)





23.02.21

Petrus hat in Afrika abgestaubt, wir kriegen's zu spüren.

Das Wetter meinte es gut - frühlingshaft warm war's und ein bisschen staubig von der Sahara her. Aber das hält uns nicht auf und heute steht wieder mal etwas Neues auf dem Programm. Wobei, so richtig neu ist es eigentlich nicht. Wir fliegen nämlich nach Bad Ragaz. Das kenne ich schon, aber halt nicht mit dem Breezer. Darum ist's nicht so ganz neu. Vorbereitet habe ich mich gut und so fliege ich selbstsicher los. Das bin ich zwar früher auch schon ein paar mal und dann ist's dann kurz nach dem Start langsam aber sicher verreckt. Aber das soll mir heute nicht passieren, zu gut habe ich mich vorbereitet. Ground Checks, Procedures, Call-Outs; Alles kommt am richtigen Ort und ungefähr zur richtigen Zeit. Über dem Sektor Nord geht's rechts weg in Richtung Osten über den Walensee. Über Walenstadt fange ich an mit dem Descent Briefing, dem Descent Check und der Approach Check kommt auch kurz danach. Immer noch alles im Lot, yeah. Und wie wenn ich's herausgefordert hätte fängt es hier an zu harzen. Ich bin nämlich zu hoch bzw. sinke zu spät. Ziel wär's halt, dass ich im Downwind schon auf der publizierten Höhe (2600 Fuss) wäre und nicht weiter absinke während ich schon im Downwind bin. Viel zu hoch bin ich zwar nicht, aber falsche Höhe ist halt falsche Höhe. Und das bedeutet dann automatisch, dass ich absinken muss, was i.d.R. mit einer gewissen Geschwindigkeitszunahme einher geht. Und das will ich ja nun überhaupt nicht, wenn ich die Landeklappen ausfahre und die eine recht tiefe maximale Geschwindigkeit zulassen. Ich mache mir also wieder mal selbst Stress. Aber dafür plappere ich stur meine Positionen durch, halte an den Procedures fest wie's halt Sinn macht und flutsche in die Base. Da fliegt man ja auf eine Burgruine zu, bevor man in den Final (auf das Haus auf dem Hügel zielen) dreht. Da ich hier noch zügig unterwegs bin, geh ich schon mal in den Leerlauf und sinke eigentlich recht gut ab. Ich vernichte dann aber soviel Höhe, dass es dem Urs nebenan angebracht scheint, mich daran zu erinnern, dass wir auf der Piste aufsetzen wollen - nicht auf der Wiese davor. Also nochmals eine Schaufel Kohle nachwerfen und schon setze ich auf der Piste auf. Die ist immer noch so verdammt schmal. Und weil ich halt nicht ganz mittig aufgesetzt habe und der Slipstream wirkt, prüfe ich auf der linken Seite der Piste, ob denn die Ränder auch schön gemäht sind. Nicht falsch verstehen - die Räder bleiben auf der Piste, aber Urs sieht auf seiner Seite deutlich mehr Piste als ich auf meiner. Das charakteristische "RECHTER FUSS." erklingt. Ich rechtfusse und bringe Zulu Delta wieder auf den rechten Pfad. Die Piste ist aber verdammt kurz. Ich gerate in's Hadern. Höflich aber bestimmt empfiehlt Urs "Vollgas.", was meine Hand umgehend ausführt. Ich hebe ab und die Piste ist weg. Ich muss steigen, denn vor uns kommt eine Stromleitung immer näher. Natürlich vergesse ich die Landeklappen eine Stufe einzufahren und mache mir damit das Leben noch schwerer als nötig. Urs schubst das Schalterchen eine Position nach oben. Ich vermelde "Clear of obstacles, speed above 54, Flaps up." und fahre die Klappen nun procedure-gemäss ganz ein *phew...*. Grad nochmals raus gekommen. Trotzdem schmolle ich vor mich hin. Auf 2000 Fuss merkt Urs an, dass ich jetzt noch die RPM auf Climb Power setzen sollte. Ich bin nicht einverstanden und gebe altklug zum Besten, dass ich das erst auf 2100 Fuss machen werde. So hab ich's geplant, so steht's in den "Regeln" und überhaupt: Ich kann's imfall schon! Hmpf. 

Jetzt gibt's zwei Volten, die werden von mal zu mal besser. Genug gut für den Chef nebenan sind sie natürlich nicht, aber ich hab gelernt mir meine eigene Zweitmeinung zu bilden. Also nicht nur beim Fliegen lernen, sondern generell. Unter uns - sooo schlecht waren die Touch and Goes nicht. Die Mitte (horizontal wie auch vertikal) zu halten war schwierig bzw. da habe ich noch was aufzuholen. Aber am Schluss hab ich jedes mal die Piste getroffen, bin nicht in's Gemüse gedonnert und die Stallwarnung hat beim Start nie gehupt. Also bitte. Rom ist nicht an einem Tag abgebrannt. Oder so.
Letzte Landung und Backtrack vor den Hangar. Landegebühren entrichten (ich hab's wieder mal nicht richtig hinbekommen und das Bezahlterminalgerät piept lauthals vor sich hin, damit das auch sicher jeder mitbekommt). Nachdem ich alle gelben und roten Knöpfe gedrückt und ein bisschen in mich hineingeflucht habe, versuchen wir's nochmals miteinander. Und siehe da, ich drücke die richtigen Knöpfe und das Gerätchen rattert zufrieden eine Quittung heraus. Ab in's Couvert, fertig ausfüllen und auf das von draussen herein tönende "Du, bisch aa g'wachse?!" (oder sonst sowas in die Richtung) ähnlich flapsig antworten. Schon höcklen wir draussen auf dem Boden, Covid19-konform, mit einem Takeaway Getränk. Urs nutzt die Pause, um mit dem Wartungsbetrieb der Breezer zu plaudern (die sind hier ortsansässig) und ich steige in's Gespräch mit einem offenbar ebenfalls ortsansässigen Piloten. Ein älteres Semester. Da kann ich sicher bewährtes Wissen anzapfen, Geschichten aus der glorreichen Zeit der Fliegerei lauschen und mir die "Lehrjahre sind keine Herrenjahre"-Stimmung vertreiben. Und in der Tat, er hat einiges zu erzählen. Gestartet wird mit der Aussage, dass ihm der Breezer nicht zusagt. Er fände es gefährlich, dass man bei einer Notlandung beim Breezer den Tank und ne Rakete auf den Knien habe. So hab ich das noch nie gesehen, aber ja, danke. Gut, dass ich sowas recht pragmatisch sehe. Weiter geht's mit einem Schmähruf auf "die da oben". Also nicht die Piloten, sondern die Politiker. Alles verboten, Luftraum kompliziert, alle anderen Länder besser usw. Musst du mir nicht erzählen, ich habe ordnerweise Beispiele, die ich die letzten zwei Jahre gewälzt habe. Aber gut, ich versuche das Gespräch zu steuern und frage, was denn für ihn die besten Erlebnisse beim Fliegen waren. Ich stelle die Frage falsch, solle nach den besten Flügen fragen. Okay gut, Hans was Heiri, aber ich zucke mit den Schultern und nicke ihm zu. Er kommt in's Schwärmen. Safari in Afrika! Quer durch die USA! Wasserflugzeuge in Kanada! Sogar über den Atlantik hat er seine Cessna/Mooney (eins von beiden, hab's nicht mehr im Kopf) geprügelt. Aber letzteres sei mehr ein Abenteuer als ein toller Flug gewesen. Was er aber richtig cool findet, sind die kleinen privaten Airstrips in Italien. Gerade in der Toskana seien die meist neben einem Weingut, das häufig noch ein paar Gästezimmer habe. Meine Ohren sind gespitzt. "Avioportolano" heisst das Zauberwort. Quasi so ein Reiseführer für Italien auf dem Luftweg. Ich mache mir eine Notiz, denn wenn ich dann die Schweizer Plätze durch habe und mit jedem zweiten Schnäuzler Streit gehabt habe, will/muss ich was Neues sehen. Und wer ein Weingut neben eine Piste pflanzt, der muss sich nicht wundern, wenn ich auf einmal in den Final schunkle. Natürlich kommt jetzt noch ein bisschen Beschwerde wegen Covid19 und dass man halt jetzt das nicht machen kann. Aber das ist ok. Ich würd auch wäffeln, wenn mir sowas verwehrt würde. 

Mit Blick auf den Hanger frage ich, was er denn fliege. Er zählt mehr Flugzeuge auf als ich Gopro-Kameras habe (oha, ein Spoiler für die Zukunft der Videoberichterstattung von mir? Sei gespannt...), nämlich drei. Wir können sie uns gerne mal ansehen, wenn ich will. Ob ich Flugzeuge ankucken will, die ich mir weder leisten kann noch fliegen darf? Absolut! Wir stehen auf, aber schon macht mir Urs ein Strich durch die Rechnung. Er steht beim Breezer, winkt und ruft - macht also auf die zeitliche Dringlichkeit eines baldigen Starts aufmerksam. Er hat Stalldrang. Muss noch an eine Sitzung. Gut, dann muss Flugzeuge kucken halt warten... Ich verabschiede mich und eile zu Zulu Delta. Ein brandneuer Warnhinweis vom Wartungsbetrieb hat Urs dafür im Gepäck. Offenbar sind ein paar Regler nicht so richtig schlau positioniert, denn beim Ein- und Aussteigen wurden da schon ein paar abgerissen. Ist halt ein filigranes Kleinflugzeug und keine Antonov (ja, sie war auch da. Hach, Schätzelein... Irgendwann...). Also auch auf sowas aufpassen, denn so ein abgerissener Regler muss dann offenbar via Deutschland in die USA geschickt werden. Ich frage nicht nach. Das tönt schon irgendwie plausibel nach der Umständlichkeit der Fliegerei.

Die Volte von Bad Ragaz füllt sich langsam. Die Ausflügler kommen nach Hause. Einer meldet zwar den Downwind, aber wenn ich nicht penne, dann schaffen wir den Start noch vor ihm. Challenge accepted, ich melde Lineup und Takeoff, zünde die JATO-Booster und schon habe ich uns nach Sargans katapultiert. Wir zuckeln auf der rechten Seite des Walensees in Richtung Linthebene, denn hier machen wir noch eine kurze RNAV-Übung. Also VOR anfliegen und auf einem bestimmten Kurs wieder rausfliegen. In der Linthebene hat's zwar kein VOR, aber die Wunder der digitalen Welt und eine Pionierleistung von Urs ermöglichen ein simuliertes VOR. Ich nominiere ihn spontan für den Ecoflyer-Preis 2021, denn so spart man natürlich einiges an Zeit und Treibstoff. Zeitlich wird's jetzt aber richtig knapp mit der Sitzung. Er ruft rasch die Mitsitzer an und meldet, dass er sich verspäte. Aha. Ich hätte also schon noch Zeit gehabt um durch den Hanger zu schlendern. Naja, den Typen sehe ich sicher wieder mal. Bad Ragaz wird nicht zum letzten mal auf dem Programm gestanden haben. Vor allem weil ich schon Pläne habe, die Antonov in einer Nacht und Nebel Aktion zu klauen, mit ihr in die Walachei durch zu brennen und mich dort von Elchen und Beeren zu ernähren. Okay, so ganz ausgereift ist der Plan noch nicht. Und erst muss ich ja dann auch mal noch die Prüfung bestehen.

Auch auf dem Mond war's staubig... #nofilter

Der Rückweg nach Mollis ist recht ereignislos, ich mache meine Checks und Procedures gut und am richtigen Ort. Die Landung ist dann aber nicht so richtig sanft. Ich kann mir schon vorstellen, dass auf der noch herumgeritten wird in ein paar Minuten beim Debriefing. Und siehe da, bei der Abschlussbesprechung werden die Rollen getauscht. Ich bin eher positiv gestimmt, lobe meine Procedures, Checks, die Gesamtsituation. Ich bin trotz der gemachten Fehler eigentlich recht selbstzufrieden und mir bewusst, was noch bessern muss. Urs sieht das nicht so. Das bedächtige Gesicht sagt schon alles. Er ist nicht so angetan von der Leistung seines Schülers. Zu hoch in den ersten Downwind. Zu schnell in die erste Base. Zu weit links die erste Landung [...] und die Landung hier in Mollis war auch nichts zum prahlen.
Gut. Ich bin bedient. Werde mich zukünftig wieder mehr in Demut üben. Sollte sich wieder mal zuviel Selbstsicherheit breit machen, werde ich noch genauer nach Stolpersteinen suchen, denn die gehen ja offensichtlich damit einher. Debriefing fertig, jetzt ruft die Sitzung. Zumindest nach Urs, nach mir ruft jetzt erst mal kaltes Wasser und ein paar Insekten. Ein Vertrauensbeweis gibt's aber noch - ich darf das Flugzeug nach dem waschen selbst in den Hangar bugsieren. Das klingt jetzt zwar höhnisch für Nicht-Eingeweihte, ist's aber nicht - nicht bei den engen Verhältnissen im Hangar. Das Grundvertrauen ist also schon noch da und ich passe entsprechend doppelt auf, dass ich das nicht ankratze. Im Gegensatz zum rechten Flügel von Zulu Delta.

Weil ich zu faul bin den Hangar ganz auf zu machen ecke ich beim zurückschieben vom Flieger dort kurz an. Nicht so schlimm. Tor ganz aufmachen, nochmals mit Schwung über die Führungsrillen der Tore und rein mit dem Schätzchen. Doof nur, dass Zulu Bravo nicht ganz auf der richtigen Parkposition steht. Bei der Feinjustierung kommt das Höhenruder von Zulu Delta auf dessen Propeller zu liegen. Aber so ein Höhenruder ist ja beweglich, also auch hier: Nicht so schlimm, den schwarzen Strich sieht man eh nicht auf der Unterseite vom Höhenruder. Beim Flügel hängt das Positionslämpchen nach der Touchierung herunter, aber das hat ne Steckverbindung - mit ein wenig Nachdruck ist alles wieder gut. Beim Tor schliessen höre ich dann, dass ich das Flugzeug nicht ganz so weit zurückgeschoben habe, wie's eingezeichnet war - konnte ich ja nicht, weil der Depp vor mir Zulu Bravo nicht ganz nach hinten geschoben hatte. Entsprechend ist der Spinner vom Prop vorne jetzt nicht mehr ganz spitz. Aber diese neu gewonnene aerodynamische Eigenheit kann man easy mit ein paar rpm mehr überwinden. Hab's auf nen Zettel geschrieben und den bei der Treibstoffentnahmeliste neben dem Tankfass hinten in die Mappe gepackt.
Okay, der geneigte Leser hat's spätestens jetzt gemerkt: So viel kann nicht mal mir passieren resp. so schluderig bin nicht mal ich an einem Sonntagmorgen um 07.00. SELBSTVERSTÄNDLICH war alles erstunken und erlogen. Kein Kratzer, kein abgerissenes Lämpchen - Flugzeuge leiden bei mir nur, wenn ich drin sitze. Am Boden habe ich eine makellos reine Weste. Und das wird sich nicht ändern. Ouha... werde ich etwa gerade wieder zu selbstsicher? Shit...





05.03.21 - "Clouds don't concern us"

Schon die ganze Woche herrschte typisches Frühlingswetter in der Schweiz. Also bisschen Sonne, bisschen Regen und ein bisschen Schnee - und an dem Tag, an dem das Wetter am schlechtesten war hatte ich Zulu Delta reserviert. Urs rief so ca. eine Stunde vor unserem Treffen an und meinte "Im Moment lohnt es sich nicht wirklich zu starten. Die Wolken hängen zu tief. Ich ruf in 30 Minuten nochmals an.". Gut, der heutige Flug steht zwar auf der Kippe, aber ich bereite mich doch mal wenigstens vor. Also Wettervorhersagen checken, DABS ankucken und das NOTAM von Mollis nicht vergessen. Alles ganz passabel, bis auf die Schneefall- und 0-Grad-Grenze. Die sind beide recht weit unten, Schnee solls schon ab 1800 Fuss aufwärts geben - und Mollis liegt auf 1470 Fuss. Wer's mit den Füssen nicht so hat, die Differenz ist ~100 Meter. Also nicht viel Platz. Nach 30 Minuten klingelt das Telefon erneut. "Schön wird's nicht, aber fliegen kann man schon. Willst du?". Es ist Freitag, die Woche war hart, ich habe ein neues Gadget gekauft und ich hab mich vom Chef im Büro Chat schon mit nem Riesentext in's Weekend verabschiedet - natürlich bin ich dabei! Und angesichts der klimatischen Entwicklungen der letzten Jahren und der düsteren Aussichten für die Zukunft muss ich wohl oder übel auch bei "Schietwetter" fliegen können. 

Ich schwing mich in's Auto und düse in den Zigerschlitz. Anhand der Geschwindigkeit des Verkehrs auf der Autobahn kann man ziemlich genau auf das Wetter schliessen. Ich werde da mal noch eine Formel errechnen. Im Moment lautet die: "Geschwindigkeit des Vordermanns geteilt durch zulässige Höchstgeschwindigkeit multipliziert mit sichtbaren Nebelleuchten vor mir". Das ergibt heute einen Wert von 4.5. Also wird die Wolkendecke auf 4500 Fuss sein. Für Interessierte mit der entsprechenden Ausbildung sei hier die Formel noch in hochgestochener Form vermerkt:

CeilingHEIGHT = {(VCUR/VMAX) x VisFogLigCOUNT} x 1000

Ich halte dich auf dem Laufenden, denke aber schon, dass da ein Nobelpreis in Mathematik oder Naturwissenschaft drin sein dürfte.

In Mollis angekommen waren ziemlich viele Parkplätze frei. Und kein Flugzeug vor dem Hangar. Offenbar sind Urs und ich die einzigen, die keine Schönwetter-Piloten sind :-) Im Briefing Container treffe ich Urs, dick eingepackt in Jacke und Zipfelmütze. Jemand hat in einem Anfall von Frühlingsgefühl offenbar die Heizung ausgesteckt. Damit Urs nicht festfriert hat er sich aber bereits um Öl, Benzin und administrativen Aufwand gekümmert. Der Freitag wird immer besser! 
Wir besprechen das heutige Programm was zusammengefasst hiess: "Ich nehm' dich heute mal richtig ran bzgl. Procedures. Stell dich also auf Schleifen ein.". Oh mann, genau... Das macht mir immer am meisten Spass. Regeln genau nach Vorschrift befolgen. Na mal schauen wie's wird. 

Und jetzt kommt mein neues Gadget zum Einsatz: Eine GoPro Max! 360° Rundumsicht! Ich filme also wieder. Das mit dem Sound klappt allerdings wieder nicht mehr so wie mit der "alten" GoPro. Da muss ich also wieder über die Bücher, damit ich den Sound vom Intercom wieder in den Video hineinbekomme. Anyway - du kannst jetzt wieder zuschauen, wie ich durch die Luft gurke. Das erste Ergebnis siehst du dann am Ende von diesem Tagebuch Eintrag.

Nach dem Start kann ich schon im Steigflug in Richtung Sector North meine neu erfundene Formel überprüfen. Sie stimmt überraschenderweise hinten und vorne nicht, denn schon auf 2700 Fuss kommen mir die ersten Schneeflocken entgegen und die Wolkendecke kommt schon verdammt nah. Wobei so genau sind die 2700ft auch nicht, denn der Wind schüttelt mich hoch und runter, links und rechts. Gut, dann steige ich halt heute nur auf 3000ft und belasse es dabei. Als ich mich von der Molliser Frequenz in Richtung Linthebene verabschiede, empfiehlt Urs doch noch ein bisschen mehr abzusinken. Und so schaukle ich mich irgendwo über Benken auf 2800ft ein. Hier starte ich mit zwei Steep Turns, also Steilkurven mit 45° Querneigung. Wobei sich das auch recht wackelig gestaltet mit dem Wind. Es waren dann eher 35-45° Turns, aber Urs war im grossen und ganzen zufrieden. Dem Wetter nicht so recht trauend entschliessen wir uns für den Rückweg um noch an meinen Landeskills zu feilen. Via Filzbach und Weesen kutschiere ich uns am Kerenzerberg vorbei in den Downwind 01. Und ganz ehrlich - meine Checks sitzen. Die Procedures mehrheitlich auch. So richtig geschliffen fühle ich mich nicht. Vielleicht hat Urs aber einfach zu viel Angst mich zu kritisieren bei diesem Wetter. Wobei das "Daumen hoch" von ihm heute schon drei, viermal gekommen ist (kuck unbedingt den Video ;-)). 
Aber jetzt in der Volte fängt das Schleifen an. Nicht unbedingt von Urs (okay, doch auch ein wenig. Aber es blieb im Rahmen.), sondern mehr vom Wind. Denn der schiebt den unaufmerksamen Bartli hinterlistig mal 100 Fuss nach oben, dann wieder 100 Fuss runter und dazwischen macht er sich einen Spass ihn auf Crosswind und Base herum zu schieben. Aber richtig nervig wird der Wind immer dann, wenn ich eigentlich die Piste anvisiere oder sie mit den Pneus streicheln will. Ich lerne etwas "neues": Glissade! Okay, ganz neu ist das nicht. Aber bislang war ich nur teilnahmsloses Tariergewicht wenn ich bei einer Glissade dabei war. Kurz für die Unwissenden, ein Glissade ist so quasi Driften in der Luft. Man lässt den Flügel "in den Wind" hängen, damit das Flugzeug möglichst weiter in einer geraden Linie fliegt (idealerweise deckungsgleich zur Piste). Das Problem, dass man dann unweigerlich eine Kurve fliegt, kompensiert man mit dem Seitenruder (Das senkrechte Flügel-Dings hinten am Flugzeug). Die Grafik rechts erklärt den Querruderteil noch ein bisschen bildlicher.

Nachdem ich ein paar Landungen hingezimmert habe, die - in Anbetracht der Umstände - wohl nicht totaler Mist waren, machen wir Feierabend. Das Debriefing fällt recht human aus und ich bin mit den Kritikpunkten von Urs einverstanden. Nächste Woche geht's bei hoffentlich besserem Wetter wieder weiter. Oh und hinsichtlich Theorie: Ich bin mit dem e-learning schon fast durch. Im Verlaufe des Monats werde ich dann sehr ziemlich sicher noch den obligatorischen Class Room Unterricht belegen oder wenigstens buchen (kommt wohl auf die Verfügbarkeiten des Lehrers an) und dann geht's wieder mal an Prüfungen...



Und einfach noch als "Supplement" und Tech-Demo - ein interaktives 360° Foto. Da kannst du reinklicken, herumziehen, herumzoomen und das Cockpit und seine Insassen von nahem bestaunen (klappt am Computer am Besten, mit Handy und Co "geht's".).
Und du kannst dir in etwa vorstellen, wie sich der Bartli unter dem gestrengen Blick seines Meisters im Downwind auf Piste 01 gefühlt hat. Okay, an meinem Blick erkennt man es auch schon so ein bisschen. Aber damit ich nicht beim nächsten Flug gleich zu Beginn eine Schelle kassiere: Ist ein schlecht gewählter Zeitpunkt für den Screenshot gewesen - wenn du den Video gekuckt hast, hast du ja gesehen wie entspannt es war :-)


April - Mai '21 - Fliegen. In Theorie.

Was soll ich sagen... Mit Fliegen war nix im Frühling. Entweder hatte Urs Ferien, ich keine Zeit oder uns fehlte schlicht und ergreifend ein Flugzeug. Denn obwohl's bei der Ecoflight im Moment vier Flugzeuge gäbe, wird's häufig eng. Zum einen hat ein Flugschüler eine Breezer ein bisschen zu nachdrücklich in Bern aufgesetzt. Die fällt wohl länger aus, weil da jetzt unter anderem die EASA (die Oberjehudibehörde in Europa was Fliegerei betrifft) auch noch einen Augenschein nehmen will. Aber vermutlich hat für die ein Sportgürkchen einer Flugschule im Vergleich zu den Problemen von Lufthansa und Co. eher eine geringere Priorität. Eine weitere Breezer säuft ein bisschen viel Öl und der Hersteller vermutet, dass da am Motor irgendwas nicht stimmen könnte. Dann steht noch eine Remos GX im Hangar, aber da ich bald mal alleine fliegen sollte, macht es wenig Sinn, wenn ich das auf einem Flieger übe, welchen ich bei der Prüfung vermutlich nicht verwenden werde. Also bleibt noch eine Breezer übrig. Und geschätzte 20 Flugschüler, die nach ihr lechzen. Die "Ausgelernten", die die Prüfung hinter sich haben und jetzt die Früchte Ihrer Arbeit ernten möchten gibt's ja auch noch. Alles in allem also ein Flaschenhals. 

Aber als findiger Flugschüler habe ich ja zig Optionen, wie ich mir meine freien Stunden vertreiben kann. Und da rollt ein grosses Thema natürlich unweigerlich näher: Die Theorieprüfung. Gelernt habe ich in den vergangenen Jahren unglaublich viel - und das will Vater Staat nun auch noch prüfen, bevor er einen weiteren Luftfahrer brevetiert. Die beiden dicken Ordner habe ich ja schon länger durchgelesen, dann habe ich mich auf die Funkerei fokussiert und im September '20 die Prüfung gemacht. Kurz darauf habe ich angefangen mit dem e-Learning. Das baut auf den Ordnern auf und stellt für jedes Kapitelchen ein paar Fragen bereit. Irgendwann im März war ich dann auch mit dem durch und meldete mich bei meiner Flugschule im Sinne von "Reicht's denn jetzt langsam? Kann ich da mal an diese Prüfung? Bitte?". Nein. Jetzt kommt eine Festigungsphase. Und wie immer in der Aviatik: Da hängt ein Preisschild dran.
Und zwar wird mir von verschiedenen Leuten empfohlen, eine App zu kaufen, mit welcher ich auf Tablet und Handy Fragen üben kann. Ich kaufe mir also diese App und gelobe "So gegen Mitte/Ende April werde ich dann aber damit durch sein.". Das findet der Theorie-Boss der Flugschule machbar und gibt mir dann auch gleich den nächsten Schritt bekannt: Class Room Training. Also ein Schultag mit einem Fachmann zum Thema Theorie im Theorielokal. 

Und damit du auch wieder mal etwas lernen kannst, habe ich natürlich ein paar Fragen aus dem Katalog kopiert. Hoffentlich kriege ich da vom Urheber nicht auf den Deckel...





Nun, wie soll ich sagen - nach 10'000 dieser Fragen hat man's irgendwann dann auch mal gesehen. Irgendwie kann ich einfach nicht alles wissen. Auch wenn's der Regierung scheinbar wichtig ist, dass ich z.B. weiss, wie ein Ballonfahrer seine Lizenz verlängern kann oder dass ich als Pilot im Schadensfall bis zu 113 100 Sonderziehungsrechte pro verletzten/getöteten Passagier blechen muss, wenn ich beweisen kann, dass ich nicht Schuld bin an der Misere. Ja. Ich musste den Satz jetzt auch mehrmals lesen, aber der stimmt so. Ich versuche einfach im Flug niemanden zu verletzen oder zu töten. Nicht mal weil ich ein Philanthrop bin, sondern weil ich nicht mal den aktuellen Umrechnungskurs meiner Strafe kenne. 

Ich bin also fertig mit den Quizkärtchen und bin nahezu allwissend. Also geht's jetzt wieder mal so richtig in die Schule. Der Herr Lehrer hat noch zwei Schüler, die nachsitzen müssen. Die haben eben nicht alle Prüfungen im ersten Rutsch bestanden - scheinbar passiert das aber den Meisten. Denn man muss insgesamt neun Fächer bestehen, welche man aber einzeln bis zu 3 mal wiederholen kann. Wichtig ist, dass man das alles innert 18 Monaten macht. Wer dann ein Fach vier mal versemmelt hat, der muss nochmal alle Prüfungen neu ablegen. 
Ich sitze also an einem Samstag um 08:30 in Netstal im Theorielokal. Bzw. mein Körper tut das, mein Geist ist noch irgendwo zwischen Jona und Netstal. Wer mich kennt der weiss, dass meine innere Uhr ein paar Stunden nachgeht. Und so kommt, was kommen muss: Ich erwische den Anschluss schon gar nicht erst bei den ersten drei Übungen. Dichtehöhe berechnen. Gewichtsverschiebungen. Weight and Balance Tabellen. Mein Geist steht auf der Kupplung und lässt das Hirn zwar heulen, aber bewegen tut es sich keinen Meter. Der Blick vom Lehrer verrät, dass er mir das ansieht. Die beiden Nachsitzer sind voll im Element und rechnen, zeichnen, schreiben - und ich ertappe mich bei der Rechnung, wie lange ich schon keinen Taschenrechner mehr in den Händen hatte (Berufsschule war's! 2006! 15 Jahre! Haha!). Grossartig. Hero of the sky. So wird's was, Bartli. Way to go...

Die erste Kaffeepause steht an, durchlüften. Und siehe da, mein Geist nährt sich an frischer Luft und gerösteten Bohnen und meldet dem Körper: "Bin da. Rocken wir den Laden!". Und dann geht's ab. Die nächsten Übungen schaffe ich gut, bin auf dem Level von den beiden die nachsitzen müssen. Immerhin. So gegen Mittag sind die Themen durch, die die beiden nochmals machen müssen und ich habe bei den entsprechenden Testprüfungen nicht schlecht abgeschnitten. Beide bestanden und das mit einem Schnitt, der höher ist als vom Bundesamt erwartet. Es passiert, was mir ständig passiert: Die Leute sind positiv überrascht von mir. Doch jetzt gibt's erst mal Mittagspause.

Nach dem Mittag bin nur noch ich mit dem Lehrer im Class Room. Die anderen beiden haben ihre Zeit abgesessen, nochmals ein paar Übungen gemacht und die Probeprüfungen wieder bestanden. Für mich geht's jetzt um die restlichen Themen. Da geht's z.B. darum, dass wir ein paar Stolpersteine besprechen, die offenbar vielen Piloten in spe vor die Füsse fallen. Danach habe ich Zeit um eigene Fragen zu stellen und zum Schluss kommen dann die Probeprüfungen der Themen. Machen wir's kurz: Alle bestanden, alle mit 80% oder mehr korrekten Antworten (das BAZL fordert 75%). Der Lehrer empfiehlt mich zur Prüfung und wir füllen das Formular zusammen aus. Anfang Juni ist also wieder mal D-Day.


14.05.21 - Den Pegel, pardon, das Level halten

Perfektes Wetter. Für ein paar Stunden wenigstens.

Es gab doch mal noch eine Chance, wieder mal in die Luft zu hüpfen. Ganz kurz. Und nach mehrmaligem umdisponieren, absagen, zusagen und verschieben. Urs ist ein gefragter Flight Instructor, ich ein vielbeschäftigter Head of Customer Care und das Wetter launisch wie eine Diva. Aber am Freitag Mittag gab's kurz ein Fenster, damit ich nach mehr als zwei Monaten nochmals unter Beweis stellen konnte, dass ich's immer noch einigermassen drauf habe. Neues angeschaut haben wir nicht wirklich, aber ich konnte weiter an den Standard-Übungen feilen (steigen, sinken, Langsamflug, Kurven, Steilkurven und Landungen). Und ich konnte nochmals versuchen den Intercom-Sound aufzuzeichnen (Spoiler Alert: Hat nicht geklappt.). Über der Linthebene führe ich also aus, was mein Meister mir befiehlt. Eine 8 fliegen, Vollkreise mit 45° Querlagen, Umkehrkurven während Steig- und Sinkflug und den Langsamflug. Einiges klappt perfekt, anderes hat noch Potential nach oben. Absolut versemmelt habe ich aber nichts. Und so entscheiden wir uns, noch ein paar Landungen zu machen. Zurück in den Zigerschlitz also. Den Anflug kürzen wir ein bisschen ab, um nicht einen Gleitschirmler aufzugabeln. Auf die Frage, wie denn ein Gleitschirm auf englisch heisse (weil "Parachute Jumper" ja nicht der richtige Ausdruck ist, wenn die nicht aus einem Flieger fallen), einigen wir uns auf "Glide Umbreller" geeinigt. Das Internet nennt sie zwar "Para Glider", aber ich finde meine Variante besser.

Downwind, Final, Touch and Go - Zwei mal mit Flaps, zwei mal ohne Flaps und schon ist der Nachmittag gelaufen. Der nächste Abnehmer für Zulu Charlie wartet schon. Kritik gab's nur zu einer Steilkurve, da bin ich zu weit abgesunken und beim Ausschweben in der Landung rüttle ich gelegentlich zu brüsk am Knüppel. Aber alles in allem haben sich alle Beteiligten nach dem Flug im Guten verabschiedet. 





25.05.21 - Die Tech-Offensive

Heute gab's perfektes Wetter. Eigentlich genau das richtige Wetter um nochmals die GoPro hervorzukramen für den letzten Versuch, das Intercom dennoch endlich in einen Video zu bringen. Und was soll ich sagen - diesmal hat's geklappt. Ist zwar die "Holzhammer"-Methode aber hey, das Ergebnis zählt. Um jetzt nicht all zu fest vom  eigentlichen Blogthema abzukommen schiebe ich den "Multimedia-Einschub" an den Schluss. Wenn du keinen Bock drauf hast, kannst du ihn also einfach ignorieren :-)
Viel zu berichten gibt's aber eh nicht über den heutigen Tag. Ich übe primär wieder Landungen, welche zu Beginn nicht gaaaanz so fein sind (drum sind keine im Video nachher zu sehen). Nach den ersten paar Landungen haben wir beide Durst, denn die Sonne brennt uns recht auf den Totz. Darum entschliessen wir uns für einen "Full Stop" und da das Aviatico irgendwie nicht offen hat (Aussengastronomie wäre ja erlaubt...) begnüge ich mich halt mit dem Wasserhahn auf dem WC (weil ich zwar an die GoPros, nicht aber an meine Wasserflasche gedacht habe). Wir sind wieder aufgetankt, ich montiere die GoPros ab, da deren Strom vermutlich eh bald alle ist und ich zu faul bin die Reserve-Akkus im Briefingraum zu holen und wir starten zum zweiten Flug des Tages. Mann... Hätte ich die Kameras doch einfach dort eingeschaltet gehabt. Wär spannender gewesen für euch... Ich habe nämlich zwei Notlandungen geübt und die "normalen" Landungen haben auch um Welten besser geklappt.


Fliegen kann ich besser als Zeichnen. Das heisst aber auch noch nicht viel.

Hach... Notlandungen... Die sind schon cooler als die normalen Landungen. So cool, dass ich mich inspiriert fühlte eine Grafik im guten alten MS Paint zu basteln, damit du den nachfolgenden Schilderungen einfacher folgen kannst. Vor der zweiten Notlandung steigt mir nämlich der Motor im "beinahe dümmsten Moment" aus. Nämlich kurz nachdem ich den Crosswind (wir erinnern uns: Nach dem Start gibt's eine Linkskurve in den Crosswind, danach wieder eine Linkskurve in den Downwind usw.) verlassen habe. Ich hänge also irgendwo unter 2500 Fuss (knapp 300m über dem Platz, aber seitlich versetzt) und muss zügig landen...
Das Training greift: Zuerst die "Best Glide Speed" einnehmen, also die Geschwindigkeit mit welcher man im Gleitflug die grösste Distanz schafft. Beim Breezer sind das 59Knoten (110Km/h). Fliege ich schneller, sinke ich zu schnell. Fliege ich langsamer, komm ich nicht mehr vom Fleck. Sobald ich diese Geschwindigkeit im Griff habe (viel Zeit bleibt da nicht, ein paar Sekunden müssen reichen) muss ich meinen Anflug planen. Weiter nach hinten wie auf einer normalen Volte reicht's nie und nimmer. Ich könnte zwar versuchen in der Badi das Kinderbecken zu erwischen - würd grad in etwa reichen. Aber ich entscheide mich dann doch eher für die Piste. Nur welche soll's denn sein? Gestartet bin ich in Richtung Norden, jetzt fliege ich in Richtung Süden. Da würde es ja nahe liegen, dass ich einfach in die Gegenrichtung - also in südlicher Richtung - lande. Theoretisch ja. Praktisch ist der Wind aber noch ein Faktor und der ist heute nicht ganz ohne... Ich habe ja noch ein paar Sekunden Zeit zur Entscheidung, denn mittlerweile baue ich doch wacker Höhe ab, sodass ich mich zunächst entscheide in einem spitzen Winkel zur Piste zu fliegen um Distanz abzubauen. Damit habe ich mich dann eigentlich auch schon entschieden: Piste 01 wird's werden, denn im Moment ziele ich auf den Segelflughangar und der liegt im südlichen Teil. Ganz so klar scheint das nicht zu sein, denn Urs fragt "Weli nimmsch? 01?". Ich bestätige seine Vermutung und lege schon mal den Finger auf den Schalter für die Landeklappen. Doch schon mahnt Urs "Pass auf, in der Kurve sinkst du dann noch schneller und da hat's noch ein Wäldchen zwischen uns und der Piste.". Stimmt, Auftrieb nimmt ja ab in der Kurve. Also noch keine Landeklappen, sondern erst mal ausrichten auf die Pistenachse. So, jetzt "stehe" ich richtig über der Piste und fahr die Klappen aus. Es geht runter wie im Fahrstuhl und schon setze ich in der zweiten Pistenhälfte auf. Urs lobt die Entscheidung und die Landung. Ich interpretiere das als "Noch einen sernigen!" und gebe Schub - was Urs dann aber lachend unterbricht. Den Start hätte ich wohl schon geschafft, aber die Anwohner nördlich der Piste hätten dann die Köpfe eingezogen und sofort böse Briefe geschrieben. Und weil ich ja meist ein friedliebender Zeitgenosse bin, will ich das nicht unbedingt. Also Backtrack auf der Piste und nochmals eine richtige Volte zum Abschluss, bevor dann wirklich Feierabend ist. Ist auch schon 18.00 Uhr durch - der Sommer bringt wieder Licht in's Glarnerland sodass man nicht schon um 17:00 nichts mehr sieht :-)


Und jetzt hier - zwar halt eben mit dem "langweiligen" Teil - noch das Video. Hab's aber dafür liebevoll mit einem Regiekommentar hinterlegt (an dessen Tonqualität ich aber noch feilen muss). Eine gute Gelegenheit um wieder mal deine Meinung abzuholen - schliesslich versteht sich mein Blog als ein Bollwerk der Demokratie und will durchaus auch Meinungen der Leser einfordern. Wenn sie denn mir genehm sind. Also: Zuerst ein paar Minuten in den Video investieren und dann drunter kommentieren. Oder, wer keinen Youtube-Account hat, einfach an der Umfrage weiter unten hier im Blog teilnehmen. Oder macht's halt nicht, ich bin nicht euer Mami...


Thema "Regiekommentare" - Ihre werte Meinung dazu, bitte.

  Haha, nein. Hör auf. Bitte!   Mehr Witz! Weniger Blabla zu Fliegen, Technik usw.   Weniger Blödsinn! Mehr zur Technik, Flugtaktik usw.   Unbedingt genau so beibehalten. Schweigen ist Silber!



Und hier noch der Teil darüber, wie das denn jetzt aussieht mit der ganzen Aufnahmetechnik und der Bearbeitung:

Also, die Hero 9 ist via dem PA-80S Kabel mit dem Intercom und dem Headset verbunden und zeichnet den Funk und die Onboard-Sprache auf. Der parallel dazu aufgezeichnete Video (überall die niedrigsten Settings wählen um den Akku zu schonen) wird später nicht verwendet. Die Kamera kann also irgendwo liegen. Theoretisch kann man natürlich damit auch einen speziellen Bereich filmen. Aber im Verbund mit der Max ist das hinfällig - die filmt überall gleichzeitig hin.
Die Max filmt und zeichnet den "normalen" Umgebungssound (alles was nicht über's aktive Intercom gesprochen wird, also primär das Dröhnen vom Propeller oder den Smalltalk bevor das Intercom aktiviert oder nachdem es ausgeschaltet wird) auf. Das Hauptproblem dabei ist, dass der Video nicht synchron läuft mit dem Sound. Ausser ich schalte beide Kameras exakt gleichzeitig ein. Aber wenn du schon mal in so einem Fliegerchen gesessen hast weist du ja, dass die Bewegungsfreiheit nicht so das gelbe vom Ei ist. Und der Bartli ist halt auch nicht gerade platzsparend gebaut. Und Kunstturner ist er auch nicht.
Weiter zum Thema "Nachbearbeitung". So nen richtig schlauen Workflow habe ich noch nicht gefunden. Aber hier mal wie's bis jetzt funktioniert: Zuerst mal den Video von der Max anpassen (Kamerafahrten und Blickwinkel). Dazu reicht der "GoPro Player" vom Hersteller völlig aus. Den kompletten Video anpassen, also ohne irgendwas jetzt schon raus zu schneiden - auch wenn 80% danach eh wieder rausfliegen. Dabei drauf achten, dass man den Moment von "Avioncs Master ON" mit Sicht auf die restlichen Schalter sieht. Warum? Komme ich später drauf zurück.
Danach Video und Sound von der Hero 9 in die Editor Software importieren. Ich verwende da übrigens "Movavi Video Editor Plus", kostet nicht alle Welt (glaub nicht mal 100.-) und vorallem: Kein Abo! Der Support ist übrigens auch gut, der Bartli hat mal die Lizenznummer verhühnert und brauchte sie nach einem Upgrade seiner PC-Hardware ganz dringend. Die Ostblock-Olga konnte aber super schnell und unkompliziert auch mitten in der Nacht helfen. Nachdem also alles von der Hero 9 im Editor ist, lösche ich grad direkt die Videospur. Da kommt jetzt die Videospur der Max drauf. Die Soundspur davon brauchen wir aber auch - denn die bringt ja das Gesülze von vor "Avioncs Master ON" und nach "Avionics Master OFF" mit. Und das beruhigende Brummen vom Rotax 912 auch. Ist natürlich Geschmacksache, ob man das ständig im Hintergrund haben will oder ob man davon nur Teile rausschneidet und das "Grundrauschen" der Musik überlässt. Damit wäre schon mal alles angerichtet was man braucht. Und jetzt fängt das mühsame an: Die Suche nach der Synchronität. Am einfachsten wär's, wenn man kurz nachdem man die Avionik, also das Intercom, eingeschaltet hat mal laut in die Hände klatscht und irgendwas ruft. Das sieht man auf dem Video und hört man auf der Intercom Spur. Aber das mache ich dann, wenn ich alleine im Flieger bin - Urs würde sonst nen Herzkasper kriegen fürchte ich. Bleibt also nix anderes übrig, als die Checks auf dem Bild zu verfolgen und dann den Punkt auf der Tonspur dazu zu finden. Aha! Darum also diese Sequenz unbedingt bei der Blickwinkelauswahl mit einbeziehen. 
So, damit wäre nun alles an seinem Platz. Jetzt kann rausgeschnitten werden, was nicht im Video sein soll. Und zwar immer genau soviel Bild wie Intercom Sound, so verschiebt sich dann die Synchronität auch im späteren Verlauf des Videos nicht. Der Rest ist dann wie gehabt. Irgendwelche Musik reinpfeffern (Im Moment reicht mir noch die kostenlose Audiothek vom Youtube-Editor. Aber natürlich kann man sich auch in eine Audiothek einkaufen, für welche Berufsmusiker eigens Material komponieren. Da gibt's diverse Anbieter und Modelle. Von 10.- Lizenzgebühren für einzelne Tracks bis zu Abos im dreistelligen Bereich). 
Und wenn's das Publikum wünscht kann man dann auch noch eigene Kommentare reinzwiebeln. Ich nutze im Moment ein Gaming Headset und die Open Source Software "Audacity" dazu. Letztere scheint recht umfangreich zu sein, auch wenn ich bislang einfach nur auf den Aufnahmeknopf drücke und nix an den Equalizern mache. Muss ich aber zwangsläufig, wenn mein Publikum diesen Zusatz gut findet ;-)
Gut - das wär's gewesen mit dem Ausflug in die Multimedia Section. Warum ich das aufgeschrieben habe? Primär weil ich es selbst wieder vergessen habe in einem Monat und so einen Notizzettel habe. Und weil ich im Internet nirgends eine schlaue Anleitung gefunden habe, hilft's ja vielleicht einem anderen Piloten mal noch. 


01.06.21 Ein Ausflug nach ZUE VOR

"Mal ufe, mal abe, mal links mal rääächts, mal füre, mal..."

Heute gab's einen nachträglichen "Geburtstagsflug". Wobei, geschenkt wurde mir nix. Heute stand nämlich nochmals ein Refresher zu VOR auf dem Programm. Und weil ja jetzt Sommer ist (zumindest gibt's zwischen den tagelangen Regenfällen immer wieder sonnige Tage), müssen wir nicht mehr kurz nach Mittag abdüsen. Entsprechend geht bei mir weniger Arbeitszeit drauf, was mich freut. Nochmals für dich zur Erinnerung; VOR ist eine Antenne am Boden, welche ein Pilot anpeilen kann. Je nachdem aus welcher Richtung er kommt, wird ihm ein anderer Kurs angezeigt. Kommt er z.B. aus Süden, dann "sagt" ihm das VOR "Du bist auf meiner 180° Linie." und der Pilot kann sich in etwa vorstellen, wo er im Raum denn gerade ist. Im Zeitalter von GPS ist das Ganze recht belanglos und auch im dicht besiedelten Raum der Schweiz kann man sich gut mit einer gedruckten Karte orientieren. Entsprechend werden die Dinger konstant abgerissen, in der Schweiz verschwinden in den kommenden Jahren auch ein paar davon (hab ich irgendwo gelesen, k.A. ob's stimmt). Gelehrt wird's trotzdem, weil... keine Ahnung. Wird halt schon seit Jahren gelehrt und ich muss da jetzt auch noch durch. Vielleicht finde ich mich irgendwann mal über der Savanne oder der russischen Taiga wieder und bin froh drum. Heute werde ich mich aber der Region Frauenfeld/Bodensee begnügen, denn dort steht das VOR "ZUE", Zurich East. Bei schönstem Spätfrühlingswetter zuckeln wir das Tösstal hinauf und zielen (mit GPS und selbst ausgemessenem Kurs auf der Landkarte) Sirnach an. Dort peile ich die Station an und fliege direkt drauf zu. Wir schwirren ein paar mal um die Antenne, interceptieren vorgeplante Kurse, machen Rechenfehler und kurven noch mehr. Wie das aussieht, siehst du auf dem Screenshot links.

Als wir genug haben, geht's wieder in Richtung Heimat. Urs befiehlt den Rückweg über den Ricken, ich peile ihn zwar mal an, aber während dem Geplapper entscheide ich mich unterbewusst für den gleichen Rückweg wie wir gekommen sind. Das merken wir beide irgendwo nahe Turbenthal und dann ist's dann irgendwie auch nicht mehr nötig, jetzt noch eine Haken zu schlagen. Hätte der Ricken doch nur ein VOR, welches ich hätte anpeilen können... ;-) 

Zurück in der Volte in Mollis kommt Urs noch eine Idee, wir könnten mal schauen ob wir mit dem Autopilot eine Landung machen können. Die Zeit reicht aber nicht mehr zur Konfiguration, genug hoch bin ich auch schon nicht mehr. Aber für einen "normalen" Anfug bin ich dann doch zu hoch - also muss eine Glissade her, damit der Widerstand erhöht wird und wir schneller nach unten kommen. Geflogen hat sie zwar Urs, aber das nächste mal will ich's auch mal versuchen. Scheint nämlich Spass zu machen! So, jetzt ist aber fertig. Ich muss lernen, denn nächste Woche ist Theorieprüfung...


07.06.21 "...und Kopf einziehen beim schiffen."

Der Wecker schellt mich zu unsäglichen Zeiten aus den Federn. 07:00! 07:01! 07:03! Richtig, Bartli ist am Morgen schwer aus der Mulde zu scheuchen und entsprechend hat er sich drei Wecker gestellt. Hat geklappt, denn eigentlich lag ich schon seit einer halben Stunde wach als der Wecker dann den Startschuss gab. Fertigmachen, einpacken, einen Espresso in die Sakristei orgeln und ab in's Auto nach Illnau. In Ilnau hat das BAZL sich wohl temporär in einer alten Scheune aus dem frühen 19. Jahrhundert eingenistet, welche liebevoll zu einem Mehrzweck-Event-Irgendwas umgebaut wurde. Auf dem Weg zeigt das Wetter, dass es Sinn für Tradition hat und lässt die saisongerechten Unmengen Wasser ab. So gurke ich also von Sturzbach zu Sonnenschein zu Schauer und wieder in den Sonneschein. In Illnau hört es dann zum Glück genau so lange auf, dass ich zum Parkhaus navigieren und in's "Hotzehuus" watscheln kann. Dort angekommen platze ich vom Haupteingang direkt in die laufenden Prüfungen hinein. Mucksmäuschenstill setze ich mich auf den erstbesten freien Platz und warte auf den Prüfer, der gerade an einem anderen Tisch den Ablauf erklärt. Ich richte mich schon mal gemütlich ein und bin überrascht, wie gut ausgerüstet das BAZL ist. Die Prüfungen werden mit Tablets abgenommen und die Geräte sehen nicht aus wie aus 2001... Der Prüfer trabt an, ich weise mich aus und bekomme meine Login Daten. Eine kurze Erklärung, dass der Beck um die Ecke sei und das WC gleich nebenan. "Es ist halt ein altes Haus und entsprechend niedrig sind die Räume, also aufpassen und Kopf einziehen beim schiffen... " und schon weibelt der Prüfer weiter zum nächsten Tisch. 
Und dann geht's direkt los, kein Startschuss oder irgendwas - ab dem Zeitpunkt wo ich die erste Prüfung in Angriff nehme läuft die Zeit. Ich fange an mit "Air Law" und kämpfe mich in einem Schranz durch bis zu "Communication". Keine Kaffee- und  Gipfelipause, ich hab Scheuklappen auf und den Feststoffbooster im Kopf gezündet. Die Hälfte der Fragen kommen mir zwar aus dem Training bekannt vor, aber das BAZL hat eine Heidenfreude daran, hinterlistige kleine Anpassungen daran vorzunehmen. Wird z.B. im Training die ganze Zeit nach der Bedeutung von einem gelben X auf der Piste gefragt, so fragt man an der Prüfung was zwei rote oder weisse X bedeuten. Oder wer das allerletzte Wort im Falle einer Landung hat - im Training ist immer der Kommandant die Antwort - aber an der Prüfung ist der Kommandant keine mögliche Antwort... Also gemischte Gefühle während der Prüfung. Immer wenn ich eine Antwort gewusst habe, haut mich die nächste so weit weg, dass ich den Erfolg des Ganzen in Frage stelle. Und das über die Dauer von knapp drei Stunden, das zerrt an den Nerven. Am Schluss steht die Erkenntnis, dass ich die Hälfte der Fragen sicher oder eher sicher richtig beantwortet habe und bei der anderen Hälfte zumindest eine 25%ige Chance besteht, dass ich richtig getippt habe (denn jede Frage hat vier mögliche Antworten). Okay, manchmal riecht man der Frage schon an, dass sie einem auf die falsche Fährte locken will und dann steigt die Wahrscheinlichkeit auf 33% oder gar 50%. Nachdem ich die letzte Frage beantwortet bzw. die letzte Prüfung abgeschlossen habe stehe ich erst mal auf und mach eine WC-Pause. Und es stimmt wirklich - das Haus ist für Leute aus 1804 gebaut. Nicht für lange Lulatsche wie mich. Aber das Gefühl kenne ich ja von +/- allem in der Aviatik... Nach der kurzen Pause geht's dann an die Abschlussbeurteilung vom Prüfer. Ich signalisiere ihm, so wie's ein Marshaller auch machen würde, dass ich fertig bin. "Wednesday, Schatz, zeigst du dem Leser bitte rasch wie das aussieht? Danke!". 

Wednesday demonstriert das "Cut engine"-Zeichen.

Ich werde nach vorne gewunken, der gute Herr fragt mich "Und? Wie ist es gelaufen? Alles gut?". Ich bin ein wenig perplex, denn er sieht's ja gleich selbst auf dem Ausdruck, der aus dem Drucker rattert. Ich zucke mit den Schultern und zeige auf seinen Ausdruck und meine "Sagen Sie's mir...". "Zwei Böcke hat's drin, der Rest passt. Sag Rico, er soll dich nochmals anmelden.". Klar und deutlich. Sieben von neun Fächern bestanden, zwei versemmelt. Irgendwie bin ich angesäuert und irgendwie doch happy.
Mal sehen, wo ich gepatzt habe. Oha, Meteo?! Das Fach hat mich immer am meisten interessiert und da habe ich freiwillig noch Folgeliteratur angeschaut... Hmpf. Und das zweite? "Principles of Flight". Das Physik-Fach. Das komplizierte aber todlangweilige. Ja gut, das wundert mich jetzt nicht gross. Ich darf mir meine Fehler als Ausdruck fünf Minuten lang ansehen, aber viel bleibt nicht hängen. Körper und Geist sind gerade damit beschäftigt zu entscheiden, ob sie einen Wutanfall oder ein Tränchen der Erleichterung produzieren sollen. Bevor sie sich entscheiden können, unterbricht uns der Prüfer. Ein fordernder Blick und ich gebe ihm meine Fehlerliste zurück. Der Event ist gelaufen, der Drops gelutscht. Ich stehe auf und verzieh mich, ab in's Auto und nach Hause. Die Unsicherheit hinsichtlich "Soll ich mich nerven oder freuen?" bleibt auch noch am Tag danach. Bis ich mich entschieden habe gehe ich halt wieder lernen. "Yeah, nur noch zwei Fächer! Verdammte Sch&ç%!, schon wieder lernen...".






15.06.21

Theoretisch wäre ich langsam ready für meinen ersten Solo Flug. Entsprechend habe ich mittlerweile zwei Routen geplant, welche jeweils 45-60 Minuten dauern würden und mich entweder um den Säntis führen würden oder - meine favorisierte Variante - via Einsiedeln, Schwyz, Schächental, Klausen und über's Klöntal raus. Aber dafür muss ich zuerst die Landeherausforderungen von meinem Fluglehrer bestehen. Die sind zwar relativ hoch, aber wenn ich den zufriedenstellen kann, kann ich danach auch prüfungsfrei eine F/A-18 vom Bund mieten. Habe ich zumindest manchmal das Gefühl. Nein, Spass beiseite. Ich bin grundsätzlich leicht zufrieden zu stellen und entsprechend finde ich meine Landungen eigentlich schon seit ein paar Wochen sehr gut. Vergleichswerte habe ich keine, weshalb ich mich gerne auf die Einschätzungen meines Fluglehrers verlasse. Also geht's heute los mit 5 Landungen. 

Das Wetter meint's nicht gut mit mir, nebst knapp 30°C ist der Wind "bockig". Nur 10, 20 Meter über dem Boden rüttelt, zieht und drückt der Wind gnadenlos gegen Zulu Charlie und seine/ihre beiden Passagiere. Die "saubere" Platzrunde wird zur Herausforderung, derer ich mich aber gerne stelle. Wie schon in den vorherigen Berichten ab und an erwähnt, freue ich mich wenn mal etwas Neues passiert. Und soviel böiger Wind für's Landetraining ist definitiv neu für mich. Auch wenn ich schon seit ner Ewigkeit Flugschüler bin. Ich ringe dem Wind also fünf Landungen ab, so richtig gut waren sie aber nicht. Beim Taxi zurück zum Hangar fragt mich dann Urs mit einem nicht so ganz überzeugten Unterton "Was meinsch...?".
Für mich war's da klar, ich komme heute nicht weit. "Ich will Landungen üben, die Böen nutze ich grad mal aus.". Ich war auch tatsächlich ziemlich überzeugt von meiner Aussage. Ein bisschen Anschiss war natürlich dabei, aber mit dem ersten Soloflug ist es wie mit einem Furz. Erzwingt man ihn, wird's Kacke. Also machen wir eine Trinkpause, besprechen kurz worauf bei Böen zu achten ist und spendieren Zulu Charlie auch noch einen Schluck Treibstoff. Es geht wieder los, diesmal mit dem ganzen Kamerakrempel. Ich will mich selbst auch mal "debriefen" können und schauen, wie schnell und gut ich denn auf den Wind reagiere. Ausserdem hoffe ich, dass ich mal wahnsinnig gefährliche Situationen und verwegene Rettungen von mir wegen dem Wind einfange, mit welchen ich dann rumprahlen kann. Aber wie das Leben so spielt, es passiert nichts weltbewegendes wenn die Kamera an ist. Ich hab trotzdem ein Filmchen zusammengeschnippelt, aber keine Angst - dauert nur vier Minuten. Nicht zuletzt, weil die Kamera die Hitze im Glascockpit nicht allzu gut verträgt und sich daher irgendwann einfach mal selbst abschaltet.

Die Idee mit dem Regiekommentar in den Clips habe ich übrigens verworfen. Zum einen weil's Aufwand ist, zum anderen weil die Umfrage niemand beantwortet hat. Liegt aber vielleicht auch daran, dass mittlerweile fast niemand mehr diesen Blog liest. Gut, er ist in den letzten Kapiteln halt auch langatmig geworden, weil ich quasi immer das gleiche mache. Mi scusi. Na egal, ist ja primär als Tagebuch für mich selbst geschrieben welches ich dann wehmütig lesen kann wenn ich senil und bettlägerig bin und die Beizen wegen Covid-74 wieder mal geschlossen sind. 



02.07.21 - First Solo

Eigentlich überspringe ich hier schon wieder einen Flug - am 30.06. war ich auch noch fliegen. Aber weil das Wetter da recht mässig war, habe ich nur ein paar Landungen geübt. Und da das nicht wahnsinnig spannend zu beschreiben ist, belasse ich's mit diesem Hinweis. 
Aber heute, an einem schön sommerlichen Freitag, war's soweit: Der erste Soloflug stand an. Den ganzen Vormittag über prüfte ich  immer wieder Webcams auf beiden der geplanten Routen (Variante 1: LSZM - Siebnen - Einsiedeln - Altdorf - Klausen - Richisau - LSZM, Variante 2: LSZM - Walenstadt - Sargans - Buchs - Appenzell - Urnäsch - Ricken - LSZM). Da Variante 1 mich nahe an den Alpenhauptkamm bringt, ist sie um einiges anfälliger für Wetterkapriolen. Und so sah's dann auch auf den Webcams aus. Viel Wolken auf Höhen, die ich dann haben müsste. Und bei Variante 2 hab ich mich zunächst auf eine 360°-Kamera auf dem Säntis verlassen. Die hätte eigentlich meine gesamte Route abgedeckt. Dumm nur, dass der Spitz vom Säntis den gesamten Vormittag über eine Nebelkappe auf hatte. Aber nachdem ich im Büro in Rappi in Richtung Säntis gekuckt habe und keinen Nebel sah, prüfte ich noch ein paar andere Kameras und die zeigten alle schönstes Wetter. Ich bereitete mich also darauf vor, dass es Variante 2 werden würde. 
In Mollis war dann schon einiges los, fast alles was Rang und Namen hatte bei Ecoflight tigerte herum. "Ein bisschen viel Tamtam nur für mich..." dachte ich. Aber die waren natürlich nicht wegen mir dort, sondern weil sie ein neues Flugzeug anschauen wollten. Bevor dieses ankam, knallte ich noch zwei Landungen hin um Urs zu beweisen, dass ich ready bin. Und die Landungen bewiesen, dass ich ready war. Also gab mir Urs seinen Segen in Form einer schriftlichen Solo-Flugberechtigung und jagte mich aus dem Hangar. Hotel Zulu Delta war schon warmgelaufen von meinen zwei Landungen und ich war heiss auf meinen ersten Flug ohne "Wingman". Ein bisschen mehr Druck als üblich war schon da, weil mich da ein paar Augen mehr beobachteten als sonst. Aber alles klappte wie am Schnürchen, ich taxle hoch zum Holding Point 01 und ruckzuck bin ich schon im Steigflug im Sector North.
Über dem Walensee kommt das erste mal das Gefühl von Freiheit auf. Alle Checks gemacht, die Reiseflughöhe stimmt - niemand erklärt etwas, keine Aufgaben zu bewältigen. Einfach mal den Moment geniessen. Kurz nach Walenstadt dann das erste Ereignis: Ein Super Puma oder Cougar der Armee kommt mir auf "meiner" Talseite entgegen. Okay, ein bisschen versetzt war er schon, aber für mich reichte es die Faust zu ballen und sie drohend zu schütteln.  Danach steht ein Steigflug an und ich biege in's Rheintal ab. Ein kurzer Blick auf die Karte, wie's denn hier mit den Landesgrenzen so aussieht wird von einer Böe unterbrochen. Gut, kucke ich halt wieder nach vorne. Ist ja eh nur das Fürstentum nebenan und das ist ja so quasi ein Vasallenstaat von uns. Ich peile Buchs an und da sehe ich den Säntis. Nicht mehr komplett eingenebelt, aber schon noch bewölkt.
Um aus dem Rheintal raus zu kommen überquere ich die Bergkette kurz vor dem "Hoher Kasten". Schnell ein paar Fotos vom Säntis schiessen, einen Bogen um ein paar Gleitschirme fliegen und schon liegt Appenzell vor mir. Ein Segelflieger fliegt scheinbar eine ähnliche Route wie ich, nur um einiges tiefer. Ich entschliesse mich von meinem Extra-Fuel Gebrauch zu machen und fliege eine Kreis über Appenzell. Da war ich noch nie und von oben habe ich es erst recht noch nie gesehen. Ausserdem habe ich so ein bisschen mehr Abstand zwischen mir und dem Segelflieger, den ich nach meinem "Orbit" besser im Blick habe. Er bleibt aber auf dieser Höhe und ist langsamer unterwegs als ich. Ich ziehe über ihn hinweg und beginne meinen Sinkflug etwas später als geplant, nämlich über Urnäsch. Ich merke mir, dass Orte deren Namen man als (Süd-)Ostschweizer zwar immer wieder hört und/oder liest nicht zwingend gut erkennbar sind von oben. Aber da ich sechs Sägemehlringe sehe, sage ich mir, dass das wahrscheinlich schon Urnäsch sein wird. Das GPS und mein Steuerkurs unterstützen diese Theorie. Während ich das hier schreibe, google ich kurz und tatsächlich: am 03.07. war das "Kantonale Nachwuchsschwingfest 2021" in Urnäsch.
Auf dem Weg zum Ricken fische ich nochmals meine Karte hervor, denn dort wird's - je nach Höhe - nochmals kritisch, denn die Ein-/Ausflugschneise von Dübendorf befindet sich dort. Aber wenn ich nicht zu hoch bin und mich links halte, begehe ich keine Luftraumverletzung. Und wie fordert die "Aero Revue" immer so stoisch? "Keine Luftraumverletzungen durch GA!". Die GA ist übrigens die "General Aviation", also alles was nicht beruflich fliegt. Über dem Ricken fällt mir dann das erste mal so richtig bewusst auf, dass man von hier das Glarnerland und Rapperswil gleichzeitig sieht. Das muss die Steuern ja brutal in die Höhe treiben. Das erklärt auch, warum die dort immer so mies drauf sind. Wobei ich mit dem Völkchen dort eigentlich nur immer im Militär zu tun hatte. Vielleicht hatten die einfach alle auch keinen Bock auf diese unmotivierten Vierfrüchtler. Dann stünden die Chancen ja schon mal gut, dass ich mit denen doch noch auskäme? Hey, wer weiss... Vielleicht ziehe ich auf den Ricken, kauf mir einen alten Hof mit ein paar Birnbäumen und werde Hochstammbrenner? "Bartli's bäumiger Birnenbrand", ich seh schon die Etikette! 
Langsam wird's wieder mal Zeit für einen Check, diesmal der "Descent Check". Den kann ich mittlerweile aus dem Effeff. Der Escher-Kanal kommt in Sichtweite und schon bin ich wieder im Sector North. Ab hier ist's nur noch reine Makulatur, Landungen kann ich ja mittlerweile. Denkste. Ich muss meinen Anflug abkürzen, weil Gleitschirme meine geplante Route schon in Beschlag genommen haben. Das macht's wieder ein bisschen komplizierter und ich sehe den Windsack nicht richtig. Aber Zulu Delta zeigt mir im Display auch die Windrichtung an. Zwar nur die auf der aktuellen Höhe, nicht am Boden und auch die nicht sonderlich genau - aber besser als nichts. Ich rutsche in den Downwind für Runway 01 und prüfe nochmals den Windsack den ich jetzt sehe: Goldrichtig entschieden. Wobei, auch auf gut Glück ist man mit Runway 01 meist gut beraten - ausser bei Föhn. Die Höhe stimmt, Speed auch: Landeklappen raus und auf in den Landeanflug. Der ist stabil, und so setze ich ein Muggensäckli zu weit hinten auf. Um dasselbe Muggensäckli zu hart war dann auch die Landung. Aber vielleicht bin ich mittlerweile einfach schon so kritisch mit mir selbst wie Urs es ist? Wohl eher nicht hahaha. Um die Bremsen nicht zu sehr zu strapazieren, verpasse ich absichtlich meine Ausfahrt, drehe einen Halbkreis und manövriere auf den Apron vor dem Hangar. Dort angekommen steht immer noch die "Führungsriege" von Ecoflight auf dem Vorplatz. Langsam denke ich, dass die einfach von Urs aufgeboten wurden um Augenzeugenberichte für die Versicherung abgeben zu können.
Motor aus, Canopy auf - durchatmen. "Alles gefunden?" fragt Urs, der sich natürlich sofort zu seinem Schützling aufgemacht hatte. "Fast alles. Über Appenzell hab ich noch eine Kurve mehr gemacht.". Der Meister goutiert den Schlenker wohlwollend und geht gleich zur Folgefrage über. "Bist du fit? Oder müde?" "Beides... Warum?". Urs braucht ein Air-Taxi nach Bad Ragaz um einen weiteren Breezer für die Flugschule abzuholen. Er könne aber auch die zahlreich vorhandenen Herren nebenan fragen. Ich hab's eigentlich hinter mir für heute, die Gehirnkapazität dümpelt kurz vor dem kritischen Bereich. Ich biete Urs an, dass ich den Chauffeur mache, wenn denn keiner von den herumstehenden anderen mit dem Auto eh noch in diese Richtung fahren würde. Zum Glück fährt einer in diese Richtung und ich bin "erlöst". 
Da Urs jetzt los muss, gibt's kein Debriefing - er war ja eh nicht dabei. Ich verkrümele mich also in den Hangar, mache den Papierkram und noch die Katzenwäsche bei Zulu Delta. Weil sie heute so gutmütig war, knibbele ich extra viele Insekten weg (welche zum Teil zweifellos schon länger dran sind als erst seit heute...). Während ich mich auf zermatschte Beine, Rüssel und Flügel konzentriere, rutschen meine Mundwinkel auf zehn vor zwei weil ich langsam realisiere, was ich heute gemacht habe. Ein Flugzeug alleine eine knappe Stunde um einen Berg herumgeprügelt. Das kann nicht jeder von sich behaupten. Ich jetzt schon. Das Leben ist schön.


Das Rheintal hinunter. Oder hoch? Auf jeden Fall nordwärts.

Mein heutiges Tagesprogramm, gemäss flightradar24.com.

Der Säntis von Norden aus gesehen. Ich hab zwar 20 Fotos
aus allen Richtungen gemacht, aber das hier muss reichen.


Einen Video habe ich natürlich auch wieder gemacht. Dummerweise habe ich in der Hektik entweder mein Headset nicht eingeschaltet oder das Kabel der GoPro nicht eingesteckt. Auf jeden Fall hat's wieder mal keinen Intercom Sound gegeben. Ist vielleicht aber auch nicht mal soooo schlimm. Mindestens die Hälfte vom Gesagten hätte ich eh rausschneiden müssen, weil's sonst nur Beschwerden, Ermahnungen oder giftige Kommentare gehagelt hätte von allen Seiten. Und meine Singstimme... Naja, sagen wir mal ich bin nicht Bruce Dickinson und meine Interpretation von "Aces High" ist auf 7500 Fuss ideal aufgehoben. Und weil die Coiffeuse meines Vertrauens leider in den Sommerferien war, habe ich auch ein vom Headset geplättetes Vogelnest auf dem Kopf. Wenn du das alles ertragen kannst, voilà:






11.08.21 - Wieder mal "Hoi" sagen

Schon mehr als einen Monat nicht mehr in der Luft gewesen... Urs meinte, ich soll wieder mal vorbeikommen. Hätte ich selber schon früher gewollt, aber es war wieder mal ein SPHAIR-Kurs dazwischen und glaub's noch Ferien. Auf alle Fälle habe ich die Zeit genutzt um fleissig Theorie zu lernen. Und für die Prüfungen angemeldet hatte ich mich natürlich auch. Am 19.08 und am 27.08 ist es nun soweit, zuerst die 2 verbockten Theoriemodule und eine Woche danach dann der "Language Profiency Check". Beim LPC sagen bislang alle "Wenn du Englisch kannst, ist das easy. Musst nur bisschen mit den Leuten palavern.". Und wenn ich eins gut kann, dann palavern... Aber dazu später mehr. Erst gehe ich jetzt mal fliegen. Heute steht auf dem Menü "Simulated IMC, Spirals, Emergency Landings". Also wieder mal das, was eigentlich nicht passieren soll, wenn ich denn mal selbst durch die Schweiz fliege. Aber gut wenn man's doch übt.

Wir zischen also los in Richtung Walensee und Urs fängt an mit Quizfragen: "Wie heisst die Insel da unten?" "Schnittlauchinsel" "..." "..." "Stimmt...Wieso weisst du das?" "Ach, du weisst das doch auch nur, weil du meinen Blog gelesen hast.". Aber Urs wechselt die Fragenkategorie auf welcher er definitiv sattelfester ist als ich: "Wenn jetzt der Motor ausfällt, was machst du?". Und dann rattere ich los mit "Best Glide Speed einnehmen, Benzinhahn checken, Starter betätigen [...]" das meiste stimmt bzw. das meiste habe aufgezählt, der Meister ist zufrieden. Aber der simulierte Motorausfall hält an. "Wo landest du?". Links und rechts hat's nur steile Hänge und unter mir ist der Walensee. Das wird eine Notwasserung. Also möglichst nahe an's Ufer, idealerweise wo ein paar Leute zukucken und dann kurz vor dem Aufsetzen den Schirm rausschiessen. Wäre grundsätzlich richtig, aber da wir Rückenwind haben und genug hoch sind werden wir bis nach Walenstadt getragen und könnten dort trockenen Fusses auf einer Wieser landen. Machen wir aber nicht, sondern wir fliegen weiter in Richtung Bad Ragaz.

Über Bad Ragaz kommt die Fangfrage, wo ich hier runter würde. Felder hat's zwar einige "gute", aber auch einen Flugplatz - entsprechend würde ich den vorziehen. Richtig, denn dort hat's "Sachverständige", die auch eher mit einem Feuerlöscher als mit einem Handy im Fotomodus kämen. Und der Wartungsbetrieb vom Breezer wäre auch grad hier. Aus der Theorie wird Praxis, Urs fragt kurz auf der Platzfrequenz ob wir eine Notlandung üben dürfen. Wir dürfen und bei mir schiesst der Puls in die Höhe. Mein Kopf rotiert wie bei einer Eule, denn überall hat's noch Flieger unterwegs. Einer fliegt grad hinter uns aus der Volte raus, einer ist vor uns und Gleitschirme sind auch noch irgendwo. Aber ich habe halt jetzt einen Notfall und falle tatsächlich, wenn auch nur simuliert. Also rein in die Base von Bad Ragaz und ungefähr die Höhe abschätzen. Geschwindigkeit prüfen. Landeklappen setzen. Zu hoch. Mehr Landeklappen setzen. Höhe vernichten mit einer Glissade. Ich trete das Ruder und lenke mit dem Stick in die Gegenrichtung, die schmale Piste kommt näher. "Mehr!" tönt's von nebenan. Ja... mehr alles. Mehr Seitenruder und mehr Querruder. Nach vier, fünf Sekunden ist die Piste nah genug, ich richte uns wieder parallel zur Piste aus und würde theoretisch jetzt landen. Aber wir üben ja nur und da die Piste kurz ist muss ich auch schon wieder Vollgas geben für den Durchstart. Achtung, Hochspannungsleitung. Climb Check. Phu... 

Als nächstes steht "Simulated IMC" an, also das Fliegen nach Instrumenten, wenn ich alles falsch gemacht habe und z.B. in einer Wolke gefangen bin. Klar, eigentlich kann ich jetzt einfach auf's GPS kucken aber der Lehrplan sieht vor, dass ich bestimmte Kompasskurse verfolge und dabei nicht steige oder sinke. Ich ziehe also die "Foggles" an und Urs nennt mir Kurse, die ich fliegen soll. Hatte ich zwar schon mal gemacht, aber mit deutlich weniger Flugerfahrung als jetzt. Und diesmal war's um einiges unangenehmer als beim letzten mal. Die Übung klappt zwar super, aber jede Faser im Körper wehrt sich. Ich will raus kucken um den Luftraum zu checken, die Fluglage einzuschätzen, die Berge ("Cumulus Granitus") zu sehen... Aber eben, das ist Sinn und Zweck der Übung. Nach zwei, drei Minuten habe ich meinen Körper aber überredet, dass er sich jetzt halt auf die Instrumente verlassen muss und er kooperiert wieder. Hier kommen mir wieder die unzähligen privaten Simulatorstunden (FSX, FS20, Xplane11 usw.) zu Gute, der Informatiker/Gamer hat Oberwasser. Übung erfolgreich abgeschlossen.

Die Maikäfer müssen sich warm anziehen, die Lufthoheit haben jetzt andere

Letzte geplante Übung für heute: Spiralen. Die Idee bzw. Ausgangslage wird von Urs mit den Worten eingeleitet "Hou...Da vorne sieht's sehr schlecht aus. Da kommt eine richtige Front rein.". Ich kucke raus, sehe aber ausser ein paar Cumulswölkchen nichts. Ich ziehe eine Augenbraue hoch und kuck rüber um zu sehen, wo der Chef hinkuckt. Er schaut aber in die gleiche Richtung wie ich. Ich zweifle kurz an meinen Meteokenntnissen (Richtig, die Prüfung habe ich im ersten Anlauf nicht gepackt. Aber soooo schlimm hab ich's nicht verbockt). Ich versuche mir die Diskrepanz unserer beiden Wahrnehmungen zu erklären und in dem Moment realisiere ich, dass Urs hier eine Übung einleitet. Das Wetter muss ich mir also einfach vorstellen. Aus unerfindlichen Gründen habe ich mich dann im Gebiet dieser Front in die Wolken geschlagen und muss jetzt aber dringend runter. Zum Beispiel weil der Tank langsam leer würde. Und in dieser hypothetischen Situation erspähe ich unter mir ein Loch in der Wolkendecke, durch welches ich möglichst sofort durchrutschen muss - denn die Wolken sind in Bewegung und das Fenster kann sich in kürzester Zeit wieder schliessen. Also 60° Querlage einnehmen und gleichzeitig den Stick runterdrücken. Ich hab zwar kein Foto davon, aber so sieht das in etwa aus. Die erste gelingt nicht so richtig, ich schaukle immer zwischen 45° und 60° und versuche dabei eine einigermassen gleichmässige Sinkrate einzuhalten (was mir nicht gelingt). Bei der zweiten strenge ich mich mehr an und die klappt dann recht gut. Genug Übungen für heute, der Zigerschlitz wird anvisiert und ich schlüpfe auf 3500 Fuss am Kerenzerberg vorbei. 

Wieder mal hängen Leute an Stofffetzen in der Luft, denen ich ausweichen muss. Ich ignoriere also das Noise-Sensitive-Area unter mir und gebe der Sicherheit den Vorzug. Über Funk versucht sich ein Segelflugpilot zu verständigen. Ausser Rauschen kommt aber nicht viel an. Immerhin mehr als bei dem Typen der gerade über mir durchgerauscht ist. Der ist im Stealthmodus und vertraut auf Gott und die Aufmerksamkeit der anderen Piloten. Ich hab ihn schon mal nicht gesehen, weil ich die Gleitschirmler im Auge behalte aber dafür hat ihn Urs erspäht. "Chchschhhhh runway ääääääähhh siro wan....schhhhhhhhhccccchhh...Redli sind dussä." So klingt die Downwindmeldung vom Segler vor mir. Immerhin sehe ich ihn, das gibt mir schon mal ein gutes Gefühl. Und weil aller Guten Dinge drei sind, verreckt der Motor nochmals. Also zum Abschluss noch eine Notlandung. Da ich mir hier aber auskenne, dürfte die nicht so eine grosse Sache werden. Ich schätze die Abstände recht gut ein, beachte auch die No-Fly-Zone und bin schon im Final als ich anfange Landeklappen zu setzen. Erst mal Stufe 1. Es reicht locker. Stufe 2. Es geht runter. Schneller als ich das eigentlich will und entsprechend verhandle ich mit der Schwerkraft um ein passables Verhältnis zwischen Sinkgeschwindigkeit und Vorwärtsgeschwindigkeit. Jetzt nur nicht noch drei Meter über dem Boden einen Strömungsabriss haben... Die entsprechende Warnung pfeift aber schon ungewöhnlich lange, die angezeigte Geschwindigkeit habe ich im Flug auch noch nie gesehen, die Strömung zittert sich langsam ab und ich setze auf. Spitz auf Knopf. Lehrbuchmässig war's nicht, eher so ein hemdsärmeliger Moment für Piloten mit getönter Sonnenbrille, dichtem Brust- und Schnauzhaar und breiten Schultern. Soweit wär's nicht gekommen wenn ich vor 20 Sekunden mit Stufe 1 der Landeklappen zufrieden gewesen wäre. Aber hey; Motorausfall und der Flieger ist heil auf dem Boden angekommen. Kein Gemecker bitte. Zuhause gab's dann noch Bescherung aus den Ferien der Erzeuger. Nebst geschätzten 5 Kilo Lakritze und einem T-Shirt mit Flugzeugen drauf gab's noch eine Mustang für den Balkon :-D


Juli / August '21 - Sphairkurse, Sommerferien, Lernferien

Der obige Flug war eine Ausnahme, denn eigentlich waren's wieder mal zwei "verlorene" Monate. Es fehlen freie Flugzeuge, Urs macht Ferien, ich mach Ferien um zu lernen... Aber natürlich habe ich mir mal wieder ein Projekt gesucht um mich selbst vom lernen abzuhalten. Diesmal habe ich relativ unüberlegt ein Brettspiel gekauft, welches man alleine spielt. Im Grossen und ganzen geht's drum, dass man ein General oder sowas ist und die Hoheit über eine handvoll A-10, AH-64, AH-1 usw. hat. Die scheucht man über das Spielfeld, lässt sie Panzer knacken und wahlweise Irakis, Taliban oder Syrer jagen. Dabei weicht man natürlich dem Gegenfeuer aus und versucht seine Piloten und Maschinen wieder heile zur Basis zu würfeln. Natürlich ist das Spiel überall "Out-of-Stock", wird nicht mehr neu aufgelegt und in der Schweiz gibt's niemanden der eins hat und/oder es verkaufen will. Ich bandle also mit Daniele aus Rimini an, der zwar verkaufen will aber keine Ahnung hat, wie das mit dem Versand in die Schweiz klappt. Eigentlich recht easy, ich bezahle mich einfach dumm und dämlich dank dem Zoll. Wenn er die Zollerklärung falsch ausfüllt jedenfalls. Also gebe ich ihm genaue Anweisungen, wie sein Geschenk an mich deklariert werden muss. Nämlich als eingekauftes Gut mit dem originalen Warenwert usw. Ich belaste mich doch nicht selbst im Blog mit einem schriftlichen Geständnis falls ich den Zoll beschissen hätte. Habe ich ja aber nicht. Ich raufe mir schon mal das Haar als ich mir vorstelle, wie der Italiener mit seiner Vespa zur Posta Italiana gondelt und die das Paket dann Annehmen mit den Worten "Eeeehhh, tscherto, schiggemer grad nache de Feschttag los. Ische ebe Santo Schoppero...".

Aber nix da, er vertraut auf die UPS. Neugierig wie ich bin kucke ich mir mal die Bewertungen der UPS auf Google an. Zwischen Jona und Rimini kommen sie im Schnitt grad mal auf so zwei, drei Sterne. Gut das war's, das Päckchen kriegst du nie im Leben. Denkste! Zwei Tage später war's schon in Basel. Und wieder zwei Tage später schon in Zürich. Und am nächsten Tag werde ich geflutet mit Mails, dass es heute so weit sei - die Zustellung nahe! Halten Sie sich bereit Herr Bühler, der Überbringer will dann Ihren Servus auf einem Zettel! Ich warte. Halte mich bereit. Esse mal was zu Mittag. Begebe mich wieder in Warteposition. Es wird 16.00 Uhr. Um 18:00 muss ich dann aber auf einem Balkon in Rappi vorne zum Znacht sein... Bis 17:50 passiert nix, ich schreibe einen Zettel und klebe den auf den Briefkasten, dass der Kurier das Pack ja nicht irgendwo in ein Verteilzentrum zurück schleppt sondern es einfach in den Paketschrank legen soll. Nach dem Znacht ist der Zettel noch da, aber kein Paket. Um Mitternacht kommt ein Mail à la "Heute haben wir's nicht geschafft. Sorry, gell. Morgen dann.". Und das klappte dann auch. Eine Unterschrift brauchte er aber nicht. Glaube ich zumindest. Es hat geklingelt, 15 Sekunden später war ich vor der Tür wo das Paket lag aber weit und breit keine UPS. Die sind schneller als ein Beamter am Freitag um 16:59.

Alles komplett, ich danke Daniele für den zügigen Versand und prüfe den Inhalt. Gleiche das ganze mit einer "Packliste" aus dem Internet ab und mache einen folgenschweren Fehler. Ich schaue mir Fotos von anderen Spielern an. Da hat doch tatsächlich einer kleine Metallflugzeuge gekauft und angemalt, welche er anstelle der standardmässigen Kartonplättchen verwendet. Geiler Scheiss. Muss ich auch haben!
Wie's so ist, gibt's weltweit drei Firmen, die solche Miniaturen giessen. Die eine ist in Polen, die andere in den USA und die dritte ist ein einzelner Engländer aus der Wallachei irgendwo bei Worcestershire (man spricht "Wortschesterscheier") der die mehr aus Spass an der Freude giesst und sich damit seine vier Pints im Pub nebenan verdient.
Die Polen können weder Englisch noch Deutsch und ihre Website auch nicht. Der Shop hat irgendeinen Fehler und läuft gar nicht. Fällt also weg. Post aus Amerika ist erstens langsam und zweitens noch teurer als ein Pack aus Italien. Bleibt nur noch der gebrexitete Inselaffe. Der hat zwar eine Website, war aber zu faul um seine Produkte zu fotografieren. Der Shop ist auch nur Fassade bzw. im Wartungsmodus. Seit Tagen. Man schreibt ihm zwischenzeitlich einfach eine Liste was man braucht, er macht dann schon.
In was für eine Welt habe ich mich da begeben... Eine Subkultur, vorwiegend repräsentiert von älteren Herren die sich dem Medium Internet nur zögerlich, widerstrebend oder schlicht und ergreifend erfolglos annähern. Und dennoch eine funktionierende Lieferkette und Kommunikation aufrechterhalten. So ein bisschen wie digitale Guerillas, Respekt! Auf jeden Fall bestelle ich unbesehen ~30 verschiedene Zinnflugzeuge im Massststab 1:600 (irgendwas um die 40.-) und vertraue auf Krone, Königin und Untertan, dass das klappt. Weil er kein Bock auf Portoberechnungen hat, verlangt er einfach von allen vier Pfund und 10% des Warenwerts. Am Ende des Tages kommt er damit wohl gut raus, auch wenn er bei mir drauflegen muss. 
Während ich mich durch weitere Shops google (Farben, Lack, Pinselchen, Leim usw. muss ich ja jetzt auch noch haben) sehe ich die nächste fragwürdige Option: Abziehbilder und Rotorblätter. Gibt's natürlich auch. Für Flugzeuge die grad mal so zwei drei Zentimeter lang sind... Kurz seufzen und dann ab in den Warenkorb. Da gibt's nur grad einen Hersteller auf der Welt und der hockt in den Staaten. Aber da er nur Papier schicken muss, wird's mich schon nicht grad in den Ruin treiben. Schlussrechnung: Warenwert 15$, Porto 18$. Nochmals seufzen, Bestellung abschicken. 

Zwei Wochen später war dann alles da - nachfolgend eine Foto Lovestory, wie aus silbernen Rohlingen Kriegsmaschinen im "Aktivdienst" wurden:

Entgraten, feilen und waschen,...

grundieren mit der Spraydose,...

übermütig Staffelzeichen aufmalen und...

noch übermütiger werden und winzigste Kleber aufbringen.

Vor, zwischen und während all den Schritten habe ich natürlich geflucht wie ein Rohrspatz, mich gefragt warum ich nicht einfach ein Buch lesen kann und mich wieder mal über meine Grobmotorigkeit aufgeregt. Aber zum Schluss kam's dann doch recht gut raus für den ersten Versuch. 



Der Vollständigkeit halber (und für mich zur eventuellen Gedankenstütze);



Im August '21 - Fragen über Fragen

Hauptsache bestanden!

So. Die letzten Theorieprüfungen standen im August an. Noch das "Aufräumen" bei der Theorie, bei der ich nochmals für zwei Fächer antraben musste und der Language Proficiency Check. Dafür habe ich dann auch gleich zwei Wochen Ferien geopfert um in einer letzten alles entscheidenden Lernschlacht die letzte Hirnzelle zu mästen. Und diesmal hat's dann auch gereicht für die Theorie. Nochmals nach Illnau-Effretikon, nochmals in's "Hotzehuus" und nochmals an's Tablet mit den Multiple Choice Fragen. Und siehe da, nochmals kamen Wetter-Fragen die ich noch nie gesehen hatte. Aber zum Glück nicht so viele, dass sie den Schnitt zu weit runter zogen.  75% musste ich wissen, 81% wusste ich. Dafür brillierte ich beim Physikfach, den "Principles of flight" - 100% richtig. Wurmt mich aber immer noch, denn das Wetter würde mich mehr interessieren. Na egal, bestanden ist bestanden. Gefeiert habe ich mit zwei Schoggi-S vom lokalen Beck und zwei Schachteln Dunkin Donuts, die ich im Büro vorbei gebracht habe. 

Erfolgreich examiniert

In der darauffolgenden Woche stand dann noch der LPC in Kloten an. Hier wurde die Vorbereitung ein bisschen schwieriger - denn Englisch kann ich eigentlich recht passabel. Also einfach die Standardaufrufe üben für den Tower. Da war ich ja schon mal an der Prüfung vor einem Jahr, aber ein bisschen auffrischen schadet nicht. In den Tipps für die Vorbereitung steht dann auch, man solle sich in englisch über Aviatik unterhalten. Wow. Gibt sicher viele Leute, welche problemlos zwei, drei Leute auftreiben können, die das können und wollen... Ich gehöre jedenfalls nicht zu diesem erlauchten Kreis.
Meine Vorbereitung war das Lesen in der Autobiografie von Bruce Dickinson. Und hey, ich hab tatsächlich ein neues Wort gelernt (und das an der Prüfung dann prompt auch rausgehauen): "U
biquitous". Kennst du nicht, hä? Ha! Heisst "allgegenwärtig". Kurz zum Prüfungsablauf; zwei freundliche Damen sitzen im Raum und erklären mir, wo ich mich zu setzen habe. Lockerer Small Talk, dass sie ein wenig hinter dem Zeitplan herhinken, weil mein Vorredner im Stau gesteckt hatte und es jetzt dann aber gleich los gehe. Weiterer Smalltalk mit Aviatikbezug. Ich sitze recht bequem auf dem Stuhl, wie üblich die Beine übereinander geschlagen, den Blick so halbverträumt aus dem Fenster gerichtet (weil da Flugzeuge stehen) und dann rasselt mir der 20er runter: Das IST ja schon die Prüfung. Die stellen ja schon diese Fragen, vor denen ich Bammel hatte. Also brav aufrecht hinsetzen und schon mal einen Kugelschreiber supponiert halten. Die zwei grinsen, denn sie haben mich prompt erwischt. Aber es geht locker weiter, auf alle Fragen habe ich eine Antwort. "Where is your homebase?", "When did you decide to learn flying?", "Do you prefer to fly during winter or summer?, "What do you have to be aware of in the winter while flying?" usw. Die letzte Frage war dann recht "unusual": "Would you like to partake in an airshow?" "Partake? As a pilot or spectator?" "As a pilot, of course!" "Uhm...sure...well...not with the planes I'm currently flying. But if someone decides, that it is a good idea to let me fly his Spitfire, I'm in.". Beide lachen und machen Notizen. So far so good.
Es folgt ein ausgedrucktes Foto von einem Bücker, der betankt wird und einem Robin der dahinter steht. Ich soll beschreiben, was ich sehe - was ich dann 
auch scheinbar zur Genüge tue. Nächste Übung ist dann ein simulierter Flug, bei welchem die eine Dame sich hinter einem Karton versteckt und den Tower spielt. Ich habe ein Blatt mit ein paar Angaben und den Vorfällen, die mir unterwegs passieren. Klappt alles gut bis zu dem Punkt, an dem es meinem Passagier offenbar hundsmiserabel geht und ich umkehren muss. Wobei, nein, das klappt alles gut. Ich biete sogar noch einen Krankenwagen auf und die Frau im Tower ist sehr nett und hilfsbereit. Auch als ich mich auf dem Heimweg noch in schlechtem Wetter verfliege. Aber auf einmal fragt sie, wie's denn meinem Kumpel mittlerweile so gehe. Ich gerate in's Hadern. Da muss sicher was in der Aufgabe stehen... Ist doch jetzt sicher wieder irgendwas spezielles, was da noch kommt... "Just say something. He's dead for example, would be okay.". Ich lache erleichtert - nicht wegen dem Tod meines Passagieres, sondern weil ich also nichts übersehen habe. "No! He's feeling well again. He had fish for lunch and was just gassy...". Wieder Gelächter. Kurz darauf lande ich wieder in "Samville", werde von der Piste gelotst und das war's dann auch schon. Kurzes Debriefing, dass ich fast keine Fehler gemacht hätte und die eher nebensächlicher Natur waren und schon ist der gesprochene Teil durch. Vor der Tür warten schon drei weitere Kandidaten, die vor mir dran waren. Jetzt kommt das Hörverständnis für alle zusammen dran. 
Dafür kriegen wir Kopfhörer und zwei A4-Blätter mit diversen Aussagen drauf. Was wir gleich hören, sollen wir mit den Aussagen abgleichen und die richtigen markieren. Eigentlich easy, aber natürlich haben sie wieder zwei, drei Fallstricke eingebaut. Auf mindestens einen bin ich dann auch reingefallen, wie wir vier Prüflinge nach Abschluss des Tests vor dem Schulzimmer herausgefunden haben. Aber ich war nicht der einzige, immerhin. Nach 20 Minuten ist auch das vorbei und umgehend steht das Resultat fest: LPC Level 4 Bestanden. 

Somit ist alles durch, was man als angehender Privatpilot an Theorie ablegen muss. Eine Last fällt von mir ab und ich entscheide mich spontan, zu einem Spaziergang zur Rega Basis, die gleich nebenan ist. Dabei komme ich wieder an der Piste 28 vorbei - die wird gerade aber nur für Starts verwendet, weswegen ich auch nicht lange dort stehen bleibe. Ein Blick auf die Uhr; 17:00. Toll. Freitagabend. Wird sicher Stau haben auf der Autobahn. Dann lieber noch die letzten Sonnenstrahlen geniessen und noch einen Bogen mehr laufen. Also hinter der Rega herum auf den Kiesweg wo man den Fliegern von der Seite beim Start zusehen kann. Ich hänge wohl sehr verdächtig am Maschendrahtzaun, denn nach ~15 Minuten hält ein Auto vom Flughafenbüttel auf der anderen Seite vom Zaun. Die zwei Herren trauen dem Bartli wohl nicht so recht, kaufen ihm aber die Geschichte mit der soeben bestandenen Theorieprüfung ab und ziehen wieder ab. Mir reicht's dann für heute aber auch, ich weiss, wenn ich nicht mehr erwünscht bin. Und so zottle ich wieder zum Parkplatz und mache mich auf den Weg in heimische Gefilde. Natürlich staut's überall und in Wetzikon entscheide ich mich dann, dass ich eigentlich keine Lust auf einkaufen und/oder kochen habe. Also geht's zum halbjährlichen Besuch vom Burger King. 30 Minuten später ist der Stau zwar noch da, aber mit vollem Bauch lässt er sich leichter ertragen. 


Weiter zum nächsten Kapitel...