Ich habe mir ja auf Weihnachten 2018 einen Gletscherflug geschenkt. Zumindest mal mündlich beim Fluglehrer reserviert - bezahlt wird nach Lieferung. Der könnte eigentlich so gegen Frühsommer 2019 stattfinden. Könnte. Dummerweise ist der Flieger kaputt, denn irgend so ein Mensch von einem Hangar nebenan hat ihn kaputt gemacht. Offenbar wollte er ihn nur kurz draussen zwischenparkieren. Er hat dann aber nicht damit gerechnet, dass der Wind den Flieger ein bisschen herum schieben könnte. Und das hat er dann. Mit dem Flügel gegen eine Mauer. Die Saison fällt wohl in's Wasser...
07.02.20 - Gletscherflug mit der HB-POU
Endlich! Flugzeug ganz, Wetter perfekt, Fluglehrer und ich frei - es geht auf die Gletscher! Weil das Flugzeug aber vor uns noch einen anderen Ausflug macht, fängt mein Nachmittag mit Landetraining in Mollis an. Einfach wieder mal reinsitzen und fünf Landungen machen - damit die Übung nicht verloren geht. Alles in allem waren die Landungen dann auch recht gut, mal von meiner Warte aus gesehen. Der nebenan hat weniger als sonst gesprochen, was grundsätzlich ein gutes Zeichen ist. Hauptkritikpunkt war dann aber, dass die Landungen z.T. "zu kurz" gewesen seien. Zu kurz heisst in diesem Fall, dass man vor dem Punkt aufgesetzt hat, an welchem man eigentlich aufsetzen wollte. In Wangen-Lachen wäre das vermutlich der See, in Mollis ist's einfach ein bisschen weiter hinten auf der Piste. Nein, es ist nicht schlimm, wenn man das in Mollis macht. Aber wenn ich mir dann in Wangen-Lachen auf der kurzen Piste keine Mühe gebe, versenke ich halt den Flieger. Das gibt dann Mecker von ganz vielen Leuten - also lieber von Anfang an richtig machen. Yankee Foxtrott steht wieder vor dem Hangar, wir besprechen die fünf Landungen auf der Terasse vom Aviatico. HB-POU, der rot-weisse Gletscherflieger, fliegt gerade über uns in den Downwind hinüber. Weil das natürlich auch wieder eines meiner 17'893 Lieblingsflugzeuge ist, muss ich noch ein bisschen darüber erzählen. Es handelt sich um eine Piper PA-18 Super Cub, eines der am meisten gebauten Flugzeuge der Welt (+40'000!). Genutzt wird es seit dem Erstflug 1949 für unzählige Aufgaben, von der Pilotenausbildung über militärische Beobachtungsflüge bis hin zu Versorgungsflügen in die entlegensten Winkel der Erde. Nebst dem regulären Fahrwerk gibt's Varianten mit Bushtires (grosse Ballonreifen für Schotterpisten), Schwimmern oder eben: Ski. Aber jetzt genug der Fakten, Zeit für Emotionen. Ich flitze in den Hangar ziehe meine Hose aus. Nein, das wird jetzt kein Objektophilen-Porno, ich muss mir einfach Skihosen anziehen. Und weil die schon 10 Jahre alt sind, passen die erst recht nicht mehr über die Jeans drüber.
Während Urs das Flugzeug übernimmt, belade ich es mit Jacke, Headset, GoPro und Handschuhen. Wir haben's eilig, denn Tageslicht ist Anfang Februar nicht ewig vorhanden. Also schnell einsteigen. Haha, ja. Du erinnerst dich noch daran, wie ich anfangs geschrieben habe, die Remos seien mühsam beim Einsteigen? Vergiss es. Die sind quasi behindertengerecht im Vergleich zur Super Cub. Aber irgendwann bin ich dann drin. Passt, wackelt und hat Luft. Los geht's!
Beinahe vergesse ich zu filmen, weil ich alles eigentlich erstmal ganz genau anschauen will. Aber keine Zeit, der Motor läuft schon und raus geht's via Runway 01. Wir fliegen am Glärnisch vorbei in Richtung Linthal und sind schon auf dem Urnerboden. Alles wunderschön verschneit, perfekte Fernsicht. Urs wechselt auf die Gletscherfrequenz und schon geht das Geschnatter los - wir sind offenbar nicht die einzigen hier. Nach links geht's rein durch die Chammlilücke und es eröffnet sich eine wahre Gletscherarena. Atemberaubend schön. Zu unserer linken liegt der Hüfifirn, rechts vor uns neben dem Clariden der Claridenfirn. Zuerst geht's nach links für einen ersten Überflug. Keine Steine, Gletscherspalten oder anderes, was uns gefährlich werden könnte - also landen wir hier. Langsam kommen wir dem Schnee näher, der Schatten unseres Flugzeuges kommt uns auch immer näher und kurz über dem Boden ertönt dann die "Stallwarnung". Ein quäkender Ton, welcher vor einem Strömungsabriss warnt. Aber, so kurz über dem Boden, eigentlich auch ein Zeichen von guter fliegerischer Leistung. Das eigentliche aufsetzen merke ich dann auch fast nicht, schon gleiten die Ski über den Schnee und hinter uns wirbeln kleine Schneewölkchen hoch. Eine halbe Drehung, volle Leistung und schon geht's wieder in die Luft. Das machen wir dann noch 2, 3 mal (hab nicht mitgezählt) und zum Schluss schliesst sich uns die gelbe "Eisfee" auch noch an. Das ist ebenfalls eine Super Cub und sie "wohnt" auch in Mollis. Für uns geht's weiter zum Claridenfirn, auf welchem wir auch noch ein paar Landungen machen. Aussteigen wollen wir dann aber erst auf dem Glärnisch und dort geht's jetzt hin.
Kurzzeitig sogar im Formationsflug, damit der Passagier der Eisfee und ich tolle Fotosujets haben. Beim Glärnisch sind wir dann "Number One", die Eisfee kuckt von oben zu. Eine übliche oder zumindest sinnvolle Taktik auf dem Gletscher. Wenn's den einen zerbröselt kann der andere sofort Hilfe organisieren. Auf dem Glärnischfirn gibt's zwei Landefelder, das untere und das obere. Wir bzw. Urs entscheidet sich zuerst für den unteren Platz, auf welchem wir auch souverän landen und anhalten. Das klingt nicht so wild, aber wir sind auf Ski und haben keine Bremsen. Ist also nicht ganz ohne und vor dem Ausschalten des Motors macht man auch die Türen auf. Sollte dann durch die Vibration beim Ausschalten das Flugzeug in's rutschen kommen, kann der Pilot sofort rausspringen und das Flugzeug festhalten. Der Passagier kann's jedenfalls nicht, so eingepackt wie er da hinten ist. Aber vielleicht entwickelt man in einem unkontrolliert rutschenden Flugzeug auch eine ungeahnte Gelenkigkeit und Kraft - ich will's nicht zwingend rausfinden. Noch bevor wir ausgestiegen sind, landet die Eisfee hinter uns und parkiert ein Stückchen weiter oben. Kurzer Schwatz und Fototermin und dann geht's auch schon wieder los. Schliesslich wollen wir auch noch das obere Landefeld erkunden. Für zwei Landungen reichts noch, dann ist für heute Schluss. Vorbei an der Eisfee und dem "Zebra" - eine ebenfalls in Mollis stationierte MD-500 - geht's über die steile Flanke vom Glärnischfurggeli über die "Dunggellauirus" (Haha, viel Spass beim aussprechen, wenn du kein Glarner bist...).
Nach kürzester Zeit sind wir dann auch schon "overhead" Mollis und biegen wegen leichtem Südwind in den Downwind für Runway 19 ein. Ein toller Flug und ein absolutes Ausnahmeerlebnis endet dann mit einer zu kurzen Landung. Der Meister darf's halt.
Nein Quatsch, er hat dem "Zebra" von vorhin Platz gelassen, damit der die Runway queren konnte ;-)
Im Video steht dann treffend zum Schluss auch "To be continued, hopefully". Ob ich dann nach der PPL das MOU (also die Brevetierung zum Gletschpiloten) mache, oder mir einfach nochmals einen längeren Gletscherflug gönne, wird sich noch zeigen.